Trompetenmethodik - wer hat's erfunden?

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TrompeteRT
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Trompetenmethodik - wer hat's erfunden?

Beitrag von TrompeteRT »

Hallo zusammen,

in den zahlreichen Nachrufen auf den großen Maurice André war oft der Name seines Lehrers Raymond Sabarich zu lesen. Daraufhin habe ich gegoogelt, um die Methode, nach der Maurice André gelernt und gelehrt hat, mal weiter zurückzuverfolgen.

Über Sabarich, dessen Lehrer Eugène Foveau war, der wiederum Schüler von Merri Franquin war, welcher von Arban unterrichtet wurde, der seinerseits Schüler von François Dauverné war, gelangt man schließlich zu J.E. Altenburg (Autor der ältesten gedruckten deutschen Trompetenschule "Versuch einer Anleitung zur heroisch-musikalischen Trompeter- und Paukerkunst", 1795) von dem Dauverné beeinflusst worden war.

Dieses Zurückverfolgen führt z.B. bei Reinhold Friedrich (und bei vielen anderen Toptrompetern) zum gleichen Ergebnis: Friedrich -> Tarr -> Voisin/Herseth -> Georges Mager -> Franquin -> Arban .....

Ein wenig anders bei Wynton Marsalis oder Phil Smith: Vacchiano -> Schlossberg -> Julius Kosleck -> ?

Ein Schock für all jene, die bislang glaubten, Malte Burba habe das alles erfunden. :wink:

Nun aber meine Frage: Gibt es zu diesem Thema Literatur/Weblinks oder hat jemand von Euch sich schon einmal eingehend damit befasst oder gibt es gar schon Threads dazu, die ich via Suchfunktion nicht gefunden habe?

Danke im Voraus für Eure Hinweise.

LG
TrompeteRT
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TrompeteRT
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Re: Trompetenmethodik - wer hat's erfunden?

Beitrag von TrompeteRT »

Vielen Dank und viele Grüße

TrompeteRT
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Singvögelchen
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Re: Trompetenmethodik - wer hat's erfunden?

Beitrag von Singvögelchen »

Hallo, sehr interessantes Thema.

Ich denke, über das bloße Rückverfolgen der Lehrerliste ist die Entstehung der Trompetenmethodik allein nicht zu erklären.

Bei den Links zuvor hat mein Englisch leider nicht mitgemacht, tut mir leid.

Wenn man allein betrachtet, bei wieviel verschiedenen Lehrern man die Möglichkeit hat, etwas zu lernen, fällt es unglaublich schwer, alle Kenntnisse auf einen einzigen zurückzuführen. Ich selbst habe eine Meisterkursliste von bestimmt 30 Professoren vorzuweisen...Allan Vizzutti, Ludwig Güttler, Matthias Höfs, Hans Gansch, Conradin Groth, Fred Mills, Bo Nilsson, Günther Beetz usw. bei wem hat man wann was gelernt?

Außerdem kenne ich unglaublich viele Trompeter, die vorgeben, von Maurice Andre beeinflusst worden zu sein. Okay, die haben ihn im Konzert gehört, aber keiner kann ihm das Wasser reichen. Ich glaube, die wollen nur ein bisschen am Ruhm des Meisters teilhaben. Wer da jetzt die Linie zieht über Arban zu JE Altenburg, wird nichts Genaues herausfinden können....

JE Altenburg übrigens war ein außerordentlich schlechter Trompetenmethodiker, er hat dazu in seiner Schule fast gar nichts gesagt, vielmehr hat er leider völlig unwissenschaftlich den Mythos von den Supertrompetern in die Welt gesetzt, von dem wir alle noch zehren. Es ist aber inzwischen tatsächlich erwiesen anhand zahlreicher Abrechnungen der damaligen Fürstenhöfe, dass die Trompeter in keinster Weise eine finanzielle Sonderstellung eingenommen haben.

