Kieferfehlstellung

Ansatzfragen, Welche Methode ist die beste,
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paco de colonia
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Kieferfehlstellung

Beitrag von paco de colonia »

Hallo,

ich habe von Geburt an einen Deckbiss + Überbiss.
Die obere Zahnreihe steht einige Millimeter hinter der unteren Zahnreihe.
Noch stärker als auf dem Bild "Tiefbiss" auf dieser Seite:
https://www.kieferorthopaedie-my-smile. ... lungen.php
Seit einem Unfall sind zusätzlich trotz 10 Jahre Klammertragen einige Zähne in Schiefstellung.

Mir fällt es sowohl bei Longtones als auch bei Etüden und Jazzstandards oft schwer, über das gesamte Register
einen gleichmäßig befriedigenden Klang zu erzeugen.
Für ein paar Tage hab ich versucht, den Unterkiefer nach vorne zu ziehen um beide Zahnreihen übereinander zu
bringen aber ein kleiner Erfolg steht einem großen Fremdheitsgefühl im Kieferbereich gegenüber.
Auch habe ich das Gefühl, das ich durch die Kieferfehlstellung meine Lippen sehr unterschiedlich belaste und
damit Ermüdungserscheinungen schneller als bei anderen Trötern auftauchen.

Bei der Recherche bin ich in diesem Forum auf einen Beitrag von 2009 gestoßen ( Unterkiefer nach vorn + Lippenspannung verbessern),
in dem allerdings sehr kontrovers über die richtige Methode diskutiert wurde.
Sind Euch jetzt, also 10 Jahre nach diesem Thread neue, bessere Herangehensweisen bekannt?

Viele Grüße aus Köln
Paco
blechfan
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Re: Kieferfehlstellung

Beitrag von blechfan »

paco de colonia hat geschrieben: Dienstag 27. August 2019, 16:42 ich habe von Geburt an einen Deckbiss + Überbiss.
Die obere Zahnreihe steht einige Millimeter hinter der unteren Zahnreihe.
Das ist ein Widerspruch in sich: Entweder Deckbiss, dann stehen die Oberkieferzähne vor den UK-Zähnen, oder die unteren Zähne stehen vor den oberen, dann ist es kein Deckbiss. :Hä:
MfG blechfan
paco de colonia
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Re: Kieferfehlstellung

Beitrag von paco de colonia »

Sorry, es muss natürlich heißen: die obere Zahnreihe steht einige Millimeter VOR der unteren Zahnreihe.
doc_trumpet
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Re: Kieferfehlstellung

Beitrag von doc_trumpet »

Da hast du doch m.E. eine völlig "normale" Kierfernstellung :-) Ich habe genau die gleiche Position ( obere Zahnreihe steht etwas vor der unteren ), spiele seit über 40 Jahren Trompete - es geht ganz gut. Ich habe nie darüber nachgedacht, daß ich an meiner Kiefersstellung " rumdoktern" sollte.
Nicht irre machen lassen und besonnen weiterüben :-)
Grüße
GT-Karl
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Re: Kieferfehlstellung

Beitrag von GT-Karl »

Hallo Paco,

die allermeisten Menschen haben wohl , in verschiedener Form und Ausprägung, einen Unterbiss! Das scheint also grundsätzlich für das Trompetespielen kein Problem zu sein! Man muss halt irgendwie den Unterkiefer und damit die Zähne in eine Position bringen, die es erlaubt, dass der Luftstrom auf die Lippen treffen kann und sie zum Schwingen bringt. Dazu sollten die Zahnreihen geöffnet sein und sich der Lippenspalt innerhalb dieser Öffnung befinden. Ich denke soweit sind sich alle Methoden einig, so sehr sich die Protagonisten auch sonst gerne in die Haare bekommen!

Auch ich habe einen starken Überbiss in Ruheposition (wenn auch keinen Deckbiss) und zusätzlich, auch durch einen Unfall, eine Fehlstellung des oberen linken Schneidezahns , ich habe bis vor einiger Zeit mit aus dieser Ruheposition geöffnetem Unterkiefer, also das Kinn nicht vorgeschoben, gespielt. Das führte bei mir wohl zu einem breiten "Überlappen" von Ober-und Unterlippe, um einen Ton zu erzeugen musste ich sehr viel Kraft aufwenden, leise spielen war sehr schwierig und bei höheren Tönen fast unmöglich! Mir war das Problem nicht wirklich bewusst, hatte ja immer so gespielt, bis ich von einem befreundeten Trompeter vor einen Spiegel geführt wurde.....!

