Zunge beeinflusst Tonhöhe. Wirklich? Und wie?

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Bixel
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Re: Zunge beeinflusst Tonhöhe. Wirklich? Und wie?

Beitrag von Bixel »

Alextrumpet hat geschrieben: Dienstag 22. November 2022, 09:20 Aber beim eingeatmeten Pfeifen Fließt die Luft ja anders herum wegen des Unterdrucks, der im Mundraum entsteht. Dieser Unterdruck ist doch durch die Zunge variierbar und damit ändert sich dann auch die Geschwindigkeit der einfließenden Luft und damit die Frequenz der Lippenschwingung? Oder anders gefragt: kann man beim eingeatmeten Pfeifen die Tonhöhe verändern, ohne die Zunge zu bewegen?
Die Lippen vibrieren beim Pfeifen nicht, sondern das Zusammenspiel von Lippen, Zunge, Unterkiefer und Luftfluss erzeugt Verwirbelungen, die den Resonanzraum in hörbare Schwingungen versetzen. Dies funktioniert sowohl ausatmend als auch einatmend.

Auch das Blechblasen funktioniert im Prinzip sowohl ausatmend als auch einatmend:
Mit ein wenig Übung lässt sich auch durch Einsaugen von Luft durch die (zuvor innen gereinigte!) Trompete die Naturtonreihe darstellen, wenn auch bei kläglicher Klangqualität; der menschliche Atemapparat mag halt nicht gerne den konstanten Unterdruck erzeugen, den ein guter Sound benötigt; und es fühlt sich auch nicht sehr gesund an.

Um sich Klarheit zu verschaffen über den Einfluss der Zungenwölbung auf die Tonhöhe, hilft es, eine Hand an den Kehlkopf zu legen, während man auf der Bb-Trompete Naturtöne spielt: Man ertastet dort - insbesondere bei tiefen Tönen - recht deutlich die dem jeweiligen Ton zugeordnete Schwingungsfrequenz. Heißt: Es schwingt auf beiden Seiten der oszillierenden Lippenöffnung. Dies macht m.E. plausibel, dass eine Verkleinerung der Mundhöhle mittels Zungenwölbung hohe Frequenzen auf beiden Seiten der vibrierenden Lippenöffnung begünstigt.
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GT-Karl
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Re: Zunge beeinflusst Tonhöhe. Wirklich? Und wie?

Beitrag von GT-Karl »

Also ich denke ich erzeuge den Unterdruck durch die an der Atmung beteiligten Muskeln. die tonerzeugende Schwingung (Verwirbelung trifft es vielleicht besser) entsteht am Lippenspalt, wie kann dann eine nachfolgende Verengung der Mundhöhle noch Einfluss auf eine bereits erzeugte Schwingung nehmen? Das wäre nur der Fall, wenn die Öffnung in der Mundhöhle kleiner wäre als die am Lippenspalt!

In diesem Zusammenhang stimme ich punktgenau den Ausführungen von Forumsmitglied Bixel zu!

Ich bin der Überzeugung, dass viele Trompetenlehrer die Funktion der Zunge als Tonhöhe regulierendes Element lehren, obwohl sie genau wissen, dass es eigentlich nicht wirklich so funktioniert! Aber die Analogie zum Pfeifen macht es dem Schüler einfacher den Prozess zu "verstehen" und anzuwenden, derweil er weitere Aktionen, z.B. der Mundwinkel und Lippenmuskulatur gleichzeitig unbewusst ausführt!
Eine Überfrachtung mit Informationen würde dem Schüler nicht wirklich helfen, insofern finde ich das völlig o.k. so zu agieren!

Interessant vielleicht noch die Aussage des amerikanischen Trompeters und Methodenlehrers Roy Stevens, der den Einfluss der Zungenstellung auf die Tonhöhe in seiner Lehre explizit ablehnt! Als er in einem Interview zu den Gründen für verschiedene Probleme bei der Tonbildung befragt wurde, antwortete er auf die Frage nach den Gründen für einen dumpfen, schlecht stimmenden, Ton u.a. mit dem Hinweis auf die falsche Zungenstellung!
Der Einfluss der Zungenstellung auf Intonation und schlechtes "Anspringen" des Tons deckt sich an der Stelle mit meiner eigenen Erfahrung.

Ein ewiges Thema, aber ganz bestimmt mit den physikalischen Grundlagen des Trompetenspiels erklärbar.

