Unterschiede von 50 Jahren händigen Trompetenbaus

Welches sind die besten ?

Moderator: Die Moderatoren

Antworten
yara nadine
SuperPoster
Beiträge: 111
Registriert: Samstag 9. Juli 2016, 23:17
Meine Instrumente ..: Kato Mosel 2013, Hermuth Gelsenkirchen
Wohnort: Essen
Kontaktdaten:

Unterschiede von 50 Jahren händigen Trompetenbaus

Beitrag von yara nadine »

Guten Morgen,
Wenn ich es richtig verstanden habe, sagt man ja so pauschal bei alten Trompeten gab es Probleme mit der Intonation. Oder man kann z.B. eine handgebaute Trompete aus den 60er oder 70er mit den heutigen Trompeten nicht vergleichen.
Meine Frage ist, was sind die Gründe eine damalige Trompete schlechter anzusehen, als eine heutige von Hand gebaute Trompete. War das damalige Know How schlechter? Konnte man das Material nicht so gut bearbeiten?
Was sind die Unterschiede bei den alten Trompeten zu Neueren....
Ich hoffe es gibt noch keinen ähnlichen Thread....
Ich habe durch Zufall eine von Hand gebaute Hermuth Trompete in die Hände bekommen. Sie hat einen kleineren Schallbecher.
Lieben Gruß Yara Nadine
Benutzeravatar
RealC
Unverzichtbar
Beiträge: 1483
Registriert: Mittwoch 24. August 2005, 15:03
Meine Instrumente ..: -

Re: Unterschiede von 50 Jahren händigen Trompetenbaus

Beitrag von RealC »

Dazu sagen kann ich direkt nichts, hoffe jedoch, dass sich die Darstellung nicht bewahrheitet, da ich mich am Wochenende für ein generalüberholtes Barth Konzertflügelhorn (1969, ziemlich genau 50 Jahre) statt eines neueren entschieden habe.
yara nadine
SuperPoster
Beiträge: 111
Registriert: Samstag 9. Juli 2016, 23:17
Meine Instrumente ..: Kato Mosel 2013, Hermuth Gelsenkirchen
Wohnort: Essen
Kontaktdaten:

Re: Unterschiede von 50 Jahren händigen Trompetenbaus

Beitrag von yara nadine »

Vielleicht gab es auch eine andere Soundvorstellung früher? Hattest du ja bestimmt beide Varianten getestet. Bei mir ist es bisschen das Problem, ich bin noch nicht so weit um Instrumenten wirklich sicher beurteilen zu können....
Benutzeravatar
lurchi
Moderator
Beiträge: 1401
Registriert: Freitag 6. August 2004, 10:44
Kontaktdaten:

Re: Unterschiede von 50 Jahren händigen Trompetenbaus

Beitrag von lurchi »

Der hauptsächliche Unterschied ist dass es heute Software gibt mit der ein optimierter Mensurverlauf berechnet werden kann. Davor war das mit Versuch und Irrtum und mit begrenzten Variationsmöglichkeiten zu machen.
Benutzeravatar
RealC
Unverzichtbar
Beiträge: 1483
Registriert: Mittwoch 24. August 2005, 15:03
Meine Instrumente ..: -

Re: Unterschiede von 50 Jahren händigen Trompetenbaus

Beitrag von RealC »

Zumindest verwenden viele Meisterwerkstätten Werkzeuge und Formen, die bereits zig Jahre alt sind. Und dass die 50er Jahre Bach Stradivarii schlechter intonieren als die aus 201X, kann ich nicht behaupten.
buddy
Unverzichtbar
Beiträge: 6944
Registriert: Samstag 7. April 2007, 16:50
Meine Instrumente ..: Yamaha, Kanstul, Bach

