Fundamentale Kleinigkeiten

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duden
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Fundamentale Kleinigkeiten

Beitrag von duden »

Weil wir´s grad mit den Fingern hatten und das ja Spaß macht, mit routinierten, reflektierten und guten Leuten über solche (gelegentlich dann doch wichtigen) Nebenaspekte zu diskutieren, erlaube ich mir, ein neues Thema ins Forum zu schmeißen. Ich nenne es

Standpunkt

und habe mit Diskussionen darüber schon ganze Nächte verbracht:

Die herrschende Meinung ist, dass der Trompeter breit und stabil auf beiden Beinen zu stehen habe. Ich habe für mich jedoch festgestellt (kann auch sein, dass es mir ein Guggenberger oder Steininger oder sonst jemand vor Jahrzehnten mal erzählt hat, weiß ich nicht mehr), dass es, wenn´s hoch geht, besser geht auf einem Bein - bei mir das linke, auf das ich das Gewicht verlagere, quasi Standbein/Spielbein, und dass ich so den Luftdruck, die Stütze für die hohen Lagen sehr viel besser hinkriege als mit gleichmäßiger Gewichtsverteilung auf beide Beine. Eine Erklärung dafür habe ich nicht, vielleicht auch, weil ich nicht drüber nachgedacht habe, es funktioniert ja. Bin ich ein anatomisches Wunder oder gibt´s andere, die das auch so kennen?
I didn't try to be primitive, I just had bad microphones.
mark292
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Re: Fundamentale Kleinigkeiten

Beitrag von mark292 »

ich glaub das ist ein rein subjektives bzw. psychologisches phänomen. mir hat mein lehrer mal gesagt ich soll probieren bei oktavbindungen zb von c' auf c'' meine rechte hand von unten nach oben heben und bei c'' auf c' nach unten - und die bindung ist gleich viel leichter gegangen
buddy
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Re: Fundamentale Kleinigkeiten

Beitrag von buddy »

mark292 hat geschrieben:...ich soll probieren bei oktavbindungen zb von c' auf c'' meine rechte hand von unten nach oben heben...
Viel leichter geht eine Bindung über große Intervalle, wenn Du sie direkt zuvor ordentlich auf dem Mundstück buzzen kannst.

Als praktische Übung sind auch die Lip Trills bei Colin, Ex. 15ff und die letztendlich schnellen Flexibilities bei Irons, 27 Groups of Exercises, hilfreich. Man kann mit der Zeit feststellen, dass sich das auch sehr positiv auf guten Klang und den Tonumfang in der Höhe auswirkt.
Das gilt zumindest bei Ausführung nach Colins & Irons Prinzipien von Kontrolle durch Luftfluss und Zungenwölbung, also beim Lip Trill eben nicht als "Shake" mit Hilfe des Anpressdrucks gegen die Lippen.

Ebenfalls nützlich, es gibt dazu diesen "Vorturner", dessen Vimeo-Clips man z.B. mit dem DownloadHelper für Firefox auf die Festplatte bannen kann.

http://thesystematicapproach.com/catego ... ibilities/
http://thesystematicapproach.com/catego ... opractice/
Blas!
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Re: Fundamentale Kleinigkeiten

Beitrag von Blas! »

Bei mir hat sich (auch wenn es nicht besonders elegant aussieht) ein relativ breitbeiniger Stand mit nicht ganz durchgedrückten Knien bewährt. Das Gewicht ist bei mir (so empfinde ich das jedenfalls) meist relativ gleichmäßig auf beide Beine verteilt.

Einer meiner früheren Lehrer (der auch einige Zeit bei Guggenberger studiert hat, vielleicht hat er die nachfolgend geschilderten Sachen von ihm(?)) hat mir empfohlen, beim Üben immer mal wieder mit der Körperhaltung zu experimentieren, besonders dann, wenn etwas nicht funktioniert oder wenn man sich irgendwie "festbläst".

