Enorme Probleme mit dem Lampenfieber

[inspired]

Im Prinzip unterliegt jemand mit Lampenfieber m. E. nichts anderem als den Effekten einer wirkungsvollen Selbsthypnose. Die durch Lampenfieber hervorgerufenen psychischen und physischen Beeinträchtigungen rühren letztlich daher, dass wir uns intensive bildliche Vorstellungen darüber machen, wie, warum, was, wie sehr bei einem Konzert schief laufen kann. Diese Art des "Tagträumens" und die Folgen auf die Psyche macht sich auch die (Selbst-)Hypnose zu nutze, nur dass die gezielte therapeutische Hypnose (Ob Selbst- opder Fremd-) zur Überwindung negativer Gefühle stattdessen mit positiven Bildern arbeitet.

Das ist echt garkeine so abwegige Ansicht. So hatte ich das bisher noch nicht betrachtet, danke.

[Dobs]

Ich meinte den Unterschied zwischen einer tiefgehenden Psychoanalyse im Freud´schen Sinn in Gegensatz zu einer Verhaltenstherapie, die ja - je nach behandeltem Symptom - auf eine Umkehrung, Neuprogrammierung erlernter Verhaltensweisen (Konditionierung) zielt. Wirkt natürlich auch auf die Psyche, aber anders (und weniger grundlegend) als eine Analyse.

OK, ob die Freudsche Psychoanalyse allerdings tatsächlich so tiefgehend wirkt und ob sie überhaupt wie behauptet wirkt ist zumindest seit Jahren umstritten.

http://www.nwzonline.de/hintergrund/zwi ... 13718.html
http://www.gwup.org/inhalte/66-themen/g ... choanalyse

[Bixel]

Dass es in einem Fall wie dem des Kollegen kornettist sinnvoll sein kann, die Anforderungs-Amplitude erst einmal zu senken, ist unbestritten. aber irgendwann musst du dann eben auch wieder raus aus dem, was du ohne Probleme spielen kannst, sonst geht´s ja nicht weiter. Diesen Mechanismus wollte ich anhand des mir aufgenötigten Solos beschrieben haben.

Okay, ich bitte um Entschuldigung für den Fall, dass ich dich missverstanden hatte.

Mir war spontan die unaufgeforderte Schilderung deiner eigenen "Verwegenheit" im Umgang mit kitzlig-heiklen Aufgaben als etwa so hilfreich erschienen wie die "Aufmunterung" "Stell' dich nicht so an!" gegenüber jemandem, der sich in einer handfesten Depression befindet.

[Haudraufjupp]

Heyhey,
trockenen Mund kriege ich immer bei Auftritten, dafuer habe ich immer eine Kunststoffflasche stilles Wasser auf der Buehne. Verringerte Ausdauer kenne ich auch, weil ich bei Auftritten immer mehr reinhalte als bei Proben und dabei vor Aufregung die Konzentration auf den korrekten Ansatz vernachlaessige. Bei den letzten zwei Gigs habe ich das ganz bewusst mal anders gemacht, sprich extra etwas leiser gespielt und mich ganz bewusst auf den Ansatz konzentriert und das hat schon einen riesen Unterschied gemacht. Ausserdem hilft natuerlich auch extra Ausdauer-training. Wenn man mit dem noetigen Selbstbewusstsein ins Konzert geht, weil man ja extra Ausdauer trainiert hat, geht das auch schon viel viel besser.

[orlando_furioso]

Ich habe viele Jahrzehnte unter schlimmem Lampenfieber gelitten und tue es heute nicht mehr – es ist eher das Gegenteil der Fall. Wie konnte das passieren?
Nun, irgendwann habe ich mich "einfach" mal gefragt: Warum tust du das eigentlich?

Und meine Antwort war:
1.) Weil es mir Spaß macht und
2.) weil ich gerne die Leute unterhalten möchte.

Dazu gesellte sich die folgende Erkenntnis:

- 90% der Zuhörer merken nicht wenn du einen Fehler machst
- 9% bemerken den Fehler, haben ihn aber spätestens beim nächsten Stück wieder vergessen
- 1% merken sich den Fehler nachhaltig, aber das sind selbst Trompeter (oder zumindest Musiker) und die Wissen wie schwer die Stelle war

So What! Gibt es irgend einen Grund sich selbst fertig zu machen? Natürlich bin ich vor einem Konzert angespannt, aber es ist doch mehr Vorfreude als Angst. Ich habe "einfach" irgendwann begonnen mich darauf zu freuen, das ich endlich wieder auf der Bühne stehen und Musik machen darf.

[Dobs]

Rational ist das ja alles richtig. Das Problem dürfte aber sein, dass diejenigen, die mit Lampenfieber kämpfen sehr wohl Spass am Trompete spielen haben, gerne Leute unterhalten und wissen, dass Fehler beim Publikum im Regelfall gar nicht ankommen, die Psyche aber trotzdem nicht mit spielt, weil unsere Verhalten nicht rational sondern emotional gesteuert ist.