Re: Unterschiede von 50 Jahren händigen Trompetenbaus

Beitrag von buddy »

yara nadine hat geschrieben:...sagt man ja so pauschal bei alten Trompeten gab es Probleme mit der Intonation.
Es soll bei Instrumenten aus der "guten alten Zeit" eine größere Streuung in der Qualität geben, wovon auch die Intonation betroffen sein kann. Man darf bei Internetbeiträgen aber nicht vergessen, dass nicht jeder Autor über die Physik der Trompete informiert ist (Intonationsausgleich) und auch so manches eigene Problem von Ansatz und Atmung gerne aufs Material geschoben wird.
Bekannte Qualitätsprobleme sind z.B. in der Spätphase von Olds aufgetreten oder vor gut 10 Jahren zur Zeit des Bach Streiks in deren Produktion. Man kann vermutlich dennoch Instrumente dieser Hersteller aus der betroffenen Zeit erwischen, die völlig in Ordnung sind. Als aktuelles Qualitätsproblem sehe ich an, was sich Yamaha bei Xenos mit der Maschine erlaubt.
http://www.trompetenforum.de/TF/viewtop ... =7&t=30699
http://www.trompetenforum.de/TF/viewtop ... =7&t=30582
Meine 8335LA Bj. 2013 ist davon aber nicht betroffen, sie läuft von Anfang an quasi lautlos, schnell und zuverlässig - warum auch immer.

Für die Praxis heißt das, dass man sich (wie immer) das konkrete Trompetenexemplar genau anschauen sollte. Oder dass man sich beim Kauf eines Gebrauchtinstruments übers Netz entsprechend erkundigt und ggf. Optionen vereinbart.
Jamer
ExtremPoster
Beiträge: 250
Registriert: Montag 13. April 2015, 14:11
Meine Instrumente ..: Dowids BZ GL 75, Courtois 154

Re: Unterschiede von 50 Jahren händigen Trompetenbaus

Beitrag von Jamer »

Ich denke dass die Serienstreuung früher wesentlich höher war. Ansonsten denke ich ist der Qualitäts-Unterschied zwischen guten Instrumenten aus den 60gern und heutigen Produkten nicht allzugroß ist. Was vor 60 Jahren ein gutes Instrument war ist auch heute noch ein gutes Instrument. Hatte man früher nur Augenmaß, Maßband und diverse Schablonen zur Qualitärskontrolle so ist man da heute mit Computern und diversen Messgeräten sicher besser bedient. Unterm Strich kochen aber die heutigen Instrumentenbauer auch nur mit Wasser.

Durch den Einsatz von Computern und diversen Messgeräten sollte weitgehend die Fertigungsstreuung beseitigt werden und dadurch ist es Möglich, Modellreihen für den Markt herzustellen. Ein älterer, mir bekannter bereits pensionierter Instrumentenbauer ist, hat mir mal gesagt: "Früher war es undenkbar eine Modellreihe zu etablieren da jedes gebaute Instrument eigen war, quasi ein Unikat. In meinem Leben habe ich nie zwei völlig identische Trompeten gebaut"

Deswegen denke ich dass ein gut gebautes Instrument aus den 60er Jahren sicher heute auch noch bestehen kann, auch wenn man den technischen Fortschritt heutzutage nicht leugnen kann.

Den alten Sound der Cousnon oder Courtois Flügelhörner versuchen zB auch heut immer noch erfolglos einige Hersteller zu kopieren und das trotz Computern und Co. Das beweißt dass die Herstellung von Instrumente mehr ist als bloß Zahlen und Daten.

Jamer
Benutzeravatar
Käptn-Z
ExtremPoster
Beiträge: 435
Registriert: Freitag 13. Januar 2006, 20:45
Wohnort: München

Re: Unterschiede von 50 Jahren händigen Trompetenbaus

Beitrag von Käptn-Z »

Als Besitzer einer Conn 22B (Bj 1928) kann ich nichts schlechtes über alte Instrumente sagen. Intonation hervorragend, Klang wunderbar, Ansprechverhalten super, Verarbeitung top. Einzig die Maschine ist etwas undicht. Aber im Vergleich zu einem Neuinstrument muss man die 90 Jahre halt betrachten. Keine Ahnung wie gut die Ventilmaschine damals "neuwertig" war.

Bei meiner Conn 38B (Connstellation, Bj 1960) gibts am alten Handwerk ebenfalls nichts auszusetzen. Intonation sehr gut, Klang toll. Die Maschine ist zwar dicht, aber nicht so definiert zu bedienen wie meine Getzen Canadian Brass (90er Jahre) oder Bach Stradivarius (90er Jahre). Ansprechverhalten ist bei einer Heavy-Trompete wie der Connstellation meiner Meinung nach halt immer etwas träger. Vermutlich beherrschen diese Disziplin neue "Heavys" etwas besser. Ist zumindest mein subjektives Empfinden.