Er hat mich vor diesem Hintergrund hin und wieder recht lustige Sachen machen lassen (auf einem Bein stehend spielen, seitlich oder rückwärts gegen die Wand gelehnt spielen etc.).

Eine Zeitlang habe ich das in mein Üben integriert und ich hatte den Eindruck, dass es helfen kann, gewisse Blockaden zu durchbrechen.

Besagter Lehrer empfahl mir weiter, mich auch mal "bewusst abzulenken" bzw. die Aufmerksamkeit kreisen zu lassen, wenn etwas nicht funktioniert, also sich z.B. an der Stelle im Stück, die immer schiefgeht, bewusst auf etwas Bestimmtes zu konzentrieren (etwa darauf, wie sich der rechte Fuß in dem Moment anfühlt). Lustigerweise gelangen mir die "Angststellen" auf diese Weise meist besser.

Ablenkung im vorgenannten Sinne bringt (bei mir) auch bei Ausdauerproblemen etwas: Komme ich z.B. während des Spielens eines schwierigen Stückes an den Punkt, wo ich das Gefühl habe, "nicht mehr zu können", also "abzuk a c k e n", dann hilft es (z.B.) bewusst auf die hübsche Flötistin zu schauen und über den Punkt der Ermüdung hinwegzuspielen (das meine ich ernst, aber natürlich müssen es nicht immer Flötistinnen sein, mit denen man sich ablenkt).

Solche Sachen darf man sicher nicht überbewerten oder davon gar Wunderdinge erwarten, es lohnt sich aber m.E., ein wenig damit zu experimentieren.
Blas!
Deakt_20141221

Re: Fundamentale Kleinigkeiten

Beitrag von Deakt_20141221 »

Wie lasst Ihr das Wasser aus der Trompete?

Die Schüchternen: Man darf das eigentlich mit mitbekommen, heimlich, Auffanggefäß oder -Tuch, möglichst leise, lieber Züge raus, möglichst geräuschlos, nie laut durchblasen. Sagen dass das nur Kondenswasser ist, nie was Speichlerisches aus dem Mund.

Die Selbstbewußten: Wasser entleeren als Bestandteil des Konzerts: lautstark, sollen alle sehen, dass eine Trompete kein Cello ist, etc., auch schon vor dem ersten Satz - noch vor dem ersten Ton lautstark machen, gleichsam "prophylaktisch", es könnte ja wo noch was gurgeln..., bei jedem Satz wiederholen

Im Posaunenchor: Es gurgelt wie ein Tremolo, der Trompeter hat null Ahnung, wo bei einer Konzertrompete das Wasser sein könnte, weil er vorher eine andere hatte

Naturtrompeter: auch optisch bestechend, nützt gekonnt die Schwerkraft aus mangels historisch belegtem Wasserloch

Exkurs: evtl. zusätzliche Dimension der Betrachtung: "klassische" Wasserklappen versus "Amados", ggf. kombiniert - vgl. ADAMS und HvL, an Hauptstimmzug eine die funktioniert, an den anderen Züge welche, die schön klein sind; "Amados" (die nicht so heißen) bei K&H ((Malte B.: sind besser als die alten))), der Kaufmann: sind wohl auch biller als die bisherigen handgeschmiedeten, man kanns mit Händewaschen kombinieren
oft traurig: sogar an Schagerl-Perinetts hässlich-einfache Wasserklappen, man freut sich ja schon wenn sie funktionieren'; Vorsicht bei Martin-Tr: es trifft häufig den Nebenmann/Nebenfrau, weil Loch seitlich.

wie machts Till Brönner? : Gestern in München gesehen, die Variante war mir neu. Ich verrats erst ab Minimalinteresse.

