Enorme Probleme mit dem Lampenfieber

Ansatzfragen, Welche Methode ist die beste,
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kornettist
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Enorme Probleme mit dem Lampenfieber

Beitrag von kornettist »

Moin!

Ich muss hier im Forum mal meine Probleme zum Thema Lampenfieber schildern.

Spiele schon seit fast 20 Jahren Trompete, überwiegend im klassischen Bereich. Jedoch habe ich immer an Konzerten wahnsinnige Probleme mit dem Lampenfieber.
Früher war es so, dass ich zwar aufgeregt war, aber spätestens nachdem man den ersten Ton im Konzert gespielt hat, war alle Aufregung spontan weg und ich konnte das Konzert in vollen Zügen genießen.

Allerdings wurde es mit der Zeit so schlimm, dass ich teilweise absolutes Herzrasen bekomme, wenn ich ein Konzert spiele. Selbst wenn ich als 2. Trompete irgendwo sitze und keine schwierigen Solostellen spielen muss. Die Generalprobe ohne Publikum klappt immer wunderbar, aber sobald ich vor dem Publikum auf der Bühne sitze, bekomme ich total trockene Lippen, meine Kondition versagt komplett und ich kann nur beten, dass das Konzert pannenfrei über die Bühne geht.

Habe es schon einmal mit Bachblütentropfen versucht, leider ohne Besserung. Ebenso der Tipp (habe ich irgendwo mal gelesen), einen Traubenzucker direkt vor dem Konzert zu essen (verhindert angeblich das Austrocknen des Mundes), bringt nichts.

Nun steht in ein paar Wochen ein Konzert an, in dem ich eine wirklich heikle Solostelle als 1. Trompeter spielen muss. Ich kann das Solo in den Proben bisher fehlerfrei spielen, aber ich kann garantieren, dass im Konzert alles anders aussieht.

Was würdet ihr mir raten? Soll ich mal zum Psychologen gehen und mir vielleicht irgendwelche Medikamente verschreiben lassen?

An fehlender Routine kann es bei mir nicht liegen, ich habe schon so viele Konzerte hinter mir aber habe das Gefühl, dass das Lampenfieber immer schlimmer wird. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich nun zu den „alten Hasen“ gehöre und ich einen so hohen Perfektionsanspruch an mich stelle. Jetzt bin ich halt nicht mehr der „kleine, 13-jährige Trompeter“, dem ein Fehler doch mal verziehen wird.

Ich weiß zwar, dass selbst Profimusikern auch nicht immer alles perfekt gelingt, kenne selbst Berufsmusiker, die mal die eine oder andere schwierige Stelle versemmelt haben, aber irgendwie bin ich gerade etwas hilflos, wie ich das bekämpfen kann.

Also, was würdet ihr mir raten?

Liebe Grüße
kornettist
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lurchi
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Re: Enorme Probleme mit dem Lampenfieber

Beitrag von lurchi »

Das Thema Lampenfieber hatten wir schon ein paar Mal. Einfach in der Suche Lampenfieber eingeben.

Bei so einer verfestigten "Angstspirale" wie bei dir würde ich doch zum Psychologen raten. so extrem kenne ich es nur von solistisch und dann noch möglichst in einer Kirche. Da geht bei mir gar nix mehr. Aber im Bigband Bereich habe ich das inzwischen ganz gut im Griff.
Es gibt Mediziner die in einem Fall wie deinem Betablocker verschreiben. Andere lehnen das kategorisch ab und meinen man müsse das mental in den Griff bekommen, ohne chemische Hilfe.
Wichtig ist ein positives Feedback in Gang zu setzen, die negativen Erfahrungen durch positive überschreiben.