Bei meinem eigenen Professor, der mir ein sehr traditionelles deusches Klangbild vermitteln konnte, habe ich nach Beendigung des Studiums erfahren, dass er mich methodisch zu fast 100 % nach den Veröffentlichungen von Philip Farkas unterrichtet hat. Also: amerikanische Methodik plus deutsche B-Trompete ist überhaupt kein Widerspruch.

Dessen Unterrichtswerke waren damals vor etwa 50 Jahren wegweisend, und die ersten, die sich umfassend mit der Blechbläsermethodik beschäftigt haben.

Ein super Tipp: falls du dich mit Methodik und nicht ihrer Geschichte auseinandersetzen willst:

Daniel Kohut/Heinz Fadle: MUSIZIEREN, Theorie des Lehrens und Lernens
Verlag DIE BLAUE EULE, Essen

Ein leider noch nicht allzu bekanntes Werk für angehende Musiklehrer, welches alle Aspekte der Methodik umfasst.
Liebe Grüße vom Singvögelchen!


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TrompeteRT
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Re: Trompetenmethodik - wer hat's erfunden?

Beitrag von TrompeteRT »

Singvögelchen hat geschrieben:Ich denke, über das bloße Rückverfolgen der Lehrerliste ist die Entstehung der Trompetenmethodik allein nicht zu erklären. (...) Wer da jetzt die Linie zieht über Arban zu JE Altenburg, wird nichts Genaues herausfinden können (...) Bei meinem eigenen Professor, der mir ein sehr traditionelles deusches Klangbild vermitteln konnte, habe ich nach Beendigung des Studiums erfahren, dass er mich methodisch zu fast 100 % nach den Veröffentlichungen von Philip Farkas unterrichtet hat. (...) Dessen Unterrichtswerke waren damals vor etwa 50 Jahren wegweisend, und die ersten, die sich umfassend mit der Blechbläsermethodik beschäftigt haben.
Da stimme ich Dir zu: Viele Trompeter sind nicht nur von einem Lehrer/einer Methode beeinflusst worden, außerdem wird jeder individuell das Konzept seines Lehrers/seiner Lehrer anders auffassen, umsetzen und ggf. weiterentwickeln.

Dennoch gibt es immer wieder herausragende Lehrerpersönlichkeiten (z.B. Thibaud, Chichowicz, Vacchiano), die durch ihre intensive und extensive Lehrtätigkeit als Multiplikatoren wirken/gewirkt haben und die eine große Zahl an Schülern beeinflusst haben und deren Methode(n) sich weit verbreitet hat.

Mir war es jedenfalls neu, dass auch die "Chicagoer Schule" (Herseth, Chichowicz, Schilke und auch Farkas) über Georges Mager letztlich wieder nach Frankreich (Franquin, Arban) zurückführt.

LG
TrompeteRT
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Singvögelchen
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Re: Trompetenmethodik - wer hat's erfunden?

Beitrag von Singvögelchen »

Ja , es ist total interessant, als ich zusammen mit ein paar französischen Trompetern spielen durfte vor ein paar Jahren, allesamt beste Pariser Schule, haben die sich doch ausschließlich mit Stamp-Einblasübungen eingespielt.
Und ich dachte bis dahin, gerade die Franzosen ziehen ausschließlich ihr eigenes Ding durch. Du findest dort auch fast keinen Spitzentrompeter mehr, der noch in Frankreich gebaute Instrumente spielt. Schilke, Yamaha usw sind gerade angesagt.
ABER: sie klingen immer noch alle französisch, das ist echt der Hammer. Sie spielen auch zum Probespiel das Haydn-Konzert auf Perinet C-Trompete!!! Tief im Herzen ist ihre Musikalität und der typische Klang noch ganz schön fest verwurzelt. Es weicht aber zunehmend etwas auf im Zuge der Einführung von deutschen Trompeten, Barocktrompeten usw.
Liebe Grüße vom Singvögelchen!


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Trompedo
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Re: Trompetenmethodik - wer hat's erfunden?

