Harte Zunge - Weiche Zunge

Ansatzfragen, Welche Methode ist die beste,
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Sandu
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Harte Zunge - Weiche Zunge

Beitrag von Sandu »

Hallo zusammen,

ich habe mich in letzter Zeit verstärkt mit dem Thema Ansprache beschäftigt, weil ich eine saubere Ansprache in sehr vielen Situationen gewissermaßen für die Königsdisziplin halte.

Zunächst hat mir diese Beschäftigung allerdings hauptsächlich Verwirrung eingebracht, weil man anfängt über Dinge nachzudenken, über die man jahrelang nicht nachgedacht hat.
Jetzt ist "das Kind allerdings schon längst in den Brunnen gefallen" und ich bin auf der Suche nach dem für mich zufriedenstellenden Anstoß/Ansprache.

Kürzlich bin ich dabei im Gespräch mit einem professionellen Kollegen auf das Thema der "Konsistenz" der Zunge beim ersten Stoß gekommen, mit dem Hinweis, dass er meinte, dass meine Zunge unter Umständen speziell in der unteren und mittleren Lage bereits vor Beginn des ersten Tones zu "hart" sei.
Meine Fragen wären jetzt: Wie sind da die Beobachtungen bei Euch? Habt Ihr Euch dazu schon einmal Gedanken gemacht? Habt ihr übetechnische Zugänge, die sich speziell mit Ansprache beschäftigen?

Mir ist klar, dass zahlreiche andere Parameter wie Ansatzposition und Luftführung die Ansprache ebenfalls stark beeinflussen, ich würde mich aber hier gerne auf die Funktion der Zunge konzentrieren. Mir geht es einfach um einen kleinen Erfahrungsaustausch.

Grüße,
Sandu
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orlando_furioso
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Re: Harte Zunge - Weiche Zunge

Beitrag von orlando_furioso »

Der Zungenstoß wurde viel zu lange überbewertet!
Was ist der Zungenstoß? Nichts anderes als eine Verzierung am Tonanfang!
Die Grundlage ist IMMER das Binden zum höheren oder tieferen Ton hin. In dem Moment in dem der neue Ton "anspringt" wird kurzzeitig der Luftkanal mit der Zungenspitze verschlossen und wieder geöffnet. Der entstandene Überdruck entlädt sich quasi explosionsartig und gibt dem Ton einen definierten Beginn. Dabei gilt das gleiche wie beim Sprechen: je höher die Zungenspitze im Mund liegt, desto weicher ist der Anstoß:

  • wenn man Da spricht befindet sich die Zungenspitze am Zahnfleisch über der oberen Zahnreihe
  • wenn man ein hartes Ta spricht befindet sich die Zungenspitze genau zwischen den Zahnreihen

Beim Trompeteln ist es genauso.

Wobei ich deinen Ausführungen zum Thema "Konsistenz" nicht wirklich folgen kann. Es gibt zwischen Da und Ta endlos viele Nuancen und es kommt auf das Stück, die Phrase drauf an, was angesagt ist. Ein klassisches "Tha", mit quasi leicht verzögertem Beginn des Tonbeginns klingt in der BigBand - ich würde mal sagen: deplaziert - und umgekehrt. Spiel mal den Anfang von Mahler 5 mit einem Zungenstoß wie den "alten Dessauer" und du weißt was ich meine ...
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Blas!
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Re: Harte Zunge - Weiche Zunge

Beitrag von Blas! »

Sandu hat geschrieben:Hallo zusammen,

ich habe mich in letzter Zeit verstärkt mit dem Thema Ansprache beschäftigt, weil ich eine saubere Ansprache in sehr vielen Situationen gewissermaßen für die Königsdisziplin halte.

Zunächst hat mir diese Beschäftigung allerdings hauptsächlich Verwirrung eingebracht, weil man anfängt über Dinge nachzudenken, über die man jahrelang nicht nachgedacht hat.
Jetzt ist "das Kind allerdings schon längst in den Brunnen gefallen" und ich bin auf der Suche nach dem für mich zufriedenstellenden Anstoß/Ansprache.