Außerdem würde ich an deiner Stelle mit deinen Bandkollegen reden, dass du die Solostelle dir nicht zutraust, wegen Lampenfiebers. Nimm den Druck raus. Wenn kein Anderer übernehmen kann und du ranmusst dann wissen die Anderen dass sie sich darauf einstellen müssen dass du ZENSIERT!, und das hilft dir wieder etwas Druck wegzunehmen. Sind selber schuld wenn es schief geht.
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Re: Enorme Probleme mit dem Lampenfieber

Beitrag von Blind Wolf »

Hi Kornettist,
ich kann dir nicht wirklich raten, schreibe dir aber trotzdem mal. Ich feiere in diesem Jahr bzw. habe gerade mein 50jähriges Bühnenjubiläum und sage dir, das Lampfenfieber hört nie auf. Ist normal und auch OK, weil es den Körper zunächst mal fit und wach macht für die bevorstehende Aufgabe. So wie du es schilderst, geht das zumindest nach deinem Gefühl über das Normalmaß hinaus. Zunächst mal: kein Alkohol oder sonstige Drogen, auch von Betablockern und ähnlichem ist abzuraten. Meistens bewirken sie nur, dass du zwar Fehler machst, dich aber nicht mehr drüber aufregst. Bei Alkohol und sonstigen sog. Drogen glaubst du zwar selber, ganz toll zu spielen, die Kollegen und das Publikum sind aber gelegentlich gegenteiliger Meinung.
Bachblütentropfen und Homöopathie magst du wegen des Placebo-Effektes ausprobieren, die Wirkung dürfte zweifelhaft sein. Aber ruhig mal testen.
Auch beruhigende Atemübungen und Autogenes Training können hilfreich sein.
Bliebe noch der Gang zum Psychotherapeuten, bitte nicht mit dem Psychiater verwechseln. Der Psychiater ist ein Arzt, und der wird dir Medikamente verschreiben. Ein Psychotherapeut verwendet grundsätzlich keine Medikamente, sondern arbeitet mit psychotherapeutischen Mitteln, das heißt, er hört zu und spricht. Eine Psychotherapie ist in der Regel ein längerer Prozess, geh mal von 1 Jahr aus, könnte aber im Einzelfall auch deutlich länger oder kürzer sein.
Hör auf, gegen das Lampenfieber anzukämpfen. Grundsätzlich ist Lampenfieber dein Freund. OK, er meint es manchmal zu gut mit dir, dann sag ihm, es wäre jetzt genug, dankeschön. Schwierigen Passagen bei Konzerten auszuweichen ist der falsche Weg. Konfrontiere dich. Übernimm die Verantwortung, und wenn du scheiterst, übernimm auch dafür die Verantwortung.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass mir Fehler passieren bei Stücken, die weder schwierig noch neu sind, andere Sachen funktionieren, obwohl sie schwierig und neu sind. Und umgekehrt. Man weiß es nie im Voraus. Ein Konzert geben ist immer in vielerlei Hinsicht ein Abenteuer. Ich liebe Abenteuer, und Kratzer im Dschungel abkriegen, das ist normal.
Grüße von Wolf
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inspired
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Re: Enorme Probleme mit dem Lampenfieber

Beitrag von inspired »

So etwas in der Art habe ich vor einer Weile bei Bekannten mitbekommen. Da ging es aber um ganz normale, körperliche Anstrenung.
Beim Sport mal umgekippt...dann mal beim Schwimmen, gleich 2 mal. Und langsam aber sicher hat sich das immer weiter gesteigert,
bis allein schon der Gedanke an Körperliche Anstrengung massivstes Herzrasen ausgelöst hat, inkl. Panikattacke.
Und ganz egal ob nur Treppen laufen, Musik oder richtig Sport machen, da ging garnichts mehr. Es kam sofort der Totalausfall.
Ärzte habe nichts finden können, was irgendwie mit Herz/Kreislauf zusammenhängt. So wie es im nachhinein aussieht war das einfach vegetativ, eine Kopfsache.
Irgendwann kam der Punkt an der man an Psychiater und/oder Psychotherapeut gedacht hat.
Der eine will einem Glücklichmacherpillen geben, der andere wahrscheinlich über eine lange Zeitspanne sehr viel reden.
(z.B. gerade Betablocker oder andere solcher Medis würde ich niemals einfach nehmen, außer es geht einfach nicht anders!)