Gruß

Karl
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Re: Zunge beeinflusst Tonhöhe. Wirklich? Und wie?

Beitrag von Alextrumpet »

Ich stelle es mir so vor, dass der in der Mundhöhle herrschende Unterdruck bei hoher Zunge(Vokal I z.B.) größer ist als bei niedriger Zunge (Vokak A). Die Bernoulli-Gleichung besagt ja, dass bei Verkleinerung des Stömungsquerschnitts der Druck abnimmt. Durch den höheren Unterdruck im Mundraum wird die Außenluft mit größerer Kraft eingesogen und daher stärker beschleunigt beim Passieren des Lippenspalts. Daraus resultiert dann eine höhere Frequenz der Verwirbelung.

Natürlich ist dabei die Lippe enger als die Mundhöhle, aber das ändert ja nichts an der Krafteinwirkung durch die Druckdifferenz zwischen Atmosphäre und Mundhöhle.

Bin allerdings auch kein Physiker und daher könnte es natürlich gut sein dass ich da was übersehe in der Gleichung... :)

Und ich probiere schon den ganzen Vormittag beim einatmenden Pfeifen die Tonhöhe ohne die Zunge zu verändern. Bisher gelingt es mir leider nicht :?
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Bixel
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Re: Zunge beeinflusst Tonhöhe. Wirklich? Und wie?

Beitrag von Bixel »

GT-Karl hat geschrieben: Dienstag 22. November 2022, 10:45Ich bin der Überzeugung, dass viele Trompetenlehrer die Funktion der Zunge als Tonhöhe regulierendes Element lehren, obwohl sie genau wissen, dass es eigentlich nicht wirklich so funktioniert!
Nanu, den Eindruck habe ich bislang nicht gewonnen. Mehrheitlich glaubt man meiner Beobachtung nach an eine "Kompression der Luft" mittels Zunge.
Ich lehre ebenfalls das Vokalisieren ("a-e-i-ch") als ein die Tonhöhe regulierendes Element, nur halt mit einer vom Burba-Sprech abweichenden physikalischen Erklärung.
Gefühlt reguliert auch bei mir die Zungenwölbung maßgeblich (wenn auch selbstverständlich nicht alleine) die Tonhöhe.

GT-Karl hat geschrieben: Dienstag 22. November 2022, 10:45 Aber die Analogie zum Pfeifen macht es dem Schüler einfacher den Prozess zu "verstehen" und anzuwenden, derweil er weitere Aktionen, z.B. der Mundwinkel und Lippenmuskulatur gleichzeitig unbewusst ausführt!
Eine Überfrachtung mit Informationen würde dem Schüler nicht wirklich helfen, insofern finde ich das völlig o.k. so zu agieren!
Ich finde die Erklärung der Wirkung der Zungenwölbung im Sinne einer Regulierung des resonierenden Mundhöhlenvolumens didaktisch nicht anspruchsvoller als die verbreitete Vorstellung, die Zunge fungiere als Ventil und bewirke eine Kompression der strömenden Luft. Die divergierenden physikalischen Erklärungen führen ja in diesem Fall auch nicht zu unterschiedlichen praktischen Konsequenzen.
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Re: Zunge beeinflusst Tonhöhe. Wirklich? Und wie?

Beitrag von TrpM »

Bixel hat geschrieben: Dienstag 22. November 2022, 15:19 Ich finde die Erklärung der Wirkung der Zungenwölbung im Sinne einer Regulierung des resonierenden Mundhöhlenvolumens didaktisch nicht anspruchsvoller als die verbreitete Vorstellung, die Zunge fungiere als Ventil und bewirke eine Kompression der strömenden Luft.
Ganz im Gegenteil! Da die Luftkompressions/strömungs/geschwindigkeits-Komponente wegfällt wenn man sich nur darauf konzentriert, dass der Resonanzraum für verschiedene Tonhöhen angepasst wird, wird das System doch eigentlich sogar vereinfacht.

Das ist das, was mir an Ryan Nielsen´s Darstellungsweise ganz gut gefällt (auch wenn die Analogie mit der Saite für mich eher fragwürdig ist): es geht hauptsächlich um das Setup der oral cavity

hier nochmal der Link:
https://www.youtube.com/watch?v=lO_bHidLCoY
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Re: Zunge beeinflusst Tonhöhe. Wirklich? Und wie?