Kürzlich bin ich dabei im Gespräch mit einem professionellen Kollegen auf das Thema der "Konsistenz" der Zunge beim ersten Stoß gekommen, mit dem Hinweis, dass er meinte, dass meine Zunge unter Umständen speziell in der unteren und mittleren Lage bereits vor Beginn des ersten Tones zu "hart" sei.
Meine Fragen wären jetzt: Wie sind da die Beobachtungen bei Euch? Habt Ihr Euch dazu schon einmal Gedanken gemacht? Habt ihr übetechnische Zugänge, die sich speziell mit Ansprache beschäftigen?

Mir ist klar, dass zahlreiche andere Parameter wie Ansatzposition und Luftführung die Ansprache ebenfalls stark beeinflussen, ich würde mich aber hier gerne auf die Funktion der Zunge konzentrieren. Mir geht es einfach um einen kleinen Erfahrungsaustausch.

Grüße,
Sandu
Auch ich beschäftige mich in letzter Zeit (wieder) verstärkt mit dem Thema Zunge(nstoß) nachdem ich dies einige Zeit gar nicht mehr groß beachtet und den Fokus schwerpunktmäßig auf eine entspannte Einatmung und auf die Position/Spannung der Lippen vor dem Losspielen gelegt hatte.

Mit der Zeit stellte ich fest, dass der Stoß relativ schlampig geworden war, da ich ich mir die schlechte Angewohnheit zugezogen hatte, die Zungenspitze bei der Einatmung irgendwo (viel zu weit vom Anstoßpunkt entfernt) im Mund zu haben.

In der Folge habe ich versucht, vor dem Losspielen nicht nur auf eine staufreie Ein- und Ausatmung sowie auf die Position/Vorspannung der Lippe, sondern auch darauf zu achten, dass die Zunge vor dem Ausatemimpuls bereits am Anstoßpunkt anliegt.

Mehrere Wochen lang habe ich darüber hinaus konsequent nach jedem unsauberen Tonbeginn konsequent abgebrochen und Phrasen nur nach ordentlichem Anstoß weitergespielt.

Des Weiteren habe ich mit dem Grad der Anspannung der Zunge vor dem Anstoß experimentiert und für mich herausgefunden, dass mir folgende Vorstellungen weiterhelfen:

1. Nicht "harte und weiche Zunge", sondern "schmale und breite Zunge" denken.

2. Spannung der Zunge vor dem Anstoß (schmale Zunge) möglichst nur im vorderen Drittel vorstellen (Rest der Zunge locker vorstellen)

3. Mit dem Fließenlassen der Luft entspannt sich die Zunge auch im vorderen Drittel (seitliche Bewegung von schmal zu breit, nicht Bewegung vor und zurück.

4. In der tiefen Lage/Mittellage ist weniger Spannung (kleinere Bewegung von schmal nach breit) notwendig.

Die Analyse war für mich wichtig, jedoch sollte man das nicht bis zur Paralyse betreiben.

Grüße
Blas!
Sandu
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Re: Harte Zunge - Weiche Zunge

Beitrag von Sandu »

orlando_furioso hat geschrieben: Wobei ich deinen Ausführungen zum Thema "Konsistenz" nicht wirklich folgen kann. Es gibt zwischen Da und Ta endlos viele Nuancen und es kommt auf das Stück, die Phrase drauf an, was angesagt ist. Ein klassisches "Tha", mit quasi leicht verzögertem Beginn des Tonbeginns klingt in der BigBand - ich würde mal sagen: deplaziert - und umgekehrt. Spiel mal den Anfang von Mahler 5 mit einem Zungenstoß wie den "alten Dessauer" und du weißt was ich meine ...
Die grundsätzlichen Unterschiede und deren jeweilige Einsetzbarkeit sind mir klar. Vielleicht muss ich da etwas präzisieren.
Den harten Anstoß TA finde ich selten Problematisch (außer vielleicht < c'), da bei diesem Stoß relativ leicht die Kompression für den Tonbeginn erzeugt werden kann.

Mahler 5 ist schon mal ein gutes Beispiel dafür, um was für einen Anstoß es mir geht; also präzise, klar definiert und dennoch ohne zuviel "Knack".