Lange Rede kurzer Sinn, mit deutlich vorgeschobenem und fixiertem Kinn waren die meisten Probleme erledigt, dafür taten sich natürlich Neue auf! Durch die jetzt eher linienhafte Berührung der Lippen ist offensichtlich viel weniger Energie nötig um den Ton ansprechen zu lassen, damit sind die Mechanismen zur Kontrolle plötzlich fast unbrauchbar geworden, mein Freund meinte: "ab jetzt fährst du mit Servolenkung, da muss man nicht mehr so am Lenkrad reissen!" Offensichtlich verteilt sich auch der Mundstückdruck besser auf Ober und Unterlippe und ich spiele insgesamt mit viel weniger Druck (wenn ich dran denke).Jetzt geht es auch hoch und leise, an der Kontrolle arbeite ich noch....! Bei mir war das also eher eine Ansatzveränderung als eine Umstellung.

Und ja, ich kann gut verstehen wenn dir das Spielen mit vorgeschobenem Kinn ein extrem ungewohntes und unangenehmes Gefühl erzeugt! Das war bei mir auch so und es gibt wohl auch Menschen, die den Unterkiefer nicht richtig vorschieben können oder ihn nicht in dieser Position fixieren können, aber den Versuch ist es wert! Wenn du dich daran gewöhnen kannst, könnte es dir helfen, da hilft nur Probieren. In der Stevens-Costello Methode (bei der ein weit vorgeschobener Unterkiefer ein zentraler Punkt ist) gibt es z.B ein Übung um die entsprechenden Muskeln für diese Unterkieferstellung zu trainieren (findet man im Netz, einfach mal googlen).

Einen positiven Aspekt hat das Vorschieben des Unterkiefers ausserdem, der Atemweg wird weiter geöffnet, ähnlich wie beim Gähnen!

Gruß

Karl
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Cavaillé
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Re: Kieferfehlstellung

Beitrag von Cavaillé »

GT-Karl hat geschrieben: Mittwoch 28. August 2019, 11:26 Man muss halt irgendwie den Unterkiefer und damit die Zähne in eine Position bringen, die es erlaubt, dass der Luftstrom auf die Lippen treffen kann und sie zum Schwingen bringt.
GT-Karl hat geschrieben: Mittwoch 28. August 2019, 11:26 Das führte bei mir wohl zu einem breiten "Überlappen" von Ober-und Unterlippe, um einen Ton zu erzeugen musste ich sehr viel Kraft aufwenden, leise spielen war sehr schwierig und bei höheren Tönen fast unmöglich!
GT-Karl hat geschrieben: Mittwoch 28. August 2019, 11:26 "ab jetzt fährst du mit Servolenkung, da muss man nicht mehr so am Lenkrad reissen!" Offensichtlich verteilt sich auch der Mundstückdruck besser auf Ober und Unterlippe und ich spiele insgesamt mit viel weniger Druck (wenn ich dran denke).Jetzt geht es auch hoch und leise, an der Kontrolle arbeite ich noch....! Bei mir war das also eher eine Ansatzveränderung als eine Umstellung.
Karl. danke für diesen genialen Post, kann ich alles voll unterschreiben :gut:
Es scheint nur unterschiedlich schwierig zu sein, auf den "richtigen" Weg dahin zu kommen. Bei mir hat geholfen:
1.) Workshop bei Rüdiger Baldauf, der mir eine "closed setup" Stellung erklärt hat: Tonerzeugung mit aufeinanderliegenden (nicht gepressten) Frontzähnen (oben und unten), habe dann bei ähnlicher Bissstellung auch Töne mit noch weiter vorgeschobenem Unterkiefer (untere Frontzähne vor die oberen) erzeugt, dann angefangen leicht zu öffnen und "whisper tones" Cat Anderson geübt. M.E. ist die Kiefer-/Zahnstellung dann ausreichend und richtig, wenn ein Lufthauch die Lippen schon zum Schwingen bringt. Das Kinn sollte nie aktiv so weit nach vorne geschoben werden, dass es zu Gelenkschmerzen oder großen Spannungen im TMS Gelenk führt.
2.) Sobald die Zähne leicht geöffnet werden können und der Ton anspricht, kommt die Zunge ins Spiel, an die unteren Schneidezähne und den Luftkanal so eng wie bei dem katalanischen Lispel C (wie in Curacao, oder Barcelona).
3.) Sehr gut für die Zungenposition und die Luft ist auch Flatterzunge (weit vorne flattern) Übungen z.B. in "shape up" von Frits Damrow.
4.) Als begeisterter Anhänger der Alexandertechnik verweise ich auf eine Procedure mit dem Namen "whispered ah" (bitte in Suchmaschine eingeben), die fasst Kinn und Zunge sehr gut zusammen. In diesem Rahmen ganz wichtig ist es die Füße insgesamt am Boden zu lassen, die Wirbelsäule zu längen und mit langem aufrechten Hals zu spielen, nie den Kopf einziehen und den Hals damit verkürzen.
Es dauert einige Zeit, aber die Servolenkung ist ein so wunderbares Erlebnis, dass es auf jeden Fall den Weg dahin lohnt.