Beitrag von GT-Karl »

Alextrumpet hat geschrieben: Dienstag 22. November 2022, 12:56
Und ich probiere schon den ganzen Vormittag beim einatmenden Pfeifen die Tonhöhe ohne die Zunge zu verändern. Bisher gelingt es mir leider nicht :?
Ich denke, dies wird dir auch nicht gelingen, aber durch Versuch wird man "kluch" :)
Bixel hat geschrieben: Dienstag 22. November 2022, 15:19
GT-Karl hat geschrieben: Dienstag 22. November 2022, 10:45Ich bin der Überzeugung, dass viele Trompetenlehrer die Funktion der Zunge als Tonhöhe regulierendes Element lehren, obwohl sie genau wissen, dass es eigentlich nicht wirklich so funktioniert!
Nanu, den Eindruck habe ich bislang nicht gewonnen. Mehrheitlich glaubt man meiner Beobachtung nach an eine "Kompression der Luft" mittels Zunge.
Ich lehre ebenfalls das Vokalisieren ("a-e-i-ch") als ein die Tonhöhe regulierendes Element, nur halt mit einer vom Burba-Sprech abweichenden physikalischen Erklärung.
Gefühlt reguliert auch bei mir die Zungenwölbung maßgeblich (wenn auch selbstverständlich nicht alleine) die Tonhöhe.
Mag sein, dass du recht hast, vielleicht hab ich da eine zu hohe Meinung von der Zunft! Aber wie gesagt, wenn die Ergebnisse stimmen ist auf eine korrekte Erklärung leicht zu verzichten!

Gruß

Karl
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Re: Zunge beeinflusst Tonhöhe. Wirklich? Und wie?

Beitrag von Laender »

TrpM hat geschrieben: Dienstag 22. November 2022, 16:41 [...] wenn man sich nur darauf konzentriert, dass der Resonanzraum für verschiedene Tonhöhen angepasst wird, wird das System doch eigentlich sogar vereinfacht.
Bei allen physikalisch plausiblen Erklärungen: Wie setzt man das in die Praxis um? Also wie erlernt man, die Zunge zur Anpassung des Resonanzraums für das (erleichterte) Erreichen einer bestimmten Tonhöhe einzusetzen? Ich vermute, die guten Trompeter hier machen das intuitiv (schon von Anfang an) richtig?!

Vielleicht ist es hilfreich, wenn jemand, der es richtig macht, einmal versucht, es so falsch zu machen wie z.B. ich?
Kriegt es jemand hin, ein g1 (gerne auch auf dem Mundstück) zu spielen und den Zungenrücken zwar stark nach oben und unten zu bewegen, aber dennoch nichts an der Tonhöhe zu ändern? Vielleicht kann man aus dieser Position besser erklären, was jemand ändern muss, bei dem die Zunge gefühlt keinen Nutzen hat, was die Tonhöhe angeht. Fühlt sich das anders an als die falsche Version (und falls ja: inwiefern?), ist die Zunge weiter vorne/hinten, welche Form hat sie usw.?
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Re: Zunge beeinflusst Tonhöhe. Wirklich? Und wie?

Beitrag von TrpM »

Laender hat geschrieben: Dienstag 22. November 2022, 19:50 Fühlt sich das anders an als die falsche Version (und falls ja: inwiefern?), ist die Zunge weiter vorne/hinten, welche Form hat sie usw.?
Tja, das wird schwierig: man sieht die Zunge nicht und weil jeder eine individuelle Anatomie hat, würde es vermutlich auch nicht wirklich weiter helfen, wenn uns (1) sehr gute Trompeter bescheiben könnten wie sie ihre Zunge "fühlen" und dann auch noch (2) wir anderen aufgrund dieser Beschreibung tatsächlich das exakt gleiche "Gefühl" zu reproduzieren könnten und (3) dieses gleiche "Gefühl" auch wirklich eine gleiche Zungenstellung wiederspiegeln würde.

Für mich kann ich aus diesen ganzen Diskussionen nur herausziehen, dass ich mit der Wölbung der Zunge / Kardinalvokale / anchor points / ... herumexperimentiere. Ich versuche das bewußt zu üben und dabei alle anderen Parameter (Lippen, Luft, ...) so konstant zu lassen wie es halt geht.

Aber für´s tatächliche Spielen gilt dann:
Bixel hat geschrieben: Sonntag 20. November 2022, 19:34 Die Zungenwölbung allein verändert keine Tonhöhe.
Sie ist eine der drei wichtigen Komponenten, die es in eine gute Balance zu bringen gilt.
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Re: Zunge beeinflusst Tonhöhe. Wirklich? Und wie?