Lange Rede, kurzer Sinn:
Was am Ende geholfen hat (und zwar mit sehr großem Erfolg), war eine Empfehlung aus dem Freundeskreis.
Ein Mediziner abseits der uns bekannten Schulmdeizin. Er macht ausschließlich alternative bzw. traditionell chinesische Medizin.
War auch wohl über längere Zeit im Ausland um dort zu lernen usw.
Wie mir erzählt wurde bestand die Behandlung dann grob aus medizinisch eingesetzten Tiergiften, Tee aus verschiedenen Kräutern und einer Hypnose Sitzung.
Genau so schnell, wie das Phänomen kam, ist es mit der Behandlung wieder verschwunden. War wirklich erstaunlich mit an zu sehen.
Seither ist nun alles wieder völlig normal.

Das Problem an solchen, alternativen Medizinern ist aber, dass es m.M.n. leider sehr viele Flachpfeiffen gibt.
(Achso, und die Krankenkasse hat daran halt nichts bezahlt. Dafür gabs dann eine Zusatzversicherung, welche immerhin ein gewisses Kontigent an jährlichen Kosten abdeckt.)
Aber nach der Geschichte, finde ich, dass es einen Blick über den Tellerrand wert sein kann.
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carsten37
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Re: Enorme Probleme mit dem Lampenfieber

Beitrag von carsten37 »

Vielleicht würde es einfach mal helfen, dem Lampenfieber bewußt und gezielt, in den Ar... zu treten- sinngemäß durch den Rücken in die Brust.

Ich würde einfach mal die Solostelle mit Absicht in der Probe richtig verhauen, danach drüber lachen und bewußt mit dem Gedanken weiterleben, das es so schlimm wie eben gespielt nie wieder passieren würde/kann.

Schöne Grüße ..... :)

Carsten
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Re: Enorme Probleme mit dem Lampenfieber

Beitrag von Singvögelchen »

Ich kenne eine Reihe von Kollegen, die ohne Medikamente nicht spielen können, nie eine Stelle bekommen hätten und nun lebenslang unter Druck stehen. Die einzigen, die damit halbwegs gut umgehen können, sind die, die es unter ärztlicher Aufsicht tun. Doping lässt grüßen. Selbstmedikationen sind gefährlich.

Es ist ein Tabuthema, gute Infos dazu gibt es wenige. Entspannungstechniken funktionieren halt auch nur, wenn man sie eigentlich nicht braucht...im Vollstress einen auf ruhig machen ist zuviel verlangt. :?
Liebe Grüße vom Singvögelchen!


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Bixel
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Re: Enorme Probleme mit dem Lampenfieber

Beitrag von Bixel »

kornettist hat geschrieben:Die Generalprobe ohne Publikum klappt immer wunderbar, aber sobald ich vor dem Publikum auf der Bühne sitze, bekomme ich total trockene Lippen, meine Kondition versagt komplett und ich kann nur beten, dass das Konzert pannenfrei über die Bühne geht.
Dass beim Üben und Proben schwierigere Aufgaben gelingen als bei Konzerten, dürfte jeder kennen, der sich trompetend betätigt.

Kommen denn "Pannen" tatsächlich häufig vor? Oder wirst du den Anforderungen trotz Herzrasens etc. in aller Regel gerecht, und du fühlst dich lediglich schlecht dabei (und davor)?
kornettist hat geschrieben:Nun steht in ein paar Wochen ein Konzert an, in dem ich eine wirklich heikle Solostelle als 1. Trompeter spielen muss. Ich kann das Solo in den Proben bisher fehlerfrei spielen, aber ich kann garantieren, dass im Konzert alles anders aussieht.
Ich würde mich an deiner Stelle keiner Aufgabe stellen wollen, bei der ich im Vorhinein fest mit meinem Scheitern rechnete.
Damit fügtest du nur der von dir beschriebenen langjährigen Abwärtsspirale m.E. sehenden Auges eine weitere "Windung" zu.

Das beim Trompetenspiel unerlässliche Mindestmaß an Selbstvertrauen gewinnt und mehrt man durch Üben und durch wiederkehrende positive Bühnenerfahrungen, sodass - über die Zeit - kontinuierlich anspruchsvollere Aufgaben erfolgreich angegangen werden können.