Viel Erfolg, Thomas
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Re: Kieferfehlstellung

Beitrag von Cornbread »

Hallo Paco,

mir hat es geholfen, das vorgeschobene Kinn mit ganz viel Geduld anzugehen.

Bei etwas tieferen Tönen und Pedaltönen nimmt man ja manchmal den Becher vorne etwas höher, um die Töne zu erzeugen. Diese Haltung mit dem hohen Becher kann man dann nach und nach versuchen, auf das höhere Register zu übertragen.

Das ist aber bei mir auch noch in der Entwicklung, fühlt sich aber prima an.

Unten in dem Video von John Daniel ist genau das ab Minute 6 beschrieben. Vielleicht hilft es Dir ein wenig weiter.

Gruß, Cornbreadhttps://youtu.be/9PTOdFTFlys
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Re: Kieferfehlstellung

Beitrag von ttrumpett »

"die allermeisten Menschen haben wohl , in verschiedener Form und Ausprägung, einen Unterbiss"

Tut mir leid Karl,
aber das stimmt leider überhaupt nicht.
Der normale Biss ist der leichte Überbiss der oberen über die unteren (Front) Zähne!
Sind die unteren noch weiter nach hinten gerückt ist das dann ein tiefer Biss....
Der Fachmann spricht nicht von Über/Unterbiss sondern von Progenie/Prognathie!
Grüsse
blechfan
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Re: Kieferfehlstellung

Beitrag von blechfan »

ttrumpett hat geschrieben: Dienstag 5. November 2019, 13:56 Der normale Biss ist der leichte Überbiss der oberen über die unteren (Front) Zähne!
Das ist richtig!
ttrumpett hat geschrieben: Dienstag 5. November 2019, 13:56 Sind die unteren noch weiter nach hinten gerückt, ist das dann ein tiefer Biss....
Nein, das wäre dann ein Rückbiss = Distalbiss (was noch nichts darüber aussagt, wodurch dieser hervorgerufen ist).
Von einem Tiefbiss spricht man, wenn die oberen Frontzähne weiter als beim Normalbiss nach unten reichen und die unteren Frontzähne mehr oder weniger bedecken, wodurch diese bei normalem Zusammenbeissen wenig bis fast nicht sichtbar sind.
Sind die oberen Schneidezähne zusätzlich nach innen gekippt, spricht man von einem Deckbiss.
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Re: Kieferfehlstellung

Beitrag von GT-Karl »

Stimmt, das habe ich verwechselt, Überbiss wäre richtig gewesen! Ihr seht im zweiten Abschnitt meines posts, dass ich schrieb: " auch ich habe einen starken Überbiss in Ruheposition ", damit zählte ich mich zur Mehrheit......freudsche Fehlleistung! Sorry!

Gruß

Karl
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Re: Kieferfehlstellung

Beitrag von paco de colonia »

Ich hatte letzte Woche die Möglichkeit, für ein paar Minuten auf einem Wedge-Mundstück (C. Findley ms A 10) zu spielen.
Also die Version, bei der der untere "Wulst" des Mundstücks um 10Grad nach vorne/oben geneigt ist.
So, wie hier auf dem 2. Bild von oben zu sehen ist: https://www.wedgemouthpiece.com/mouthpieces/trumpet/
Das laut Hersteller extra für einen "over bite" entgegenkommen. Und tatsächlich kam ich mit diesem Mundstück sehr
schnell zurecht, es fühlte sich ein bißchen wie "nach Hause kommen" an.

Da ich aber nur sehr kurz darauf spielen konnte, bin ich mir sehr unsicher ob das mp auch für mich auf Dauer funktioniert.
Hat jemand von Euch schonmal Erfahrungen damit machen können?

Grüße aus Köln
Paco
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