Beitrag von Jamer »

Bixel hat geschrieben: Sonntag 20. November 2022, 19:34
Laender hat geschrieben: Freitag 18. November 2022, 19:33 Das Thema Zunge als primäres (z.B. Burba) oder sekundäres (z.B. BE) Ventil zum Verändern der Tonhöhe bleibt für mich ein Buch mit sieben Siegeln.
Die Zunge fungiert beim Blechblasen als Ventil lediglich, wenn sie das "Anstoßen" eines Tones bewerkstelligt oder einen Ton mittels Unterbrechung des Luftstromes abrupt beendet.

Was die Zunge ansonsten tut, hat keinen Einfluss auf den Luftdruck und auf die Luftgeschwindigkeit an der schwingenden Lippenöffnung, solange der Zungenrücken (zusammen mit dem Gaumen) keinen höheren Widerstand erzeugt als die Lippenöffnung selbst. Für die Stimmritze gilt dasselbe. Bei einem gut funktionierenden trompetenbläserischen System ist die Lippenöffnung stets die engste Stelle im Luftfluss.

Die Zungenwölbung in Richtung Gaumen bewirkt - wie beim Pfeifen - in der Mundhöhle eine Verkleinerung des Resonanzraumes und erleichtert dadurch der Lippenöffnung das Schwingen in höheren Frequenzen. Die Zungenwölbung allein verändert keine Tonhöhe.
Sie ist eine der drei wichtigen Komponenten, die es in eine gute Balance zu bringen gilt.
Meine Erfahrungen decken sich grundsätzlich mit dem zitierten Beitrag von Kollege Bixel: Ich glaube, dass die Lippenöffnung und der somit engste Stelle im Luftfluss die größte Bedeutung für die Kontrolle der Tonhöhe hat. Wenn man es schafft, zu erfühlen, wie man den Luftfluss und die damit verbundene Lippenvibration gezielt durch die Lippenöffnung kontrolliert (kleinere Öffnung = komprimierter Luftfluss = schnellere Lippenvibration = höherer Ton) dann stehen einem sehr viele Möglichkeiten auf der Trompete offen. Vor allem wird das Trompetenspiel dann "einfacher" und "müheloser".

Die Zunge beendet oder eröffnet den Luftstrom und kann einen positiven Effekt durch die Verkleinerung bzw Vergrößerung des Resonanzraumes auf das Trompetenspiel haben, bei weitem jedoch nicht in dem Ausmaß der Lippenöffnung bzw. Lippenvibration. Es gibt unter den Trompetetn Zungenfetischisten, welche die Meinung vertreten, die Zunge sei der wichtigste Baustein in der Tonhöhenregulierung und geben dieses "Wissen" auch gerne weiter. Das sei ihnen ungenommen. Ich behaupte jedoch, dass jene Trompeter jedoch nur ihre Zunge bewusst steuern und unbewusst bzw intuitiv eine ganz gute Kontrolle über die Lippenöffnung & die Lippenvibration praktizieren.

Um zum Ende meines Beitrages zu kommen: Die Zunge kann die Tonhöhegestaltung erleichtern, jedoch wird die Hauptarbeit bzw Vibrationsgeschwindigkeit stets an der engsten Stelle des Luftflusses verrichtet und das ist nunmal die Lippenöffnung. Daher ist die Zunge für mich im besten Fall ein unterstützendes Ventil in der Tonhöhengestaltung, ja, aber nie der Hauptakteur.

MfG
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Re: Zunge beeinflusst Tonhöhe. Wirklich? Und wie?

Beitrag von Bixel »

Laender hat geschrieben: Dienstag 22. November 2022, 19:50 Kriegt es jemand hin, ein g1 (gerne auch auf dem Mundstück) zu spielen und den Zungenrücken zwar stark nach oben und unten zu bewegen, aber dennoch nichts an der Tonhöhe zu ändern? Vielleicht kann man aus dieser Position besser erklären, was jemand ändern muss, bei dem die Zunge gefühlt keinen Nutzen hat, was die Tonhöhe angeht. Fühlt sich das anders an als die falsche Version (und falls ja: inwiefern?), ist die Zunge weiter vorne/hinten, welche Form hat sie usw.?