Darüber hinaus bezieht sich meine Anwendung einer "weichen" Zunge auch auf schnelle Einfach- bzw. Doppelzunge, da mir in meinem letzten Unterricht auf den Weg gegeben wurde, dass je schneller hintereinander gestoßen wird, desto weicher sollte man den Anstoß "denken". Bei hohem Tempo empfinde ich die Vorstellung eines harten Stoßes als eher hinderlich.

@ Blas:
Deine Ausführungen kann ich sehr gut nachvollziehen; vor allem auch die Vorstellung einer breiten statt einer weichen Zunge :gut:
Sandkuchen
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Re: Harte Zunge - Weiche Zunge

Beitrag von Sandkuchen »

Nach meiner Erfahrung ist es wesentlich, dass beim Anstoss die "Ansatzmaske" steht, die Tonvorstellung stimmt und kontrolliert der Luftstrom begonnen wird. Dazu hilft es ohne Vokalisierung (und damit mit "schmalen" Gesicht) anzustoßen und unterschiedliche Konsonanten zu nutzen. Also statt ta th und da dh. Dazu aber auch Lh und Hh. Genauso wichtig wie der klare Beginn ist die kontrollierte Tonführung bis zum Ende. Geschwindigkeit folgt nicht aus der Schnelligkeit des Tonbeginns, sondern der Kürze des Tons. Zur Doppelzunge habe ich schon mal auf die Schule von Groth (Ex-Berliner Phil) hingewiesen: http://www.spaeth-schmid.de/shop/produc ... niken.html. Die erste Seite dieser Schule sowie das Ausloten der weichen Konsonaten hat mich enorm weiter gebracht.
Singvögelchen
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Re: Harte Zunge - Weiche Zunge

Beitrag von Singvögelchen »

Den Ausführungen von Kollegen Orlando furioso kann ich so nicht ganz zustimmen.

Die zentrale Wichtigkeit des Anstoßes, der Ansprache halte ich für absolut fundamental. Im Prinzip ist aus meiner Sicht jeder schlecht angsprochene Ton ein schlechter Ton, unabhängig wie er sich weiter entwickeln wird.

Ganz entscheidend ist immer die kleinstmögliche Bewegung der Zungenspitze beim Anstoß. Du kannst das sehr schön üben, wenn du mal eine schnell gestoßene Passage erst im Piano, dann im Forte spielst. Du wirst möglicherweise merken, dass vielleicht die Lippenöffnung größer wird für das Forte, aber sobald du die Zungenbewegung im gleichen Maße vergrößerst, wird das Tempo definitv langsamer und alles total verkrampft. Eventuell fängt noch das ganze Gesicht an zu wackeln.

Die andere Geschichte ist die "Anstoßsilbe"...es ist tatsächlich so, dass beim harten "ta" (mal langsam vor sich hin sprechen) die Luft vor dem Anstoß gestaut wird und es zu einem explosionsartigen Knall kommt. Ein gemütliches "da" funktioniert viel besser, weil es sozusagen "auf der Luft" mitfließt. Die knackigsten Signale kannst du damit klangschön spielen, der "Knack" kommt dann aber ausschließlich durch die Arbeit mit der Luft, aus dem Bauch.

Übetechnisch versuche ich ab Beginn des Einspielens vor allem auch auf die Ansprachen zu achten, peinlichst genau. Und wenn es mal problematisch ist, dann zwinge ich mich ein paar Minuten zu extrem kurzen und leisen Tönen, wo für mich selbst nicht die geringste Chance mehr besteht, zu schummeln. Also nach einer mittelmäßigen Ansprache den eigenen Eindruck noch durch virtuose Kapriolen zu verwässern. Und bei diesen kurzen Tönen schaue ich genau in mein Inneres, Lippenöffnung, kleine Zungenbewegung, intensive Atmung. Bei meinen Schülern kommt es gut rüber, einfach mal selber probieren, es kann eigentlich nichts schiefgehen dabei.
Liebe Grüße vom Singvögelchen!