Stress durch als unerfüllbar erscheinende (eigene und/oder fremde) Erwartungen wirkt sich hinderlich auf die Atmung aus.
Vor allem die Einatmung wird klassischerweise behindert durch einen erhöhten (Stress-)Tonus der Rumpfmuskulatur.
In der Folge gerät dann das gesamte Blassystem aus den Fugen, weil die gewohnte Balance (Atmung <-> Luftführung <-> Lippenöffnung <-> Mundstückanpressdruck) verloren geht.

Von medikamentösem Doping wie auch "therapeutischem" Alkoholgenuss würde ich abraten wollen, zumindest sofern das Trompetenspiel nicht dem Broterwerb dient.
Amateure sollten sich m.E. ihr Betätigungsfeld so wählen, dass sie sich ganz überwiegend innerhalb ihres trompeterischen "Komfortbereichs" bewegen.
Ein allzu "sportlicher" (Selbst-)Anspruch tut der Musik selten gut; dafür gibt es Sportplätze.

Psychotherapeutische Konsultationen sind - ein fähiges Gegenüber vorausgesetzt - m.E. nie verkehrt, sei es aus konkretem Anlass oder auch "nur", um die eigene Persönlichkeit zu vervollständigen.

:roll:
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Re: Enorme Probleme mit dem Lampenfieber

Beitrag von duden »

Bixel hat geschrieben:
kornettist hat geschrieben:Nun steht in ein paar Wochen ein Konzert an, in dem ich eine wirklich heikle Solostelle als 1. Trompeter spielen muss. Ich kann das Solo in den Proben bisher fehlerfrei spielen, aber ich kann garantieren, dass im Konzert alles anders aussieht.
Ich würde mich an deiner Stelle keiner Aufgabe stellen wollen, bei der ich im Vorhinein fest mit meinem Scheitern rechnete.
Damit fügtest du nur der von dir beschriebenen langjährigen Abwärtsspirale m.E. sehenden Auges eine weitere "Windung" zu.
Das würde ja gegen jede Weiterentwicklung sprechen, wenn ich immer nur das spiele, was ich eh schon kann. Ich halt´s da eher mit dem Motto: Wo die Angst ist, geht´s lang. Mir ist in meiner Band grad ein Solo aufgedrückt worden (Transkripition eines nicht ganz unbekannten Originals), ich hab´s geübt bis zum Abwinken, aber so ganz 100prozentig hab ich es noch nicht drauf. Trotzdem hat der Chef nach der letzten Probe gesagt: Ok, ab jetzt spielst du das. Beim nächsten Auftritt fehlten, may be, fünf Prozent (was das Publikum in seiner Mehrheit wahrscheinlich nicht bemerkt hat), aber ich weiß jetzt, dass ich´s kann und ohne große Katastrophe durchkomm. Und dass es von nun an immer besser werden wird. Dafür haben sich Angst und Aufregung zuvor gelohnt.

Bixel hat geschrieben:Psychotherapeutische Konsultationen sind - ein fähiges Gegenüber vorausgesetzt - m.E. nie verkehrt, sei es aus konkretem Anlass oder auch "nur", um die eigene Persönlichkeit zu vervollständigen.

:roll:
Ich denke, dass eine komplette Psychotherapie (die nicht ein Jahr dauert, sondern eher fünf bis sechs) in diesem Fall übertherapiert wäre. Eher würde ich an gewisse Formen von Verhaltenstherapien denken, wie sie zum Beispiel auch gegen Flugangst angeboten werden.
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Dobs
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Re: Enorme Probleme mit dem Lampenfieber

Beitrag von Dobs »

duden hat geschrieben:Ich denke, dass eine komplette Psychotherapie (die nicht ein Jahr dauert, sondern eher fünf bis sechs) in diesem Fall übertherapiert wäre. Eher würde ich an gewisse Formen von Verhaltenstherapien denken, wie sie zum Beispiel auch gegen Flugangst angeboten werden.
Eine Verhaltenstherapie ist doch ebenfalls eine Form von Therapie, die psychisch wirkt und ist eine Verhaltenstherapie nicht auch eine psychotherapeutische Massnahme? Eine Beratung bei einem Psychotherapeut würde im Falle von Lampenfieber wohl kaum ergeben, dass der Betroffene sich einer 5 jährigen Therapie mit Medikemantenunterstützung unterziehen soll.
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Bixel
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Re: Enorme Probleme mit dem Lampenfieber