Wenn ich vom G1 kommend meine Zunge gewohnheitsmäßig so verforme, als wolle ich zum C2 hinauf binden, mich gleichzeitig aber dazu zwinge, das G1 beizubehalten (statt zum C2 "umzuklappen"), vergrößere ich geringfügig meine Lippenöffnung und verringere zudem leicht den Luftstrom ("Druck"). Das G1 klingt dann leiser und nasaler ("dünner").
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Re: Zunge beeinflusst Tonhöhe. Wirklich? Und wie?

Beitrag von GT-Karl »

Das wollte ich noch anmerken, ich nutze die Veränderung der Zungenstellung (Wölbung) auch, allerdings, und das ist bisher nicht erwähnt worden, in Verbindung mit einer an der unteren Zahnreihe fixierten Zunge!

Und trotzdem, den Beweis trete ich gerne an (falls jemand ein entsprechendes Gerät zur Verfügung stellt :) ), ich mache eine Naturtonbindung bis jenseits des C3 ohne meine Zunge auch nur einen Millimeter zu bewegen bzw. aus dem Grund anzuheben! Wie sich die Töne dann anhören ist dabei eine andere Geschichte....!

Gruß

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Re: Zunge beeinflusst Tonhöhe. Wirklich? Und wie?

Beitrag von FLH »

Vielleicht sollte man mal davon weggehen, nur eine Funktion als verantwortlich für die Tonhöhe anzusehen. Ich denke vielmehr, dass es dazu ein Zusammespiel mehrer Faktoren - und die Zungenstellung ist da ein primäres Rädchen im Getriebe - benötigt. Durch die bewusste Vokalisierung der Zunge auf i ergibt sich eine physische wie auch psychische Focusierung auf höhere Töne, was so ganz nebenbei die anderen körperlichen Hilfsmittel aktiviert.
Und - entschuldigung, wenn ich das wieder mal ins Spiel bringe - der Rest ist Übung.
GT-Karl hat geschrieben: Mittwoch 23. November 2022, 15:02 ..., ich nutze die Veränderung der Zungenstellung (Wölbung) auch, allerdings, und das ist bisher nicht erwähnt worden, in Verbindung mit einer an der unteren Zahnreihe fixierten Zunge! ...
git es da noch eine andere funktionierende Methode? :question:
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Re: Zunge beeinflusst Tonhöhe. Wirklich? Und wie?

Beitrag von Singvögelchen »

Komplexer Sachverhalt, völlig klar. Meine Erfahrung dazu besagt, dass die Zunge, bzw die ganze Mundhöhle für die Tonhöhen absolut hauptverantwortlich ist. Die Lippe ist aus meiner Sicht ziemlich passiv an dem ganzen Prozess beteiligt. Ganz vorne bildet sie natürlich den Abschluss der Mundhöhle und da kommt in hohen Lagen Druck drauf, weil die ganzen Resonanzräume immer kleiner werden und zwangsläufig nach vorne wandern. Ansonsten muss sie gut gespannt sein (Kinn, Mundwinkel...) und sie muss vor allem immer den Spalt weit geöffnet sein, dass Luft hindurchströmen kann. Mehr eigentlich nicht. Wenns mal nicht mehr geht mit der Lippe, liegt es eher daran, dass das Mundstück mit zuviel Druck kleine Quetschungen außerhalb der "Lippenöffnung" hervorgerufen hat, die halt eine Weile brauchen, um sich zu regenerieren. Oder dass man winzige Mikrorisse (zB bei Kälte im Freien) genau auf der Lippenoberfläche hat, die das Schwingen verhindern und das Trompetespielen zur Qual machen.

Soweit die "passive" Lippe...blöder Begriff, aber mir fällt im Moment nichts besseres ein...wenn die halt optimal gespannt ist, kann die Tonhöhe aus dem Resonanzraum Mundhöhle per Luftstrom ins Instrument übertragen werden. Die exakte Frequenz bildet sich automatisch und unbewusst an dieser Stelle, weil sie schon vorher durch den ultraflexiblen Zungenmuskel quasi vorgefertigt wurde. Eine winzige (in einschlägigen Stroboskopaufnahmen nicht sichtbare, weil viel zu schnell) Oberflächenschwingung auf der obersten Hautschicht der Lippe überträgt diese Tonhöhe ins Mundstück und in der "Seele", also dem engsten Teil der Innenbohrung entsteht dann der erste Schwingungsknoten vom eigentlichen Klang, der am Schluss das Schallstück verlässt.