Wie "schlägt Ihr Euer Wasser ab"? (Was wird dabei jetzt mit der "stabilen linken Haltungshand", darf der kleine Finger nicht doch zurück In den Haken/Ring?)
Blas!
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Re: Fundamentale Kleinigkeiten

Beitrag von Blas! »

:lol:

Bekunde hiermit Minimalinteresse!
Blas!
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Re: Fundamentale Kleinigkeiten

Beitrag von Singvögelchen »

duden hat geschrieben:Weil wir´s grad mit den Fingern hatten und das ja Spaß macht, mit routinierten, reflektierten und guten Leuten über solche (gelegentlich dann doch wichtigen) Nebenaspekte zu diskutieren, erlaube ich mir, ein neues Thema ins Forum zu schmeißen. Ich nenne es

Standpunkt
Ich fand die "Fingerdiskussion" auch sehr ansprechend, störungsfrei und konstruktiv, inzwischen könnte man aus den Ideen in diesem Thread schon fünf neue abkoppeln, ich fang mal ganz vorne mit Dudens "Standpunkt" an:

Als ich vor dreißig Jahren mit der Trompete angefangen habe, hat mein Lehrer glücklicherweise darauf geachtet, dass mein Mundstück schön in der Mitte sitzt, aber die Beinhaltung war ihm völlig wurscht. Also habe ich mich so hingestellt wie alle Blasmusikanten, die ich bis dahin gesehen hatte: Beine breit und Knie durchgedrückt. So hab ich das zehn Jahre lang gemacht. Nur einmal hat sich eine Freundin meiner Mutter darüber aufgeregt, weil ich die aber nicht ausstehen konnte, habe ichs mit Absicht noch mehr gemacht. Auch ich war mal in der Pubertät...Im Studium war die Beinhaltung auch nicht der Ausbildungsschwerpunkt, wir Trompeter haben uns eher noch über die tänzelnden Holzbläser lustig gemacht und uns gegenseitig darin bestärkt, dass deren Körperamplituden für uns kontraproduktiv wären. Ich finds auch heute noch sehr affektiert, was manche Kollegen da abziehen...
Dann wurde ich bei einem ganz hervorragenden Kurs im Rahmen des Schleswig-Holstein Musik Festivals von der Dozentin auf eine Balancierscheibe gestellt, vorher hatte ich eine Tonleiter in meiner bisherigen Haltung spielen müssen und dann das gleiche nochmal, nun mit ausbalancierten Beinen. Der Unterschied war gigantisch, es gab sogar spontanen Applaus der ganzen anderen Kursteilnehmer. In der gleichen Woche war dann noch ein Kurs mitsamt Konzert von German Brass, da habe ich dann den Enrique Crespo aus nächster Nähe beim Jazzimprovisieren beobachten können (ich nehm mal an, dass die meisten hier im Forum wissen wie das aussieht und klingt), und wie der über die Bühne geschwebt ist, das hat mich dann endgültig überzeugt. Wie gesagt, ich hatte damals bereits das Probespiel für das Jugendorchester dort gewonnen und bin dann wirklich zum Schluss gekommen, dass ich mich nur dann klanglich noch weiter entwickeln kann, wenn ich garantiert kein Knie nach hinten durchgedrückt habe beim Spielen. Dieser "Sprung" hat mehr gebracht als alle Instrumenten- und Mundstückwechsel seitdem. Die Blasweise, die sich am Klang orientiert ist entscheidend gewesen und dabei hilfreich eben so ein "Detail" wie die Beinhaltung.
Ich versuche auch beim Sitzen im Orchester, die beiden Beine niemals nebeneinander hinzustellen, sondern immer eins vor und eins nach hinten, mir gibt das ein Gefühl auf dem Sprung zu sein, also einfach eine schöne hohe Körperspannung zu haben. Und wenn ich mal ein Solo im Stehen zu spielen habe, nutze ich fast immer so eine Art Schrittstellung, ohne beim hinteren Bein durchzudrücken. Meinen Schülern versuche ichs mit sportlichen Beispielen zu erklären: der Boxer, der nach einem Treffer nicht das Gleichgewicht verlieren darf oder der Skirennfahrer, der jede Bodenwelle mit Hilfe seiner flexiblen Beine ausgleichen muss. Oder Stehenbleiben im fahrenden Zug/Bus, mit durchgedrückten Knien fällst du um, versprochen.
Ganz schlimm finde ich halbwüchsige Schülerinnnen, die ein Bein nach hinten durchdrücken und dann noch ihr Becken völlig verschieben, sieht für andere Zwecke vielleicht nett aus, ist aber fürs Trompetespielen mit einem offenen und freien Klang gar nicht gut. Die gesamte untere Muskulatur (Beckenboden, untere Bauchmuskeln) ist dadurch angespannt und nicht mehr in der Lage, die vielen kleinen Blasimpulse aufzufangen und auszugleichen, Folge: flacher und unflexibler Klang. Habe in diesem Zusammenhang auch mal life die Cecilia Bartoli beobachten können, unglaublich die Beinarbeit während des Singens, immer Bewegung, immer Spannung bis in die Zehenspitzen.