Beitrag von Bixel »

duden hat geschrieben:Das würde ja gegen jede Weiterentwicklung sprechen, wenn ich immer nur das spiele, was ich eh schon kann.
Ich hatte weder geschrieben noch hoffentlich angedeutet, dass man nur spielen solle, was man eh' schon kann.
Gemeint war: Die Steigerung der Ansprüche sollte ausreichend behutsam sein, um mit Elan und Erfolgserleben bewältigt werden zu können.
Wenn jemand auf der zweiten Trompete in einem klassischen Orchester bereits gelegentlich ungutes Herzrasen verspürt, stellt eine erste Stimme mit Solo-Funktion für den Betreffenden m.E. kaum ein probates Mittel zur persönlichen Weiterentwicklung dar.

duden hat geschrieben:Ich halt´s da eher mit dem Motto: Wo die Angst ist, geht´s lang. Mir ist in meiner Band grad ein Solo aufgedrückt worden (Transkripition eines nicht ganz unbekannten Originals), ich hab´s geübt bis zum Abwinken, aber so ganz 100prozentig hab ich es noch nicht drauf. Trotzdem hat der Chef nach der letzten Probe gesagt: Ok, ab jetzt spielst du das. Beim nächsten Auftritt fehlten, may be, fünf Prozent (was das Publikum in seiner Mehrheit wahrscheinlich nicht bemerkt hat), aber ich weiß jetzt, dass ich´s kann und ohne große Katastrophe durchkomm. Und dass es von nun an immer besser werden wird. Dafür haben sich Angst und Aufregung zuvor gelohnt.
Aus deinen Zeilen sprechen das Selbstvertrauen und der Elan (samt der Bereitschaft und der Fähigkeit, mögliche Fehler ohne Panik wegzustecken), die dem User kornettist offenbar ja gerade fehlen.

Ich kann daher schwerlich erkennen, was der Zweck deines Beitrages sein soll (außer möglicherweise dem, dein Ego zu pinseln).

:wink:
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Re: Enorme Probleme mit dem Lampenfieber

Beitrag von inspired »

Nur ist es so, dass es bei uns allen mit dem Lampenfieber soweit funktioniert, weil es eben noch nicht so extrem fortgeschritten ist und wir alle das einigermaßen gut im Griff haben.
Ich glaube, dass jeder hier vor einem größeren Auftritt oder Solo angespannt ist. Das ist auch richtig so, nur auf dem Weg kriegt man die 110% Performance aus sich raus.
Bestes Bsp. ist, wenn ich sehe wie mein Orchester beim Wertungsspiel im Studenchor oder am großen Jahreskonzert nochmal eine Schippe oben drauf packt, auf das was sonst drin ist.
Da ist der Effekt vom Stress einfach gigantisch gut!
Hier ist das alles aber schon sehr weit außerhalb des gesunden Maß und sollte auf irgend eine Art behandelt werden. Insofern funktinieren Tips wie "Dapp der Angst gehörig in den Liebling" hier nicht.
Hab ja weiter oben schon eine Erfahrung dazu geschrieben, da war auch immer dieser Tip mit dabei. Ist zwar schwer zu begreifen, aber sowas funktioniert da einfach nicht. Da ist man einfach panisch Ängstlich.
Es kann schon ausreichen dass einen jmd. aus Interesse mal danach fragt, und tadaaa Herzrasen, Kreislauf geht hops.
M.M.n. sollte man auch ohne Medikamente da ran gehen, die haben im Hobby einfach nichts veroloren.
Selbst als Berufsmusiker würde ich keine nehmen. Irgend einen Weg gibt es immer, auch wenn er anfangs evtl. schwerer erscheint.
Aber z.B. Betablocker o.Ä. futtern? Das sind schon ernst zu nehmende Medikamente und nicht nur Beruhigungstropfen oder sowas.
Medis echt nur so viel wie unbedingt notwendig. Der Körper wirds einem danken.
Mein Weg wäre wohl entweder Psychotherapie oder Alternativ (Alternativ nur, weil ich da nun eine sehr positive Erfahrung mitbekommen habe. Sonst wäre das wohl auch nicht in meiner Auswahl drin).
Zudem würde ich wohl auch erst einmal die 1. Stimme abgeben.
Sich selber in so einer Situation druck zu machen, wirft einen nur noch weiter zurück.

