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Spielweise offene/enge Trompete

Verfasst: Montag 18. Mai 2015, 16:21
von alimoe82
Hallo Forum,
wie dem Betreff zu entnehmen ist, geht es bei meinem Anliegen um folgende Fragestellung:

Kann man generell Aussagen dazu machen, wie man eine enge bzw. weite Trompete spielen sollte?
(viel/wenig Luft, viel/wenig Druck, Mdst-Durchmesser groß/klein, Mdst-Bohrung groß/klein)

Hintergrund:
Hab vor ca. einem halben Jahr von einer Bach 37 auf eine HvL B6 gewechselt. Der Unterschied der Instrumente in Bezug auf Spielweise, Klang und Aufbau ist doch schon etwas größer. Die HvL klingt um einiges offener, der Sound ist wesentlich größer und variabler, der Wiederstand ist geringer (aufgrunder der reversed Bausweise nehme ich an) und die Ansprache ist viel leichter. Alles in allem finde ich die HvL klasse aber suche noch nach der richtigen Herangehensweise, wie ich mit ihr am besten klar komme. Die ersten Mucken mit der HvL waren schon eine Herausforderung was Ansatz und Luft anging. War eher platt und hatte immer das Gefühl, mit der Luft nicht hinterher zu kommen, obwohl ich von mir behaupten darf, dass ich ne Menge Luft zur Verfügung stellen kann. Hinzu kam, dass die Höhe dünner und die Intonation schwieriger wurde. Das würde ich darauf beziehen, dass die HvL "größer" ist bzw. weniger Widerstand hat und wie eine große oder offene Trompete gespielt werden sollte/muss, was mich zu der eingangs gestellten Frage führt: Welche Herangehensweise wäre für eine offene Trompete die richtige?

Beobachtung:
Mein Grundlautstärke ist bei der HvL deutlich gestiegen. Im Gegensatz dazu muss ich deutlich zurück schrauben, damit ich leiser spiele und es ist mehr Arbeit, leise zu bleiben. In diesem Zusammenhang auch weniger Luft eingeatmet und plötzlich im Ganzen besser klar gekommen, was die Spielweise bzw. das Spielgefühl betrifft. In Bezug auf meine Frage die Überlegung, warum ich mit weniger Luft besser klar komme, wo doch eine große Trompete dem Verständnis nach mehr Luft braucht? Verbessert sich beim leiseren Spielen die Ökonomie mit der ich spiele, was mir dann auf der anderen Seite in der Spielbarkeit zugute kommt? Oder spiele ich ich "in Gedanken" immer noch die Bach, kann so aber nicht die HvL spielen?

Danke schonmal für die Hilfe!

Re: Spielweise offene/enge Trompete

Verfasst: Montag 18. Mai 2015, 21:44
von Singvögelchen
Die Stütze ist ein dynamisches Regulationsphänomen zwischen Luftnachfrage und
Luftangebot, bei dem es darum geht, die Luftführung über die Bauchmuskulatur zu
kontrollieren. Tägliche Bauchmuskelübungen sind dafür nicht (unbedingt) nötig. Die
Kondition kommt mit dem Spielen.
(Prof. Dr. Claudia Spahn, Freiburger Institut für Musikermedizin)


Ich denke, dieses Zitat ist vielleicht ganz hilfreich für das Verständnis deiner Fragestellung. Egal wie eng oder weit deine Trompete ist, du musst mit der Luftsäule eine perfekte Resonanz erzeugen, einen wohlkklingenden Ton. Ich empfehle ausdrücklich, immer mal den Blaswiderstand zu variieren, damit du mit deiner "Stütze" flexibel bleibst. Meine persönliche Erfahrung ist, dass ich mich mit der weitgebauten Trompete klanglich am wohlsten fühle, wenn ich mich vorher auf einer uralten ziemlich engen eingespielt habe, allerdings gewaltfrei, nur so laut, wie sie es zugelassen hat. Danach auf der großen Trompete war es dann das gefühlte Lösen der Handbremse, herrlich. Du musst immer wieder mal an den Zustand mit der alten Trompete erinnert werden, damit du die neue wirklich genießen kannst. Jetzt kommt die Trompeterpsychologie ins Spiel, ich mach Schluss... :wink:

Re: Spielweise offene/enge Trompete

Verfasst: Montag 18. Mai 2015, 22:54
von catfan
Singvögelchens Erfahrung mache ich auch gerade. Wobei meine "Haustrompete" schon ne L Bore ist.
Mit ihr spiele ich mich immer ein. Wechsel ich dann auf die C.M, welche noch einmal sehr viel weniger Widerstand hat, geht alles sehr viel angenehmer. Aber was du schreibst merke ich auch, ich muss dann ganz schön mit der Luft dran bleiben und die Ausdauer des Ansatzes ist auch etwas geringer.
Wenn das leise spielen schwer fällt nehme ich das als Zeichen, dass ich immer noch zuviel mache. Alles nicht frei läuft.
Grundlegend Wechsel ich gern täglich zwischen den beiden Instrumenten und kurz zwischen zwei verschiedenen Mundstücken.
Gibt mir auch ein Gefühl von Flexibilität.

Re: Spielweise offene/enge Trompete

Verfasst: Dienstag 19. Mai 2015, 10:30
von alimoe82
Schonmal Danke für die Antworten...
Ich hatte vor kurzen mal auf einer Getzen Capri gespielt. Würde nie wieder auf so eine enge Kanne wechseln wollen. Vom Spielgefühl so unflexibel, der Sound sehr eng, kaum Ton im mf-Bereich und je lauter man wird umso mehr tut sich eine meterhohe Wand von an Widerstand auf!
Aber wie schon von euch erwähnt, eine gut Möglichkeit, um den Unterschied zwischen alter und neuer Trompete kennen zu lernen.
Im Zusammenhang mit dem erwähnten Zitat wäre es natürlich egal, welche Eigenschaften die Kanne hat, man muss sich halt auf den neuen Verbraucher einstellen und kann dann im Rahmen der Möglichkeiten des Verbrauchers spielen. Dennoch würde mich interessieren, ob es gewisse Charakteristika hinsichtlich der Spielweise einer enge bzw. weiten Trompete gibt...

Re: Spielweise offene/enge Trompete

Verfasst: Dienstag 19. Mai 2015, 11:03
von Singvögelchen
alimoe82 hat geschrieben: Dennoch würde mich interessieren, ob es gewisse Charakteristika hinsichtlich der Spielweise einer enge bzw. weiten Trompete gibt...
Also ganz konkret versuche ich auf meiner engen Kanne fast nie über mezzopiano (gefühlt) hinauszugehen. Sonst würde der Klang zu scharf/eng, das Körpergefühl unangenehm. Auch die Intonation leidet dann spürbar (Tendenz steil nach oben). Fürs Einspielen und Üben daheim ist das auch total in Ordnung. Die Zungenbewegung bleibt in dieser Dynamik auch extrem klein, einer meiner ungeliebten, aber leider dringend notwendigen, Übeschwerpunkte.

Nun, nach dem Wechsel auf die weitere Trompete muss ich ehrlich gesagt auch nicht mehr "Druck" geben, sondern fühle, wie die Luft leichter in einer größeren Menge "ausströmen" kann. Klar wird es lauter dabei, aber in erster Linie wird der Klang "größer". Wie beim Singen, wenn du auf dem gleichen Ton langsam den Mund weit öffnest.
Wenn ich mit der Ansatzöffnung allerdings zuviel nachgebe, "öffne", ist die Intonation auch wieder gefährdet, diesmal nach unten. Halt alles ein dynamisches Regulationsphänomen :D , am besten immer über die Ohren (Klang) zu überprüfen.

Re: Spielweise offene/enge Trompete

Verfasst: Mittwoch 20. Mai 2015, 08:08
von alimoe82
Das mit dem (ein)spielen auf der engen Kanne bzw. meiner alten Trompete werd ich sobald möglich ausprobieren.
Das was du da beschrieben hast klingt interessant und sollte mir dabei weiter helfen, die Charakteristika einer engen
als auch einer weiten Trompete selber "zu erfühlen".

Folgendes ist mir noch aufgefallen: Die B6 von HvL hat die gleiche Bohrung wie die B4 (beide ML 11,7). Also ist sie im Prinzip gar nicht offener. Dafür hat die B6 ein sog. "reversed Leadpipe" und hat laut Beschreibung auf der Hompage einen offenen Klang und eine leichte Ansprache (kann ich so bestätigen). Also scheint sie vielleicht nur offener, ist es aber nicht wirklich!?