Jetzt leider noch die beiden Gegenbeispiele, die meine Theorie komplett auf den Kopf stellen:
1. Mein Trompetenprofessor stand immer in der altherkömmlichen Art und Weise da und hatte trotzdem den fettesten Klang, den ich jemals auf einer Trompete gehört habe.
2. Der weltberühmte Geiger Itzhak Perlman spielt wegen einer Kinderlähmung komplett ohne Gefühl in den Beinen im Rollstuhl sitzend. Einer der klanglich flexibelsten und musikalisch überzeugendsten Musiker überhaupt. Es geht also tatsächlich ohne die Beine, aber falsch eingesetzt können sie natürlich im Klang für unangenehme Folgen sorgen.

Jetzt reichts aber, Gute Nacht
Liebe Grüße vom Singvögelchen!


"Blas schön rein, dann kommts schön raus!"
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Re: Fundamentale Kleinigkeiten

Beitrag von bluevision »

Ich bekunde ebenfalls Minimalinteresse ;)

Ich bin eher der selbsbewusste Typ, allerdings trotzdem leise ;)
Und am dritten Zug ist mir vor Jahren die Wasserklappe abgefallen, direkt beim letzten "Wasserlassen" vor dem auf die Bühne gehen. Zum Glück habe ich das vorher noch gemacht! Seither ist das Loch mit Gaffa geflickt und zum abwässern kommt der ganze Zug raus :D


Zum Stehen:
Ich könnte mir vorstellen, dass durch die Belastung des einen Fußes die Rumpfmuskulatur generell schon stärker angespannt ist und damit die Atemstütze unterstützt.

Ich selbst stehe auch in Schrittstellung und ich glaube auch, dass ich öfters auch das Gewicht auf nur einem Fuß habe. Habe das jedoch noch nicht so genau beobachtet, werde ich aber mal tun. Ist ein interessanter Aspekt da ich insbesondere beim Klassik spielen "geplegter" stehe als in der Band, vielleicht sollte ich das auch mal anders ausprobieren.

Beim Sitzen im Orchester ist es für mich besonders wichtig, enspannt nach hinten lehnen, ein Fuß nach vorne ausstrecken und den anderen unter den Stuhl. Wenns hoch hinaus geht auch mal von der Lehne weg, da ich mich dann besser "zusammensacken" lassen kann, was mir bei der Stütze hilft.
Robert Mai
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Re: Fundamentale Kleinigkeiten

Beitrag von Robert Mai »

Truvuzelo hat geschrieben: Naturtrompeter: auch optisch bestechend, nützt gekonnt die Schwerkraft aus mangels historisch belegtem Wasserloch

)
Hey Truvuzelo

Du hast mich noch nicht, Wasserlassen gesehen! :lol: Ohne Witz! Ich drehe mein Instrument, nachdem ich mein Mundstück abgezogen habe um, mit der Mundrohrseite nach unten. Da die Schwerkraft meist, nicht ganz auf die Schnelle ausreicht, stülpe ich mir die Bell über die Nase und Mund. Dabei sollte man die Backen etwas aufblasen bzw locker lassen um die Bell abzudichten. Jetzt darf reingeblasen werden und selbst der letzte Tropfen wird rausgetrieben. Historisch ist das aber nicht belegt :ironie:
Aber ich denke unsere Vorfahren wussten das auch schon!! :wink:

Herzliches Grüßle der Robert
Deakt_20141221

Re: Fundamentale Kleinigkeiten

Beitrag von Deakt_20141221 »

@ Robert Mai
Danke für den Bericht ! Ich habe schon mal so eine ähnliche Nummer - fast schon so - in einem Konzert gesehen. Ich war total begeistert. Auf Natur umstellen!
Hätte ich jetzt doch die Münkwitz in Ces in vioworld gewonnen, ich bekam sie nicht, hätte ich Dich gebeten, diese Nummer in vioworld einzustellen.

Viele Grüße
Truvuzelo
Deakt_20141221

Re: Fundamentale Kleinigkeiten

Beitrag von Deakt_20141221 »

Wie lasst Ihr das Wasser aus der Trompete?

Till Brönner spielte am vergangenen Dienstag in München fast 2 Std. lang ein Jazzkonzert – ohne Pause. Mein Bericht zum Thema kommt aus der Beobachtung des Konzertes ziemlich weit vorne.

Wie hat also Till Brönner das Wasser aus den Instrumenten rausgeblasen?
Antwort: Überhaupt nicht. Dabei ist das Wasser ausblasen doch etwas, das die meisten Trompeter so machen und auch noch gekonnt. Wasser ausblasen gilt Malte Burba – also dem Prof-Kollegen von Brönner in Dresden - als Referenzgröße für das aktive Ausatmen beim Spiel auf der Trompete. Die Entleerung bei Brönner – respektive aus seinen Instrumenten - war anders: a) nicht mit Atemluft und Zwerchfell unterstützt daher b) nicht geräuschvoll und c) folglich in der Muffathalle kaum wahrnehmbar.

Zunächst zur Trompete mit klassischen Wasserklappen.
Er entleerte das Wasser, indem er die Trompete in „Nicht-Spiel-Position“ in Höhe der Brust hielt, linke Hand hält die Trompete wie wir es gerade im Thema gelernt haben, mit der rechten öffnet er die Wasserklappe am Hauptstimmzug. Das Instrument nicht am Mund! Keine Atemluft im Einsatz. Offenbar waren die Neigungswinkel der Tr von ihm richtig gewählt, denn: Der Erfolg tröpfelte gemäß der Schwerkraft aus der Trompete auf den Bühnenboden. Es tröpfelte nur, denn die Trompete war bei Brönner an diesem Abend nur Nebeninstrument, er hatte sich ausdrücklich zu seinem Lieblingsinstrument, dem Flügelhorn, bekannt.

Nun zum Flügelhorn. Hier war sein „Wasser-Auslass-Algorithmus“ völlig anders, hier würden sich schon die Naturtrompeter – sogar @Robert Mai – wohl etwas wiederfinden. Denn die Amado-Ventile schienen da nutzlos und folgleich überflüssig . Brönner verschwendete bei der Aktion auch keinen Blick auf sein FH, lächelte ins Publikum, nebenbei wanderte zielführend seine linke Hand vom Griff am Ventilblock in Richtung Stürze des Schalltrichters, den Arm ausstreckend, wanderte das Instrument leicht verborgen hinter seinen Körper. Er hielt allein mit Griff an der Schalltrichter-Stürze das FH an seinem „langen Arm“. Das Inderbinen-Horn in raw zeigte in Richtung Boden, das – nicht abgenommene! – Mundstück als tiefsten Punkt auszumachen. Der Erfolg dieser - die Schwerkraft nutzenden - Haltung war deutlich: „Wenn alle Brünnlein fließen...“ hätte man anstimmen können. So habe ich das noch nie auf der Bühne gesehen! Besonders beim erstenmal, er muss ja schon „voll“ angekommen sein. Den in der Tiefe der Halle wohl nicht wahrnehmbaren „Wassertrick“ konnte man in den ersten Reihen immer wieder gut beobachten; der Trick sitzt so gekonnt, dass er von ihm jeweils sicher reproduzierbar war. Brönner zeigte jeweils auch lächelnd keine Angst um Horn und Mundstück. Wer von uns würde schon gerne auf dem Bühnenboden krabbelnd sein Mundstück suchen wollen? Er musste es nicht, vielleicht ist es festgelötet, siehe „Konstantenmodell“.

