Hallo zusammen!
Ich hatte nun die Gelegenheit, die Lotus-Mundstücke ausgiebig testen zu können. Ein herzliches Dankeschön auch hier nochmal an Herrn Binger, der mir ebenfalls die Mundstücke zum Testen hat zukommen lassen.
Ein paar Infos zu meinem sonstigen Equipment:
Hauptsächlich spiele ich auf einer B&S Challenger 1 mit einem Bach Strad 72er Becher aus den frühen 90ern und einem Bach-Hauptstimmzug. Im Prinzip ist das Horn jetzt eine 72er Bach. Sie hat den bachtypischen Kern im Sound und ist Dank des 72er Bechers über alle Lagen sehr offen und macht nicht zu. Zugleich hat man aber einen sehr großen, warmen Ton, der auch sehr wandelbar ist. Ein sehr guter Allrounder. Grundsätzlich mag ich die offenen Instrumente lieber.
Mundstücke:
- Monette Resonance Prana B4S S2 mit 82er Bohrung und Prana-Backbore - Einsatz: Orchester, Solo, Kammermusik und im Überaum. Mein Hauptmundstück.
- Monette Classic (non-Prana) LT B6LDS1 - Einsatz: Musikverein an der 1.Trompete und überall, wo mir das große Prana (noch) zu anstrengend ist
Herr Binger hat mir folgende Lotus-Mundstücke zum Testen geschickt:
- Lotus 2XL+
- Lotus 3L+ -3,8mm-
- Lotus 3SN+
Das Testen der Standard-Modelle hatte ich zuvor grundsätzlich ausgeschlossen, da sie laut Adam Rapa nicht die "equal-tempered octaves" haben und ich seit August 2018 an ein Monette Prana gewöhnt bin.
Ziel des Tests:
- Herauszufinden, ob Lotus-Mundstücke tatsächlich die "equal-tempered octaves" haben
- Mögliche Alternative zu meinem B6LDS1 finden, da dies nicht ganz das Constant Pitch Center hat.
Wie erwartet ist das Gewicht der Lotus-Mundstücke höher als das herkömmlicher Mundstücke wie Bach, Yamaha, etc. Die Schaftlänge ist ebenfalls, ähnlich wie bei Monette, gekürzt bzw. endlich unserer Bb-Stimmung angepasst. Aber dazu später mehr. Die Lotus-Mundstücke sind etwa ca. 2mm länger als mein Monette Resonance Prana und auch das Material am Schaftende ist etwas dicker, wenn auch nicht so dick wie bei meinem B6LDS1.
Haben die Lotus-Mundstücke in der Plus-Variante nun die "equal-tempered octaves"?
Ja, wie erwartet. Meiner Meinung nach aber nicht ganz so perfekt wie bei meinem B4S S2, aber wirklich sehr nah dran. Es war schwierig überhaupt einen Unterschied auszumachen, was definitiv für die Lotus-Mundstücke spricht. Wenn ich mich aber wirklich drauf konzentriere, wirklich alles genauso wie auf meinem Prana zu machen, ist das c3 auf den Lotus-Mundstücken ein ganz ganz bisschen zu tief.
Der Rand der Mundstücke ist im Vergleich zu meinen Monettes etwas gerundeter und schmaler, über die verschiedenen Modelle hinweg aber gleichbleibend und grundsätzlich sehr angenehm. Ein Rand, auf dem sich sehr viele schlagartig wohlfühlen werden.
Wie erwartet bieten die Lotus-Mundstücke mehr Widerstand als meine Monettes. Das Slotting ist wirklich sehr gut und vom Gefühl her sitzen die Slots an der gleichen Stelle, wie bei den Monettes. Da ich aber mittlerweile so sehr an das Prana gewöhnt bin, fühlt sich der Widerstand der Lotus-Mundstücke nach oben größer werdend an.
Die Lotus 3er Größe fühlt sich vom Durchmesser her sehr ähnlich wie mein B6LDS1 an. Das 3SN+ fühlte sich etwas weiter an als das 3L+ 3,8mm, was wohl am flacheren Kessel und dem Übergang vom Rand zum Kessel zu tun hat.
Das 2XL+ fühlt sich ähnlich groß an wie mein B4S S2, wenn auch das B4S S2 immer noch etwas größer und auch tiefer wirkt.
Auf dem 3L+ 3,8mm habe ich mich vom Durchmesser her sofort sehr wohl gefühlt, eine tolle Kombination.
Zum Sound:
Das 2XL+ hat aufgrund seiner Größe und Weite natürlich den größten Ton. Das 3L+ mit der 3,8er Bohrung kommt da aber sehr nah dran.