Re: Spielweise offene/enge Trompete

Verfasst: Mittwoch 20. Mai 2015, 09:37
von Bachbengel
Hallo Sven

Da ich einen sehr ähnlichen Umstieg wie Du vollzogen habe, ein paar Erfahrungen:
Die Bach 37 ist bei der Tonerzeugung sehr effizient, d.h., dass der Ton mit mit sparsamem Lufteinsatz rasch aufgeht und trägt. Dabei bleibt der Klang kompakt, kernig und vergleichsweise trocken und subjektiv weniger durchdringend. Mir schwebte ein Instrument vor, das weniger Widerstand als die 37 aufweist, aber den kernigen, resonierenden Klang behält und dennoch im Satz gut durchkommt. Die B6 passte mir von den hvls am besten, wenig Widerstand, satter Sound und ausreichend sizzle. Auch mir ging es so, dass ich die dynamischen Möglichkeiten des Instrumtents so richtig ausgekostet habe und ziemlich laut gespielt habe. Wie an anderer Stelle zu lesen, regelt das Ohr aber alles ein und der Körper passt sich den bläserischen Erfordernissen rasch an, ungeachtet, ob eng oder offen.

Zur Hardware: Anstatt der B6 habe ich mir einen Bach-Umbau von Spada verpassen lassen, der, wie ich viel später zufällig festgestellt habe, bauliche Gemeinsamkeiten mit der B6 hat (reversed Mundrohr, D-förmig gekröpfter Stimmzug, eine Strebe). Ich wäre wirklich neugierig jetzt die Spieleigenschaften der B6 mit der Spada zu vergleichen.
Vom Zahlenwerk der Maschinenbohrungen würde ich mich nicht irritieren lassen, weil es kleinbohrige Trompeten gibt, die wenig Widerstand aufweisen und umgekehrt. Der Einfluss des Mundstücks nicht zu vergessen.

Gruß
Bachbengel

Re: Spielweise offene/enge Trompete

Verfasst: Mittwoch 20. Mai 2015, 11:53
von buddy
Volle Zustimmung, die Bohrung ist nur ein Kriterium und nicht gerade relevant für den gefühlten Widerstand, ganz im Gegensatz zur Konstruktion des Mundrohrs.
Grundsätzlich gilt bei Trompeten natürlich die Regel des möglichst sinnvollen Zusammenwirkens aller Bauteile (und deren Verarbeitung).

Re: Spielweise offene/enge Trompete

Verfasst: Mittwoch 20. Mai 2015, 15:16
von alimoe82
Sehr interessant was du schreibst, Bachbengel.
So in etwa hab ich die Bach auch erlebt: Sie ging zwar gut an aber der Ton war für mein Empfinden im mittleren Lautstärkebereich eher leblos. Man musste schon mehr rein halten um ihr den bachtypischen Kern zu entlocken. Dann lief man aber Gefahr, dass sich die Luft mehr und mehr staut und man unnötig viel arbeiten musste. Im Gegensatz zu meiner HvL füllt sie nur mässig den Raum und man geht im Satz schnell unter.

Ich habe einige HvLs in Holland angespielt und in der B6 das gefunden was ich gesucht habe. Offener und variabler Sound, auch im mf-Bereich noch voller Ton, setzt sich wenns sein muss ohne Probleme durch mischt sich aber auch gut. Was den Luftverbrauch angeht, komme ich so langsam dahinter, dass sie gar nicht der Luftfresser ist, wie ich bisher vermutet habe. Es hängt eher davon ab, was man ihr zur Verfügung stellt. Auf der anderen Seite muss man aber dennoch mit der Luft dran bleiben...

Was die Zahlen angeht, gebe ich dir recht. Die B4 ist von den Zahlen identisch, vom Spielgefühl her aber ganz woanders. Von daher kann man da nur bedingt nach gehen.

Falls du im Kreis RE in NRW wohnst, ließe sich bestimmt mal ein Treffen arangieren, damit du mal beide Kannen vergleichen kannst und dich dann ärgerst warum die keine beim Huub gekauft hast! :wink:

Re: Spielweise offene/enge Trompete

Verfasst: Donnerstag 21. Mai 2015, 21:43
von TrompetenKäfer
Spiel die HvL noch eine Zeit lang und du wirst auf ihr fast genauso klingen, wie auf der Bach ;) ;)
Im Ernst: Der Wechsel auf ein - nominell - größeres Horn zeigt häufig Effizienzprobleme im Spielsystem auf.
Da kann die Trompete garnichts dafür :)
Die Crux ist die, dass dir die Bach wahrscheinlich aufgrund ihrer Konzeption garnicht soviel Spielraum gelassen hat, und dir quasi die Effizienz "aufgezwungen" hat.
Jetzt hast du ein variableres Horn, das dir als Bläser weit mehr Gestaltungsfreiheit lässt, und damit kommst du (noch) nicht klar. Das ist eine Frage des Eingewöhnens und auch der Arbeit an dir selbst.