Warum macht er’s wohl so? Weil er’s auch so offenbar ausreichend hinkriegt (nur einmal hat’s nach der Entleerung gleich kräftig gegurgelt), - während andererseits die Mikros und die Anlage „gewöhnliches Wasserlassen“ als Sturm wiedergäben.... Scheinbar vermeidbar.

Die bereitliegenden Handtücher war nicht für die Instrumente sondern für die Musiker.
Till hat seines kräftig genutzt. Unverborgen.

Viele Grüße!
Hochwälder
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Re: Fundamentale Kleinigkeiten

Beitrag von Hochwälder »

Truvuzelo hat geschrieben:Der Erfolg dieser - die Schwerkraft nutzenden - Haltung war deutlich: „Wenn alle Brünnlein fließen...“ hätte man anstimmen können. So habe ich das noch nie auf der Bühne gesehen!
Wow.... alle Achtung. Sowas kenne ich nur von Tubisten mit großem Durst :D
Bitte sofort beim Video aufpassen!
https://www.youtube.com/watch?feature=p ... 29NJs#t=5s
Wer nie vom Weg abkommt, der bleibt auf der Strecke.
Volksmund
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Re: Fundamentale Kleinigkeiten

Beitrag von Blas! »

Hi Truvuzelo,

vielen Dank für die Befriedigung des Minimalinteresses! :gut:

Ich möchte nicht unverschämt erscheinen und schon gar nicht in dich dringen, aber mich würde auch noch interessieren, wie das Konzert denn sonst so gewesen ist...

Könntest du bitte dazu noch ein paar Takte verlieren (obschon hier off topic)?

Viele Grüße
Blas!
Deakt_20141221

Re: Fundamentale Kleinigkeiten

Beitrag von Deakt_20141221 »

@ Blas
dann mach ich das mal, mit PN gings ja leider nicht bei Dir. Und zum Thema
- Brönner hat die Ventile immer mustergültig wie ein Klassiker bedient, stets präzise von oben, den kleinen Finger aber doch im Haltehaken.
- ich muss den Vorbehalt machen: Ich bin kein Jazzer, selbst eher klassisch zu Gange und will gar nicht versuchen zu interpretieren sondern mehr das schreiben, was ich meine beobachtet zu haben.