Beitrag von Trompedo »

TrompeteRT hat geschrieben:
Über Sabarich, dessen Lehrer Eugène Foveau war, der wiederum Schüler von Merri Franquin war, welcher von Arban unterrichtet wurde, der seinerseits Schüler von François Dauverné war, gelangt man schließlich zu J.E. Altenburg (Autor der ältesten gedruckten deutschen Trompetenschule "Versuch einer Anleitung zur heroisch-musikalischen Trompeter- und Paukerkunst", 1795) von dem Dauverné beeinflusst worden war.
Ob Altenburg wirklich unterrichtet hat ist garnicht sicher... Natürlich hat er diese Schule geschrieben, aber es gibt Anzeichen die vermutten lassen, dass er nicht unterrichtet hat, und wenn dann nur wenige (7Jahre Sperrfrist nach der eigenen Ausbildung)

Dass Dauverne von Altenburg beeinflusst worden war ist natürlich nicht ausgeschlossen
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Re: Trompetenmethodik - wer hat's erfunden?

Beitrag von rogelton »

Mir fällt auf, dass niemand von Robert Pichaureau redet, dem doch Maurice André seinen eigenen Sohn anvertraut hat. Leider 1999 verstorben, ohne meines Wissens etwas Schriftliches hinterlassen zu haben. Als einzige Referenz habe ich http://la.trompette.free.fr/Pichaureau/Avant-propos.htm ausfindig machen können.
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Re: Trompetenmethodik - wer hat's erfunden?

Beitrag von juzi »

@ Singvögelchen
In Bezug auf Altenburg und Trompetenmethodik muss ich dir leider wehement widersprechen! Altenburgs "Praktischer Unterricht zu Erlernung der Trompeten und Pauken mit Regeln und Exempeln erläutert" umfasst 57 Seiten und ist bei weitem umfassender als bei einem Grossteil moderner Schulen (Franquin mal ausgenommen). Er beschreibt Ansatz, Intonation, Artikulation, Komposition, Verzierungslehre, sogar wie ein Lehrer zu unterrichten habe!
Seine Erläuterungen entsprechen natürlich nicht dem modernen Sprachgebrauch (wie auch? da die Sprache ja auch eine Evolution durchmacht!).
Wie er gespielt hat, bleibt im Dunkeln! Know How, was auf der Naturtrompete entscheidend ist hatte er jedoch unwiderlegbar!!!
(leider wurde Altenburgs Werk durch die Musikwissenschaft stark auf seinen "Ersten Theil" (welcher, ich gebs zu, eindeutig persönlich gefärbt ist!) beschränkt und analysiert)

Zur Bezahlung:
E.H.Tarr "Die Trompete" S. 95
"Zur Zeit der Shores bekam ein Sergeant trumpeter jährlich 160 Pounds, ein Trumpeter in ordinary 90 Pounds, ein Sänger 63 und ein gewöhnlicher instrumentalist 40."
Ich stimme dir jedoch zu, dass dies an andern Orten in Europa verschieden gehandhabt wurde.....

@ TrompeRT
Lehrer von Dauverné war hauptsächlich David Buhl welcher meines Wissens nach deutschstämmig war.
Altenburg war Dauverné klar vertraut, sonst hätte er nicht sein Trompetenkonzert abgedruckt. Ob eine direkte Verbindung besteht lässt sich meines Wissens nicht belegen (falls jemand etwas weiss würde es mich jedoch sehr interessieren.)

Lg
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Re: Trompetenmethodik - wer hat's erfunden?