Das Gefühl, dass du auf der HvL mehr Luft brauchst, und die Lautstärke tendenziell nach oben geht, hängt damit zusammen, dass du die Bach beim Spielen viel besser gehört hast, weil ihr Klang einfach heller/spritziger/besser wahrnehmbar war. Die HvL wird vermutlich einen größeren Klang haben, und du musst dich auch hier erst dran gewöhnen, dass "Lautstärke" nicht mit dem gleichzusetzen ist, was du selbst hörst. Da wäre ggf. der Dirigent/Ensembleleiter ausschlaggebend, was er als "Laut" empfindet bzw. haben will.

Da musst du dich selbst aufs neue Horn "kalibrieren" lassen-

Ich kenne das von mir, wenn ich in der Ballsaison sehr viel auf meiner "engen" B&S Pumpe spiele, und dann (gleiches Mundstück!) in der Konzertperiode auf meiner Drehventil spiele.
Im Frühjahr/Sommer, wenn ich zwischen Orchester und Böhmischer Mucke hin und her wechsle, ist der Unterschied nicht so deutlich spürbar, aber ich brauche häufige eine "Anlaufphase" auf der Drehventil, damit wir wieder gut Freund sind ;)
Ich bin auch nur ein Amateur, und kann daher dieses Phänomen zumindest grundlegend nachempfinden.
Irgendwelche besonderen "Übungs/Einblasmethoden" würde ich mir nicht anfangen. Schau, dass du mit dem "Haup"horn gut klar kommst, und nimm ab und zu die Bach ins Programm mit hinein. Dann wird das ganz gut funktionieren, denke ich.

Re: Spielweise offene/enge Trompete

Verfasst: Donnerstag 21. Mai 2015, 22:46
von buddy
Bresl-Maier hat geschrieben:Spiel die HvL noch eine Zeit lang und du wirst auf ihr fast genauso klingen, wie auf der Bach ;)
Meinst Du, wie man sich selbst beim Spielen hört?
Ich glaube nicht, dass im Publikum jemand durch Hören zuordnen könnte, welche meiner Trompeten gespielt wird.
Aber ich selbst höre mich auf meiner Yammie auch nach gut anderthalb Jahren immer noch definitiv anders als auf meiner Bach oder der Meha und spiele sie auch anders.
Was dabei alles zum Wohlgefühl beiträgt muss man nicht allein der Trompete zuschreiben, aber zumindest verhält sie sich recht "kooperativ". :mrgreen:

Re: Spielweise offene/enge Trompete

Verfasst: Donnerstag 21. Mai 2015, 23:26
von TrompetenKäfer
Wie man sich selbst wahrnimmt, ist höchst subjektiv. Es wurde hier schon oftmals von Blindtests berichtet, wo Änderungen am System, die sich fürden Spieler WESENTLICH bemerkbar machten, beim Publikum Null Auswirkungen zeigte :)
Bin da ganz bei dir: es ist eine Geschichte zwischen der Trompete und sich selbst :)

Re: Spielweise offene/enge Trompete

Verfasst: Dienstag 15. September 2015, 06:43
von Blechnase
Ich bin kein Profi, aber bei der Generalüberholung meiner Bach dieses Jahr habe ich das alte 25er Mundrohr durch ein 43er ersetzen lassen, da merke ich schon einen Unterschied. Die Luft staut viel weniger zurück und ich kann sogar mit dem Übungsdämpfer ziemlich Stoff geben, ohne dass ich Probleme kriege.

Die enge Variante, die ich zu Vergleichszwecken hin und wieder nutze, ist eine Blessing Scholastic, die nominell eine minimalst grössere Bohrung als die Bach hat, sich aber trotzdem deutlich anstrengender spielt. Soviel zum Thema Bohrung und frei spielen. ich kann den Effekt von Übungswechseln daher voll bestätigen. Stelle auch fest, dass ich seit dem Mundrohrwechsel mit mehr Stütze ans Spielen gehen muss, aber viel dynamischer spielen kann und laut wirklich laut und halt leise dann auch wirklich leise ist. als herangehensweise wäre mein Rat, möglichst dynamisch zu üben, von leise bis (moderat, man hat ja Nachbarn) laut und alles über die Stütze zu kontrollieren.

Andreas