[orlando_furioso]

... weil unsere Verhalten nicht rational sondern emotional gesteuert ist.

Zum Glück sind wir vorwiegend rational gesteuert - das macht den Menschen zum Menschen und unterscheidet ihn vom Tier!

[buddy]

Zum Glück sind wir vorwiegend rational gesteuert...

Die meisten Menschen fühlen sich mit dieser Annahme vermutlich besser.

Eine andere Meinung hat Wolfgang Prinz vom Max-Planck-Institut für psychologische Forschung in München: "Wir tun nicht, was wir wollen - wir wollen, was wir tun."
http://paedpsych.jk.uni-linz.ac.at/INTE ... ssten.html

[Dobs]

Zum Glück sind wir vorwiegend rational gesteuert - das macht den Menschen zum Menschen und unterscheidet ihn vom Tier!

Lampenfieber ist eben nicht rational.

[orlando_furioso]

"Wir tun nicht, was wir wollen - wir wollen, was wir tun."

Nun ja, das ist ja inzwischen hinreichend bekannt, hat aber IMHO nix mit der Frage zu tun ob wir emotional oder rational gesteuert sind. Auch ein unbewusster Prozeß kann hochgradig rational geführt sein.

Lampenfieber ist eben nicht rational.

Liebe und Haß sind auch nicht rational sondern haben eine emotionale Grundlage – trotzdem können wir sie (zum Glück) rational stark beeinflussen. Könnten wir das nicht wären wir schon alle tot und von Atombomben zerschmolzen. Und auch das Gefühl der Liebe verändert sich in einer Beziehung auf die Dauer – von der ersten Anziehung hin zu einem bewussten "ich WILL dich lieben". Und diese rationale Entscheidung verändert dann auch wieder die emotionale Seite.

So gesehen: wenn ich mich bewußt entscheide, die Mucke auf der Bühne gegen jedes gegenteilige Gefühl ge!l zu finden und sie zu lieben – dann zieht irgendwann auch mein "emotionales ich" nach.

[Bixel]

Ich habe viele Jahrzehnte unter schlimmem Lampenfieber gelitten und tue es heute nicht mehr – es ist eher das Gegenteil der Fall. Wie konnte das passieren?
Nun, irgendwann habe ich mich "einfach" mal gefragt: Warum tust du das eigentlich?

Und meine Antwort war:
1.) Weil es mir Spaß macht und
2.) weil ich gerne die Leute unterhalten möchte.

Dazu gesellte sich die folgende Erkenntnis:

- 90% der Zuhörer merken nicht wenn du einen Fehler machst
- 9% bemerken den Fehler, haben ihn aber spätestens beim nächsten Stück wieder vergessen
- 1% merken sich den Fehler nachhaltig, aber das sind selbst Trompeter (oder zumindest Musiker) und die Wissen wie schwer die Stelle war

So What! Gibt es irgend einen Grund sich selbst fertig zu machen? Natürlich bin ich vor einem Konzert angespannt, aber es ist doch mehr Vorfreude als Angst. Ich habe "einfach" irgendwann begonnen mich darauf zu freuen, das ich endlich wieder auf der Bühne stehen und Musik machen darf.

Die Lösung ist ebenso simpel wie genial - darauf 'ne Lüttje Lage!
Ich bin gespannt auf die Rückmeldungen einsichtiger Betroffener.

[orlando_furioso]

Hebt der Smiley da den rechten Arm – na zum Glück winkt er ...

[buddy]

Auch ein unbewusster Prozeß kann hochgradig rational geführt sein.

Da verstehst Du unter "ratio" wohl etwas anderes als üblich, macht ja nichts.
https://de.wikipedia.org/wiki/Rationalit%C3%A4t

[orlando_furioso]

Auch ein unbewusster Prozeß kann hochgradig rational geführt sein.

Da verstehst Du unter "ratio" wohl etwas anderes als üblich, macht ja nichts.
https://de.wikipedia.org/wiki/Rationalit%C3%A4t

Mitnichten! Wer sagt denn, das die Anwendung einer Ursache-Wirkung-Verkettung, die Bewertung nach Vernunftsgründen oder die Begründung einer Entscheidung nach vorgegebenen Regeln UNBEDINGT auf der Bewußtseinsebene ausgeführt werden müssen. Das Bewußtsein ist nach den Erkenntnissen von Prinz einfach eine weitere "zusätzliche" Instanz, die unser Gehirn am Ende einer Entscheidungskette einschaltet – quasi nur noch "informiert". Die unbewusst getroffenen Entscheidung wird von emotionalen und rationalen Faktoren beeinflusst, wobei IMHO den Menschen zum Menschen macht das nur bei ihm sich Emotion und Vernunft wechselseitig beeinflussen. Das kann selbst unser nächster Verwandter (der Menschenaffe) nicht. Denn Vernunft besitzt einzig der Mensch. Tiere haben Intelligenz und Verstand, aber keine Vernunft.

[Bixel]

Vernunft besitzt einzig der Mensch.

Aber nicht jedes Exemplar lässt es sich anmerken.