Beitrag von Trompedo »

juzi hat geschrieben:@ Singvögelchen
In Bezug auf Altenburg und Trompetenmethodik muss ich dir leider wehement widersprechen! Altenburgs "Praktischer Unterricht zu Erlernung der Trompeten und Pauken mit Regeln und Exempeln erläutert" umfasst 57 Seiten und ist bei weitem umfassender als bei einem Grossteil moderner Schulen (Franquin mal ausgenommen). Er beschreibt Ansatz, Intonation, Artikulation, Komposition, Verzierungslehre, sogar wie ein Lehrer zu unterrichten habe!
Seine Erläuterungen entsprechen natürlich nicht dem modernen Sprachgebrauch (wie auch? da die Sprache ja auch eine Evolution durchmacht!).
Wie er gespielt hat, bleibt im Dunkeln! Know How, was auf der Naturtrompete entscheidend ist hatte er jedoch unwiderlegbar!!!
(leider wurde Altenburgs Werk durch die Musikwissenschaft stark auf seinen "Ersten Theil" (welcher, ich gebs zu, eindeutig persönlich gefärbt ist!) beschränkt und analysiert)
Ob Altenburg selber Schüler hatte ist dabei auch nicht wirklich raus, wenn dann nur wenige, da ein Lehrer nur ein Schüler haben durfte und das ja für 2-5Jahre, je nach Region.

Sehr zu empfehlen in diesem Zusammenhang: http://books.google.de/books?id=tIdRhO7 ... &q&f=false

bzw zu empfehlen ist natürlich das ganze Buch...
Gebläse
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Selmer 365 G
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Münkwitz 3-Loch Riedel und Klassik
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Klier Ex. 6 A - 6E
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Re: Trompetenmethodik - wer hat's erfunden?

Beitrag von Gebläse »

Hallo beisammen,

dass Altenburg Schüler nach den von ihm selbst niedergeschriebenen Regeln unterrichtet hat, kann man wohl ruhigen Gewissens verneinen. Die Berechtigung, Schüler zu unterrichten hätte er erst nach 7-jähriger Tätigkeit als ordentlich bestallter (Feld-)Trompeter erhalten. Hier ist aber bekannt, dass er bereits zwei Jahre nach Lehrabschluss nach kurzer Ausbildung bei Altnikol verschiedene Organistenstellen angenommen hat. Als Organist auch ist er in Bitterfeld verarmt gestorben. Trotz recht autozentistischer Tendenzen in seinem Buch hat er dem "Siebenjährigen Krieg (nur) beigewohnt". Wäre er als Feldtrompeter dabeigewesen, hätte er es nur als Militär (eben Feldtrompeter) tun können. Dann hätte er sicher von "teilgenommen" geschrieben.
Johann Kaspar Wilcke, der zweite Schwiegervater J.S. Bachs, war bis 1733 Hoftrompeter in Weißenfels, also Kollege von Altenburgs Vater.
Johann Gottfried Reiche wurde in Weißenfels ausgebildet, allerdings vor der Zeit von Altenburgs Vater dort. Er kam schon 1688, zuerst als Kunstgeiger in städtischer Anstellung nach Leipzig. Er hat seine Ausbildung wohl aber beim Stadtmusikus Becker (also nicht am Hof) erhalten und als Stadtpfeiffergeselle nicht Trompeter, beendet.
So passt er in das Altenburg'sche Feindbild des ungelernten, in fremden Revieren jagenden Missbräuchlers.

Die Verbindungen europäischer Trompeterschulen lassen sich übrigens recht vielfältig verfolgen. Von Mantua und Mailand nach Wien, München, nach Dresden, Kremsier, nach Weißenfels, nach Hamburg, Berlin, Lepzig und so weiter. Bologna und Lissabon nicht zu vergessen.

In späterer Zeit hatten Wiener Trompeter ihre Ausbildung häufig in Leipzig erhalten. Trompeter aus der Alten Welt, z.b. Rodenkirchen und Vincent (Schrotten-)Bach (ja, eben der), Zimmermann wanderten als geschätze Trompeter nach Amerika und Russland aus. Später kamen dann Amerikaner wie E. Tarr und D. Mars (der ja in Stuttgart wirkte) aus der Neuen Welt in die Alte Welt zurück, um nicht zuletzt hier in der Ausbildung erfolgreich zu sein.

Viele Grüsse

Jörg
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