Hall beim Üben

Hier geht es um Improvisieren , Stilistik , halt alles was mit Jazz bzw. Moderner Musik zu tun hat

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uhexer
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Hall beim Üben

Beitrag von uhexer »

Ist nicht unbedingt ein Jazz-Thema, aber da ich's vor allem beim Improvisieren nutze:
Ihr kennt das ja sicher alle, dass das Üben und überhaupt das Spielen, auch in der Combo etc. mit etwas Raumhall mehr Spaß macht.
Der Ton klingt weniger trocken, verzeiht mehr Unsauberkeiten und klingt einfach schöner.
Ich spiele daher, wenn es sich machen lässt, lieber in etwas größeren Räumen, möglichst ohne Schallschlucker wie Teppiche, Vorhänge usw, manchmal sogar lieber im Badezimmer als in einem trockenen Übungsraum.
Das Ganze lässt sich aber auch mit Mikro und einem entsprechenden Verstärker und/oder einem Hallgerät simulieren.
Ich nutze zB die Bose S1-Box, die hat einen sehr angenehmen internen Hall.
Meine Frage ist nun: haltet ihr das für eine Art Selbstbetrug, weil der Ton so besser klingt als er in Wirklichkeit ist, sollte man das also möglichst wenig machen und lieber in trockenen Räumen spielen?
Trumpetzky
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Re: Hall beim Üben

Beitrag von Trumpetzky »

Ich halte es hier mit der Weisheit eines alten, mir bekannten Studiotechnikers: wenn der Trompeter nix kann und nach nichts klingt, packen wir ihm mal Hall drauf. Da wirds dann erträglicher.... Alles klar soweit?

Ich persönlich halte NICHTS davon, mir mit akustischen Hilfen meine eigenen Unzulänglichkeiten weg zu "retuschieren". Ich habe lieber ein Übungsumfeld, das total intolerant gegenüber Fehlern ist. Egal ob das jetzt Stimmung, Intonation, Phrasierung, Stoß,.... ist - wie soll ich mich denn verbessern, wenn ich mich selbst bescheisse.

Ganz super finde ich hier z.B. Home-Recording, wo man sich in einem möglichst trockenen Umfeld selbst aufnimmt und dann bewusst abhört. Dann viell. gleich mehrstimmig, damit auch die Intonationsprobleme gleich offenbar werden.
Erst, wenn eine trockene Aufnahme sauber ist und für sich gut klingt, fange ich an, technisch auf zu frisieren. Ein bisschen Hall, etwas Links/Rechts-Latenz und schon klingt die ganze Sache fetter. Vielleicht noch ein paar Overdubs dazu geworfen, damit es wie doppelt so viele Trompeten klingt usw....

Aber die Ausgangsbasis MUSS immer eine trockene, gnadenlose Umgebung sein.
Trump Peter
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Re: Hall beim Üben

Beitrag von Trump Peter »

Nein, es gibt bei trockenen Räumen ganauso Nachteile, wie es bei halligen Räumen Vorteile gibt.
Eine der Wichtigsten Sachen beim Trompetespielen ist die Lockerheit in allen Lagen zu bewahren. Dies fällt in halligen Räumen leichter als in trockenen.
Das krampfhafte Schlechtreden von dem halligen Raum finde ich nicht gut, da dieser genauso seine Berechtigung hat, wenn sich jemand dort leichter tut.
Trumpetzky
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Re: Hall beim Üben

Beitrag von Trumpetzky »

Das Hauptproblem bei "halligen" Räumen liegt in der (bis zur Extremen) Überbetonung der hohen Frequenzen, die sich (meine Erfahrung) nachteilig aufs Gehör (verschlagene Ohren bis Tinnitus) und aufs Selbsthören auswirken.
Wenn der Raum "hallig" ist, aber solide Hochfrequenzfilter da sind (Rahmen mit dünnen Schaumstoffen und Stoffbezug), verträgts auch einen Nachhall. Komplett "trocken" ist eh scheisse, weil anstrengend.
Wenn man dem Akustiker, der unseren Proberaum gestaltet hat, glauben darf, dann soll eine Nachhallzeit von <0,7s ausreichend sein, um akustisch okay, aber nicht nusstrocken zu sein.

Akustisch gute Räume mit viel Nachhall sind z.B. sehr viele Kirchen, wobei man es da auch, speziell mit der Trompete, zum Überschlagen bringen kann. Aber das ist eine andere Baustelle.
Singvögelchen
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Re: Hall beim Üben

Beitrag von Singvögelchen »

Es ist einfach ein Qualitätsmerkmal, in unterschiedlichster Akustik sein Instrument zum Klingen zu bringen.

Und das sollte regelmäßig beim Üben mittrainiert werden.
Liebe Grüße vom Singvögelchen!


"Blas schön rein, dann kommts schön raus!"
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Bixel
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Re: Hall beim Üben

Beitrag von Bixel »

uhexer hat geschrieben: Mittwoch 29. Dezember 2021, 11:57Meine Frage ist nun: haltet ihr das [Halleffekte beim Üben] für eine Art Selbstbetrug, weil der Ton so besser klingt als er in Wirklichkeit ist, sollte man das also möglichst wenig machen und lieber in trockenen Räumen spielen?
Ich übe mein tägliches Handwerk-Pensum eher staubtrocken - das ist eine ziemlich mechanische Angelegenheit.

Wenn ich mich mit Repertoire beschäftige (z.B. mittels Play-alongs), spiele ich gerne mit ein wenig Hall.
Auch beim Corona-Jammen auf JamKazam und ähnlichen Plattformen verhilft mir ein dezent zugemixter Raumhall leichter zu Inspiration und Flow - das gefällt auch den Mitspielenden besser.

Mir dient allerdings das Üben grundsätzlich auch nicht in erster Linie zum ("sportlichen") Leistungszuwachs, sondern ich betrachte es als erbauliche Tätigkeit zur kindlich-spielerischen Erweiterung der Möglichkeiten. Da ist dann auch Platz für Hall und Eitelkeit. :P
Rausgehen ist wie Fenster Aufmachen, nur viel krasser.
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C-Becks
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Re: Hall beim Üben

Beitrag von C-Becks »

Also m. E. kommt es ja darauf an welches Ziel man verfolgt. Wenn man Hobbymusiker ist und die "Übeeinheiten" auch überwiegend dem eigenen Spaß bzw. dem Fröhnen des Hobbies dienen spricht nichts gegen die Verwendung von Hall oder dem Spielen in halligen Räumen. Wenn man wie Bixel sagt sportlichen Leistungszuwachs erreichen will lohnt sich das Üben in trockener Umgebung eben um genau auch die kleinen Unsauberheiten zu erwischen und ausmerzen zu können. Wobei alles ja besser ist als gar nicht üben ;-)
Bier - Bratwurst - Blasmusik
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