Und ganz zum Schluss: Denkt auch dran, es gibt Leute mit dickem Fell und solche, die nah am Wasser gebaut sind. Das macht auch schon einen großen Unterschied aus.
So wie ich das sehe, wird das hier auch etwas vergessen. Auch wenn die meisten Trompeter eher einen "starken Charakter" haben so haben das halt nicht alle.
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Re: Enorme Probleme mit dem Lampenfieber

Beitrag von Dobs »

inspired hat geschrieben:Mein Weg wäre wohl entweder Psychotherapie oder Alternativ (Alternativ nur, weil ich da nun eine sehr positive Erfahrung mitbekommen habe. Sonst wäre das wohl auch nicht in meiner Auswahl drin).
Wobei das was Du unter "alternativ" beschreibst am Ende nicht so sehr viel mit klassischen sogenannten alternativen Heilmethoden zu tun haben dürfte. Dein Bekannter hat Tiergifte, Kräutertee genommen aber auch eine Hypnosesitzung absolviert. Hypnose ist ein anerkanntes Behandlungsverfahren und wird nicht selten gemeinsam mit einer kognitiven Verhaltenstherapie zur Behandlung etwa von Ängsten eingesetzt.
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Re: Enorme Probleme mit dem Lampenfieber

Beitrag von inspired »

Hat auch, wie gesagt wunderbar funktioniert. Geht aber nur wenn man auch offen für sowas ist. Gegen Hypnose kann man sich verschließen.
Ich nenne das halt Alternativ, da es nicht zu unserer klassischen Schulmedizin gehört. Wenn es einen passenderen Begriff gibt, dann gerne her damit. ;)
Aber man versteht ja auch so, was ich meine...hoff ich zumindest mal :D
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Re: Enorme Probleme mit dem Lampenfieber

Beitrag von Dobs »

Im Prinzip unterliegt jemand mit Lampenfieber m. E. nichts anderem als den Effekten einer wirkungsvollen Selbsthypnose. Die durch Lampenfieber hervorgerufenen psychischen und physischen Beeinträchtigungen rühren letztlich daher, dass wir uns intensive bildliche Vorstellungen darüber machen, wie, warum, was, wie sehr bei einem Konzert schief laufen kann. Diese Art des "Tagträumens" und die Folgen auf die Psyche macht sich auch die (Selbst-)Hypnose zu nutze, nur dass die gezielte therapeutische Hypnose (Ob Selbst- opder Fremd-) zur Überwindung negativer Gefühle stattdessen mit positiven Bildern arbeitet.
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Re: Enorme Probleme mit dem Lampenfieber

Beitrag von duden »

@Dobs:
Ich meinte den Unterschied zwischen einer tiefgehenden Psychoanalyse im Freud´schen Sinn in Gegensatz zu einer Verhaltenstherapie, die ja - je nach behandeltem Symptom - auf eine Umkehrung, Neuprogrammierung erlernter Verhaltensweisen (Konditionierung) zielt. Wirkt natürlich auch auf die Psyche, aber anders (und weniger grundlegend) als eine Analyse.

@Bixel:
Brauch meinen Bauch nicht pinseln zu lassen. Wollte nur aus meiner Erfahrung berichten - und da hatte ich Dich eben dahingehend (miss-)verstanden, dass du vorschlägst, nur in der von dir so genannten "Komfortzone" zu spielen. Das halte ich im Sinne der Weiterentwicklung für falsch, und Du ja auch, wie Du klarstellst. Dass es in einem Fall wie dem des Kollegen kornettist sinnvoll sein kann, die Anforderungs-Amplitude erst einmal zu senken, ist unbestritten. aber irgendwann musst du dann eben auch wieder raus aus dem, was du ohne Probleme spielen kannst, sonst geht´s ja nicht weiter. Diesen Mechanismus wollte ich anhand des mir aufgenötigten Solos beschrieben haben.
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