lyrisches Spiel vs technisches Üben

Ansatzfragen, Welche Methode ist die beste,
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shakuhachi
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lyrisches Spiel vs technisches Üben

Beitrag von shakuhachi »

Ich habe gerade folgenden, interessanten thread im TH Forum entdeckt:

TH Thread Umfrage "lyrical playing"

http://www.trumpetherald.com/forum/view ... 720feb7e85
Es geht dort um die Frage, ob lyrisches Trompetenspiel insgesamt schneller den Ansatz ermüdet als konventionelle,technische Etüden beim Üben.

Der Thread Begründer führt als Beispiel der schnelleren Erschöpfung Balladen wie "Someone to watch over me" oder Allen Vizutti's "Cascades" an.
Als ich den Thread besuchte gab es 13 Voten und immerhin bisher fast 80 % bestätigen den Sachverhalt.

Ich selbst habe seit geraumer Zeit technische Übungen (Arban etc.) völlig aus meinem Programm entfernt und spiele nur noch lyrische Stücke:
es bereitet mir deutlich mehr Freude und die Ausdauer ist auch deutlich besser geworden.

Ich will das jetzt hier nicht zum Prinzip erheben, aber es ist doch eigentlich erschütternd, dass technische Übungen bei einem lyrischen Entwicklungsziel insgesamt so wenig bringen.

Ich hatte bereits früher gepostet, dass meine persönlichen Anstrengungen, die Trumpete "in den Griff" zu bekommen, sich zunächst zu einseitig (wie ich heute weiss) auf die Entwicklung von Technik (Höhe, Ausdauer) konzentrierte, weil mir eigentlich aber der Sinn nach Balladen stand und ich es bereits bei Stücken wie "I remember Clifford" amfangs nie ganz durch das Stück schaffte, ohne Pausen dazwischen einzulegen. So ein Jazz Standard bietet schon mal i.d.R. 32 Takte, bewegt
sich oft oberhalb des Notensystems und hat öfters bei Balladen lange auszuhaltende Töne - vom anschließenden Improvisieren über das Thema mal ganz abgesehen. Also dachte ich folgerichtig analog zu einer guten Reha: man macht über eine gewisse Periode spezielle Übungen um die Kraft und Fähigkeit für das eigentliche Spielen zu entwickeln.

Beim normalen Üben wird i.d.R. empfohlen, einige Takte (ca. 30 Sekunden) zu spielen und die selbe Zeit zu pausieren. Kann das ggf. zu mangelnder
Ausdauer konditionieren, selbst wenn man systematisch diese Wechselperioden ausdehnt?

Wie schätzt Ihr das ein ein und auch folgendes:

Erschöpft gebundenes Spielen schneller als artikuliertes? Klassischer Weise stammt die Trompete ja vermutlich aus Tagen der militärischen Signalgebung (
also Priorität Artikulation)....mein Gefühl ist, das übermäßig artikulierte Spielweise eher Ermüdungen verdeckt/kompensiert.
buddy
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Re: lyrisches Spiel vs technisches Üben

Beitrag von buddy »

Cascades ist sicher anspruchsvoll, aber als Ballade würde ich es nicht bezeichnen.



Lyrische Etüden haben natürlich ihren Zweck, nämlich die musikalische Phrasierung in Verbindung mit bestimmten technischen Anforderungen auszubilden. Das liegt auf der Hand, man kann dazu aber auch bei Cichowicz nachlesen.
http://www.balquhiddermusic.com/brass-s ... dies-vol-1
http://www.balquhiddermusic.com/brass-s ... dies-vol-2

Mir gefallen in diesem Zusammenhang zwei Hefte von Frits Damrow besonders gut:Frits Damrow - Bel Canto und Frits Damrow - Vocalises



Bei vorzeitiger Ermüdung würde ich typische Fehler beim Üben und Spielen überprüfen, statt den Grund für ein individuelles Problem auf die Literatur zu schieben. Ich denke dabei an eine schlechte Ansatzmaske, fehlerhafte Atemtechnik, ungünstige Mundstückposition, überflüssigen Mundstückdruck, zuwenige kleine Pausen beim Üben und weiterüben bei deutlicher Ansatzermüdung. Möglicherweise sind auch die Stücke auch einfach zu schwer für den bisher vorhandenen Stand der Trompetenspieltechnik.
M.E. können sich wegen solcher (teilweise unbemerkt begangener) Fehler Kraft und Ausdauer nicht wie gewünscht entwickeln.
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duden
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Re: lyrisches Spiel vs technisches Üben

Beitrag von duden »

Etüden haben den Zweck, jeweils ein (technisches) Problem zu isolieren und dieses gesondert zu üben. Balladen zu üben würde dann m.E. dem entsprechen, was man ansonsten mit dem Aushalten von Tönen erreicht: Luftfluss kontrollieren, Zungenposition und Ansatzmaske bei Lagenwechseln, Bindungen über die Lagen, Tonqualität etc. - sozusagen Töne aushalten mit Musik. Das ist natürlich anstrengender, als 15 Mal eine chromatische Skala vom fis zum c zu spielen. Aber es hat dann (hoffentlich ) auch Effekt - z.B. Ausdauer. wenn man´s richtig macht. Dass der Arban eine ganze Abteilung in seiner Schule mit Volkslieder und Arien vollgemacht hat, ist jedenfalls kein Zufall.
I didn't try to be primitive, I just had bad microphones.
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