Die Instrumentenbauer sind heute sicherlich nicht schlechter als damals und haben bessere Werkzeuge (Maschinen, Computer...) zur Hand und können auf Erfahrungen ihrer alten Zunftgenossen aufbauen. Allerdings leben wir auch in einer wirtschaftlich sehr spannenden Zeit. Dass hier aus Kostengründen beim ein oder anderen Unternehmen immer mehr gespart wird, wirkt sich dies sicherlich nicht immer positiv auf die Qualität der Trompeten aus. Warum ist das so? Hmmm. Ich vermute Preiskampf mit Fernost und ein fehlgeleitetes Finanzsystem, welches immer mehr Firmen in die Verschuldung treibt.

Viele Grüße vom Käptn-Z
Bach Strad XX (Custom)
yara nadine
SuperPoster
Beiträge: 111
Registriert: Samstag 9. Juli 2016, 23:17
Meine Instrumente ..: Kato Mosel 2013, Hermuth Gelsenkirchen
Wohnort: Essen
Kontaktdaten:

Re: Unterschiede von 50 Jahren händigen Trompetenbaus

Beitrag von yara nadine »

Bei meiner Frage ging es auch um Instrumentenbauer, die Einzelstücke anfertigen. Ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht ob die dann immer gleiche Werkzeuge nutzen, so dass sich zwei Trompeten gleichen. Oder ob die jede individuell zusammen bauen. Wie ist denn die Reproduzierbarkeit bei Bau von zwei Modellen des selben Types? Ist ein Intonationsproblem nicht immer eine Frage der Rohrlänge der Töne untereinander?
Aber die Antworten sind schon sehr interessant. Auch die angesprochenen Qualitätsprobleme der 8xxxx Yamaha empfinde ich eigentlich schon als unverschämt.
Benutzeravatar
Käptn-Z
ExtremPoster
Beiträge: 435
Registriert: Freitag 13. Januar 2006, 20:45
Wohnort: München

Re: Unterschiede von 50 Jahren händigen Trompetenbaus

Beitrag von Käptn-Z »

Jedes Instrument ist ein Unikat. Nur die Serienstreuung ist von Hersteller (Instrumentenbauer) zu Hersteller etwas unterscheidlich.

Reproduzierbarkeit bei Bau von zwei Modellen des selben Types?
Manchmal verringert schon eine Dalle im Instrument die Spieleigenschaften. Oder minimale Spannung beim Zusammenlöten. Aus diesem Grund kaufen heutzutage viele Instrumentalisten bei Instrumentenbauern mit einem Baukastensystem (Beispiel: Gerd Dowids, Ricco Kühn). Dort kann man die einzelnen Komponenten - für sich - optimal zusammenwählen.

Ist ein Intonationsproblem nicht immer eine Frage der Rohrlänge der Töne untereinander?
Jein. Auch die Rohrform spielt eine wichtige Rolle.

Heutzutage baut kaum noch ein Instrumentenbauer sein Instrumente gänzlich selbst. Ventil-Maschine und Schallstück wird meist zugekauft. Doch die Dimensionierung der Maschine und die Form der Schallstücke wird von den Instrumentenbauern meist selbst vorgegeben und entwickelt. Die Spezial-Werkzeuge sind in der Regel schon immer die gleichen beim Bau einer Serie.

Die angesprochenen Qualitätsprobleme bei Yamaha sind mir nicht bekannt. Liegt zum Teil daran, dass ich mich etwas aus der Musikbranche zurückgezogen habe. Früher war gerade Yamaha für seine konstant hohe Fertigungsgenauigkeit und geringe Serienstreuung bekannt. Die in den Threads angesprochenen Ventilführungen waren bei der Bach Stradivarius früher auch aus Metall, später dann aus Kunstoff. Es gibt heute für die Bach Tuningkits mit Metall-Führungen. Mancher Bach-Trompetenspieler schwört auf das etwas höhere Gewicht der Metallvariante und anderer Spieleigenschaften. Vielleicht hat Yamaha aus diesem Grund gewechselt? Alles nur Spekulation.
Bach Strad XX (Custom)
inspired
Unverzichtbar
Beiträge: 633
Registriert: Donnerstag 22. Februar 2007, 18:32

Re: Unterschiede von 50 Jahren händigen Trompetenbaus

Beitrag von inspired »

Denke mal durch mehr Technik kann man einfacher und reproduzierbarer bauen, also mit weniger Serienstreuung. Aber das wurde hier ja schon so ziemlich alles beschrieben.