Sorry für diesen Zwischenruf, will nur sicherstellen, dass die arme Zunge hier nicht völlig aus dem Blickfeld gerät. :D Sehr unterhaltsame und interessante Dikussion im Übrigen. :gut:
Liebe Grüße vom Singvögelchen!


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Re: Zunge beeinflusst Tonhöhe. Wirklich? Und wie?

Beitrag von Jamer »

@Singvögelchen:

Wir sind uns doch einig dass die Lippe vibriert oder? Und durch die Lippe entsteht die Schwingung die dann später durch Mundstück und Instrument in einen Ton umgewandelt wird.

Die Zunge trägt weder zur Luftversorgung bei noch schwingt/vibriert sie. Sie kann jediglich als Unterstützung zur Tonerhöhung bzw -Senkung beitragen, indem der Resonanzraum vergrößert oder verkleinert wird. Die Vibration passiert jedoch an der Lippe. Die Vibrationsfläche wird von der Lippe kontrolliert. Der Luftdruck wird an der engsten Stelle des Luftflusses kontrolliert und das ist nun mal im Normalfall die Lippenöffnung.

Deswegen erschließt sich mir nicht ganz, warum es soviele Leute gibt, welche der Zunge der Hauptarbeit bescheinigen, wo es doch doch irgendwie wesentlich logischer erscheint, dass die Arbeit/Vibration an der Lippe bzw bei der Lippenöffnung geschieht und dort die Kontrolle über die verschiedensten Parameter des Trompeten Spiels passiert. Selbst der große Adam Rapa spricht ständig von der Zunge, obwohl man bei seinem bereits hier in einem anderem Thread verlinkten Lehrvideo sehen kann, dass er beim highnoten die Oberlippe einrollt (und somit die Vibrationsfläche und die Lippenöffnung verändert) und auch die Wangenmuskulatur arbeitet.

Ich kann mir das nur so erklären, dass bei vielen - auch erfolgreichen - Trompetern halt die Zunge das einzige ist, dass sie bewusst steuern. Die machen halt unterbewusst und intuitiv viel hinsichtlich der Kontrolle der Lippenöffnung richtig.

Ich glaube bezüglich Zunge auch ein wenig an nen Placeboeffekt: Die Zunge ist der bewegluchste Muskel im menschlichen Körper. Dadurch, dass man sie bewusst auf verschiedenste Arten bewegen kann, meinen manche einen großen Effekt mit der Zunge auf ihr Trompeten Spiel zu erzielen. Weil sie halt hinsichtlich Lippenöffnung das dieses Gespür/Gefühl oder Beweglichkeit nicht wahrnehmen. Wenn man das intuitiv richtig macht wird man wohl auch nie einen Gedanken daran verschwenden.

Nicht falsch verstehen: Die Zunge kann die Tonhöhegestaltung erleichtern & unterstützen (Resonanzraumvergrößerung bzw. Verkleinerung), jedoch wird die Hauptarbeit bzw. Vibrationsgeschwindigkeit stets an der engsten Stelle des Luftflusses verrichtet und das ist nunmal die Lippenöffnung. Daher ist die Zunge für mich im besten Fall ein unterstützendes Ventil in der Tonhöhengestaltung, ja, aber nie der Hauptakteure. Zumindest würde eine größere Rolle der Zunge bei der Tonhöheregulierung nach meinem physikalischen Verständnis keinen Sinn machen.

MfG
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Re: Zunge beeinflusst Tonhöhe. Wirklich? Und wie?

Beitrag von Singvögelchen »

Wie unsere Nicknames verraten, kommen wir beide aus den gegensätzlichsten Stilrichtungen. Es ist okay, dass wir bei grundverschiedenem Repertoire zentrale Dinge verschieden wahrnehmen bzw. interpretieren.
Meine "Erkenntnis" (uralt in Wirklichkeit) ist eben, dass die Lippenöffnung nicht vollständig öffnet und schließt, sondern nur die äußerste gut gespannte Hautmembran die Schwingung ins Instrument weiterleitet, dann wird es nämlich zur "Polsterpfeife". Wer allerdings mit den Bildern vom kochenden Wassertopf mit klapperndem Deckel versucht, sich die Lippenschwingung vorzustellen, der hat halt einen extrem anstrengenden Weg vor sich. Es geht deutlich leichter und klingt halt auch viel schöner mit weniger Druck auf dem Kessel.
Liebe Grüße vom Singvögelchen!


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