Das 3SN+ hat mich positiv überrascht. Der Widerstand ist aufgrund des flacheren Kessels sehr ausgewogen und man bekommt richtig schön viel Sizzle auf den Ton. Überraschend fand ich aber hier wirklich das tiefe Register: Für ein doch schon eher flaches Mundstück ist der Sound unterhalb von c1 gleichbleibend fett. Das hatte ich so nicht erwartet.
Darüber hinaus haben alle Lotus-Mundstücke den charakteristischen "Lotus-Sound", wie man ihn auch in den Videos zu hören bekommt.
Mein Resultat:
Mein Prana Resonance B4S S2 mit einem Lotus zu ersetzen, kommt für mich nicht in Frage. Das Monette hat letztlich einfach den für mich besseren und größeren Sound. Das so offene Gefühl des Pranas, mit dem man sich einfach beim Spielen total entspannen kann (soweit möglich) möchte ich einfach nicht mehr missen.
Auch mein B6LDS1 hat meiner Meinung nach immer noch einen größeren Sound als alle getesteten Lotus-Mundstücke.
Auf der anderen Seite kommt es letztlich sehr stark auf den individuellen Spieler, dessen Voraussetzungen und Einsatzgebiet an.
Ich kann mir vorstellen, dass Lotus-Mundstücke für die Mehrheit tolle und funktionierende Mundstücke sein können. Besonders wenn man eben nicht Profi ist und der Körper perfekt ausbalanciert ist, bietet Lotus da wirklich sehr viel Interessantes.
Letztlich ist ein Mundstück sowieso immer ein Kompromiss. Wer auf den riesigen Monette-Sound verzichten kann und etwas mehr Effizienz und Widerstand braucht, der wird mit Lotus definitiv glücklich. Besonders für Lead erscheint mir Lotus eine ernsthafte Option zu sein. Da ich aber wahrscheinlich nie ernsthaft Lead spielen werde, nehme ich das Extraquäntchen an Sound und den damit zusammenhängenden zusätzlichen Übeaufwand mit dem Monette gerne in Kauf.
Je trainierter und ausgereifter mein Spielsystem jedoch wird, desto wohler fühle ich mich auf meinem Monette Prana. Gerade in den letzten 1-2 Wochen, in denen ich durch den methodischen Übungsadapter meine Form noch etwas verbessern konnte und weiter verbessern werde, fühle ich mich auf dem Prana noch wohler. Je stärker man wird und je entspannter der Rest des Körpers, desto besser funktioniert das Prana. Dies wird sicher in großen Teilen auch für Lotus gelten. Ich glaube aber, dass der jetzt noch höhere Übeaufwand, um mit dem Prana die Form (zweideutig) zu halten, langfristig keine Rolle mehr spielen wird.
Auch haben Lotus und Monette ihren ganz eigenen Sound. Dies ist letztlich ebenso Geschmacksache. Auch hier mag ich den typischen Monette-Sound in Kombination mit dem Bach-Kern einfach lieber.
Grundsätzlich bin ich aber nach wie vor sehr froh über die Tatsache, dass es jetzt einen zweiten Hersteller mit sehr gut intonierenden Mundstücken gibt.
Gestern habe ich auch einen meiner Schüler die Mundstücke testen lassen und wir kamen zum gleichen Ergebnis.
Es war mal wieder sehr erstaunlich und erschreckend zu sehen, wie schlecht doch sein Bach 3C intoniert. Ab g2 meiner Meinung absolut unbrauchbar. Dies hängt aber eindeutig mit der Art und Weise des Spielens zusammen, wie Adam schon treffend gesagt hat.
Den Stimmzug in A-Stimmung gebracht und das Bach 3C ist ein ganz anderes Mundstück. Mehr Kern, Resonanz, Größe im Sound und ja, auch hervorragende Intonation.
Interessant war auch, dass sich mein Schüler dann etwas in die Töne "hineinfallen" lassen konnte, wie Adam es auch beschreibt. Von Bach, Yamaha usw. kommend hat Adam total Recht, wenn er sagt, dass man die Töne eher tiefer anpeilen muss.
Für jemanden wie mich oder auch Charlie Porter, der bereits seit längerem an ein Monette gewöhnt ist, trifft dies jedoch nicht zu. Für mich liegt jeder Ton genau im Zentrum bzw. sogar eher im oberen Teil des "target point", um perfekte Intonation zu erreichen.
Auch das pedal c konnte er viel fetter und sicherer spielen als mit seinem Bach 3C, weil es einfach besser ansprach. Eine nur logische Konsequenz der Mundstücke, die einfach zur Bb-Stimmung der Trompete passen.
Den Test hatte ich auf Video aufgezeichnet und habe es auch Charlie zukommen lassen, da er zuvor Interesse geäußert hatte. Wenn sich jemand für seine Meinung interessiert, kann ich die bei Gelegenheit hier auch gerne kundtun.
Ich hoffe meine Ausführungen helfen dem ein oder anderen weiter!
Beste Grüße & ein schönes Wochenende
Jens