Brönner hat überrascht an dem Abend in der Münchner Muffathalle: Keine Schmuse-Nummern, keine U-Musik auf Konsens achtend, keinerlei gesangliche Einlagen, keine Anklänge an Chet Baker oder alte Jazzkalauer. Dafür: neuen frischen Jazz. Man/besser ich hatte das Gefühl, er wollte bewusst sein Image als Jazzer unterstützen und zeigen, dass er das drauf hat, gegen die, die da immer mehr maulen. Er hat es drauf. Er nutzte gut die Möglichkeit, die brandneue CD vorzustellen, er hatte sie mit dabei zum Verkauf, druckfrisch knapp 1 Std. nach Auslieferung, wie er sagte, wusste auch zu sagen, dass „die ersten drei Stücke, die wir spielten auf der CD ist...“ Wohl auch noch weitere. Hervorragende Truppe, traumhaftes E-Piano, Spitzenschlagzeuger. Bisher von mir noch nicht so gehört in 2 Live-Auftritten: Brönner vielfach im Duett mit dem Tenorsax, musikalisch sehr harmonisch, ohne dass sich ein Brönner in der Vordergrund spielen musste. Da steht er ohnehin, immer locker lächelnd, sicherer Stand in seinen offenen Basketballschuhen, Jeans, V-Shirt mit Anzugjacke mit Doppeltäschen. Brönner gab keinen harten Trompeter ab an dem Abend, setzte wie schon vorher zu hören war an dem Abend auf das Flügelhorn. Er kam gleich mit dem Flügelhorn (Inderbinen) auf die Bühne, spielte fast nur darauf. Erst nach vielen Stücken kaum die bereit liegende Trompete zum Einsatz, versilbert, wohl Yamaha, Typ w./Tasche des Drahtlosmikros nicht erkennbar, vielleicht das Signaturmodell Till Brönner, versilbert, vielleicht aber auch nicht. Die Trompete mit Dämpfer war dann auch wenig Kontrast zum FH, nur einmal ohne Dämpfer gespielt, das stutzte man über den Klang und freute sich eher wieder auf das Flügelhorn; der Wunsch wurde erfüllt. Damit kann er den Sound unglaublich modulieren. Es klingt unten dunkel und voll, wie im Wald, in der Höhe und laut durchaus trompetig. Dieses Horn erlaubt oder unterstützt auch Brönners Spitzentöne – brilliant und zahlreich – in der 3. Oktave. Bis in die Zugaben hinein. Er gab sich und uns keine Pause während fast 2 vollen Stunden, ein wahnsinniges musikalisches Pensum, Brönner stets ohne Noten, diese nur am Piano und gelegentlich beim Bassisten sichtbar. Wir konnten mit lautstarkem Beifall mehrere Zugaben ertrotzen, was eigentlich schon Zumutung war nach dem Gebotenen. Das wurde erfüllt und in voller Qualität. Ein Anklang vielleicht an die nahe Adventszeit als ruhiges Stück, eine Jazzversion der Air von Bach, traumhaft gespielt auf dem Inderbinen-FH, das Intro a capella, eine traumhafte Flügelhornnummer, absolut er der Solist in ruhiger Begleitung (das Sax ging dabei von der Bühne). Da hörte ich nebenan den trivialen Spruch vom „unkaputtbaren Bach“, aber es war genial gemacht. Das war nicht nur wie häufig, eine geringe jazzige Umphrasierung, es war absolut eigenständig und so noch nie gehört. Also ich hätte mich am liebsten hingekniet für dieses Stück. Ich saß aber: Anders als es die Karten versprochen hatte, denn stand „unbestuhlt“, nun das war man aus den Anfangsjahren auch in München gewohnt, als man da in der Reithalle mit einigen zig Leuten so rumstand für diesen Nachwuchstrompeter. Nun war da ein voller Saal und doch bestuhlt, nur nicht nummerierte Plätze. Wer meinte, Brönner müsse schon der gebotenen Erholung wegen ein bißl quatschen, sein Entertainment-Talent bemühen, Stücke vorstellen, weit gefehlt. Er beließ es bei der Vorstellung seiner Kollegen am E-Piano, E-Bass, Schlagzeug, TenorSax/Flöte. Brönner war bläserisch ungemein gut drauf, der Strahlemann für das Publikum wie gewohnt. Man muss ihn einfach mögen. Dass er viel in Talkshows und Juries rumhängt, seine Halb-Professur in Dresden erfüllen muss, das hat offenbar dem Jazz nicht geschadet. Brönner zeigte, dass er in der Welt des Jazz zuhause ist, eigenständig und immer mit seiner unfehlbaren Art des schnellen und sicheren Spiels und das mit seinem unvergleichlichen Ton.

Hallo Blas! Ich hoffe, ich habe Dir die gewünschte Infos geben können.
Alles Gute viele Grüße und bleiben wir Deinem Motto treu: Blas!
buddy
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Re: Fundamentale Kleinigkeiten

Beitrag von buddy »

Danke für die tolle Konzertkritik, sehr anschaulich. Wie schön, das Till Brönner wieder das macht, was er kann und lässt, was er nicht kann (singen).
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