Aber Ich kenne auch z.B. eine Yamaha Xeno, 4 1/2 Jahre alt, schöne rote Flecken am Mundrohr. Klar, die kann man noch 10,15 Jahre so spielen bis die durch is. Aber sowas sollte nicht so schnell passieren.
Dagegen steht eien Getzen Capri, 40 Jahre alt, astrein in Schuss.
Sieht man mal vom Pflegeverhalten und der aggressivität des Speichels unterschiedlicher Spieler ab, hab ich so ein wenig den Eindruck, dass man früher eine bessere Materialqualität für sein Geld bekommen hat.
Also rein auf das Metall an sich bezogen, nicht auf die Verarbeitung.
Trp.: B&S Challenger II (3143/2)
Flgl.: Miraphone Premium
Flgl.: Beck Melisma

Bild :-P
Singvögelchen
Unverzichtbar
Beiträge: 1529
Registriert: Dienstag 18. Januar 2011, 22:53
Meine Instrumente ..: meistens C

Re: Unterschiede von 50 Jahren händigen Trompetenbaus

Beitrag von Singvögelchen »

Ich möchte mich hier auch noch beteiligen. Bei den Drehventilern, die mir besonders am Herzen liegen, hat sich einiges fundamental verändert. Das liegt zum einen an einer gewandelten Klangvorstellung, der etwas brutale 60er-Jahre-Sound hat sich doch überlebt. Mit französischer Piccolokultur ala Maurice André und auch der wiederentdeckten Barocktrompetentradition ist eine damals ungeahnte Leichtigkeit mit ins Spiel gekommen. Auch das Intonationsempfinden sowohl bei historischen Stimmungen als auch bei der modernen "gleichschwebenden" Orchesterstimmung ist wesentlich genauer geworden. Ich hab da unglaublich beeindruckende Aufnahmen meines Lehrers aus den Siebzigern, einzig die Intonation würde heutigen Ansprüchen nicht mehr genügen.
Kleine Anekdote: der allseits geschätzte Meister Ricco Kühn klagte mir mal sein Leid, weil bei den älteren Trompeten generell der 6. Naturton recht hoch/scharf war. Da hat er solange rumexperimentiert, bis dieser Ton perfekt stimmte, laut Computermessung. Die ersten Trompeter, die probieren durften, beschwerten sich aber, weil sie diesen Ton entgegen ihrer bisherigen Gewöhnung nun als zu tief empanden, jahrelang mit dem Ansatz nach unten gedrückt. Inzwischen hat es sich rumgesprochen, dass man alle diese ehemaligen Problemtöne mit der Nasenspitze anhauchen kann, sie ansprechen und auch hervorragend stimmen.

Eine andere Sache: alleine die C-Trompeten von heute sind so unglaublich viel besser als vierzig Jahre ältere. Weil es heute keinen mehr stört, dass sie benutzt werden. Daher gibt es viele von ihnen und es wurde viel Geduld in ihre Entwicklung investiert. Sie haben absolut keine Einbußen bei der Klangfülle dank perfekt austarierter Schallstückmensuren.

Ich will aber nicht über die alten Meister herziehen: ohne ihre Erfahrungen stünden die heutigen Instrumentenmacher ziemlich dumm da. Was einst Firmen wie Heckel oder Monke geleistet haben, ist nicht hoch genug zu würdigen. Die heutigen Topinstrumente sind im wahrsten Sinne des Wortes die Spitze des Eisberges, ohne jahrhundertelange vorangegangene Entwicklung nicht möglich.
Liebe Grüße vom Singvögelchen!


"Blas schön rein, dann kommts schön raus!"
Antworten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: Google [Bot] und 22 Gäste