"Blas schön rein, dann kommts schön raus!"
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Re: Harte Zunge - Weiche Zunge

Beitrag von Robert Mai »

Moing

Ich bevorzuge eine entspannte Zunge mit weichen Konsonaten. Mein Zungenrücken ist meist gefühlt im hohem Register. Je höher ich spiele um so weniger bewegt sich der Lappen. Ab d``` ist definitiv Essig und wird auch fast nie gebraucht, zum Angeben vielleicht mal. Ich denke sehr in Phrasen bei Bravourstücken, einzelne Töne interessieren mich nicht, wobei man alles schon nachvollziehen können sollte und Grifffolgen im Schlaf funktionieren.
Auch deine Lippen tragen zur Artikulation bei, bei korrektem Lippenschluß, perfektem Luftfluß und stabiler Ansatzmaske.
Denn erst muss Luft da sein und dann der Stoß. Beim ersten Stoß liegt meine Zunge komplett oben an und der Luftstrom eröffnet das Feuerwerk.

Dann reichen schon Artikulationsmuster wie Ni nge ni nge ni nge (Takatakatakatak) oder ni ni ng ni ni ng und schon haste mindestens ein da ga da ga usw. So soft wie möglich starten um keinen Krampf zu erleiden der mitunter schwer zu lösen ist.
Auch die Artikulation des Instruments beachten (Rückkoppelung), man kann auch das sich zu nutze machen.

LG RObert
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carsten37
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Re: Harte Zunge - Weiche Zunge

Beitrag von carsten37 »

Sandu hat geschrieben:arüber hinaus bezieht sich meine Anwendung einer "weichen" Zunge auch auf schnelle Einfach- bzw. Doppelzunge, da mir in meinem letzten Unterricht auf den Weg gegeben wurde, dass je schneller hintereinander gestoßen wird, desto weicher sollte man den Anstoß "denken". Bei hohem Tempo empfinde ich die Vorstellung eines harten Stoßes als eher hinderlich.
Sehe ich auch so. Bei den Signalen/Einwürfen ist die Zungenspitze angespannt (hart) und somit auch möglich, die Töne schnell,kraftvoll und spitz zu spielen. Je nach Tonhöhe verwende ich das TAKA oder TIKI.
Bei der schnellen Doppelzunge, der Alte Dessauer z.B. wurde ja schon erwähnt, ist die Zunge weicher und locker. Obwohl in diesem Moment, so empfinde ich das, der Anstoß/Rückstoß nicht mit der Zungenspitze, sondern eher dahinter liegt.
In diesem Moment verwende ich das DEGE ( Mittelteil des 2. Posten und die Schlußnote des jeweilgien Postens).

Schöne Grüße aus Nordhessen :)

Carsten
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MrLargo
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Re: Harte Zunge - Weiche Zunge

Beitrag von MrLargo »

Hallo zusammen!

Ich habe nach längerer Pause wieder mit dem Trompetespielen angefangen und heute ein wenig Anstoß geübt (Arban). Den Unterschied zwischen einem harten Ta und einem weichen Da kann ich gar nicht nachvollziehen. Ich stoße auch bei hartem Anstoß mit Da an.

Kleines Hörbeispiel für meinen harten Anstoß:
(seid bitte nicht zu streng, mit iPhone aufgenommen und ursprünglich nur für private Übezwecke gedacht)

Bei mir ist es ähnlich, wie Blas! es beschrieben hat:
Harter Anstoß mit Da=breite Zunge
Weicher Anstoß mit La=schmale Zunge

Allerdings habe ich fast nie das Gefühl von einer Spannung in der Zunge. Es sei denn, ich stoße mit Ta an, dann kann es zu ungewollten Spannungen kommen. Da ist bei mir länger möglich und auch flexibler.

Der Unterschied zwischen Da und Ta für mich eher der Winkel der vorderen Zunge: bei Ta ist er steiler, was ich für den Luftfluss ein wenig hinderlicher empfinde.

Das ist übrigens mein erster Beitrag, obwohl ich hier schon seit vielen Jahren sehr regelmäßig mitlese! Dieses Forum ist wirklich toll und sehr inspirierend!

LG
MrLargo
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