Unterkiefer wandert nach vorne

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son
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Re: Unterkiefer wandert nach vorne

Beitrag von son »

Ich kenne dieses Kiefer-/Höhenphenomen auch von mir.

Als ehemaliger Flatchinner habe zwei Jahre BE gemacht; dabei alle Übungen aufgrund meiner kurzen Oberlippe recht weit „oben“ (Richtung Nase) ausgeführt. Bei Roll-In ergab es sich so, dass der Kiefer so gut wie garnicht geöffnet war, sich die Backenzähne fast berührten. Ein hoher Ton (z.B. G2 oder C3) kam am besten, wenn die unteren Schneidezähne etwas vor die oberen geschoben wurden. Ich hatte auf Fotos gesehen, dass es Leadtrompeter gibt, die die Kanne deutlich nach oben halten. So dachte ich mir: Es kann nicht völlig verkehrt sein. Es war mir zwar möglich, die Zunge an die Oberlippe zu führen, jedoch etwas umständlich „gefühlt um die oberen Schneidezähne herum“. Wenn ich dann noch versuchte, die Zungenspitze an der Unterlippe zu fixieren, bildeten sich auf diese Weise bei mir zwei Räume im Mund – getrennt durch einen Engpass, den die Zunge und die oberen Schneidezähne bildeten (etwa wie Callet das beschreibt, nur ohne geöffnete Kieferstellung). So war zwar ein G3 im Labor möglich, aber der Ton über den ganzen Tonumfang grätzig und schlecht intoniert. Treffsicherheit und schöner Ton – absolut Fehlanzeige.

Vor Monaten habe ich mal Unterricht bei jemand genommen, der im französichsprachigen Raum studiert hat und diesen klassischen Ton der französischen Schule hat. Trompete nach oben halten a la Haderer ist da tabu: Also erstmal Kanne runter. Mit dem Effekt, dass da garnichts mehr ging. Was ich sonst gezeigt bekam war m.E. im Kern TCE, also Zungenspitze an der Unterlippe. Allerdings ohne diese unsäglichen Zentimeterangaben für die Kieferöffnung und die „Zungenraustreckung“. Und bei den Mundwinkeln auch kein Lockerlassen sondern Anspannen (natürlich nicht: auseinander!), wohl, damit der Ansatz nicht vorm Gesicht torkelt. Oberlippe mit dem Mundstück etwas runterziehen (dabei gibt’s ne Art „Roll-In-Effekt“), Mundstück hat am Oberkiefer seinen definierten „Fixpunkt“. Unterlippe weitgehend "machen lassen". Bitte alles nicht zu wörtlich nehmen, schlagt mich nicht ans Kreuz – ist ja hier wirklich nur kurz angedeutet, wie ich neu eingewiesen wurde. Nach wenigen Wochen war ich soweit, dass ich untenrum einen schönen Ton hatte und Töne auch viel sicherer treffen konnte, kein Vergleich sogar! Höhe schien aber unerreichbar. A2 kam schön uns sicher, Schluss bei C3.

Wie viele andere hier, traue ich keinen Grabenkämpfen, sondern versuche zu ergründen und zu verstehen: Nach dem Motto „Wahrscheinlich haben die meisten irgendwo recht.“ habe ich versucht, meine bisherigen „Unterkiefer-Vorn-Quietschfähigkeiten“ an die geneigtere Spielposition heranzubringen. Ich habe die Tröte bei BE-Übungen immer weiter runtergekippt, mit dem Mundstück auch die Oberlippe dabei ein Stück nach unten gezogen. Dabei habe ich festgestellt, dass BE für mich in dieser Stellung (ohne hochgestellte Kanne) genauso durchführbar ist. Man sollte nie zu früh urteilen! Es fühlt sich zwar völlig neu an (das krasseste Erlebnis war, plötzlich die Oberlippe mit dem Mundstück zu belasten. Und trotz eines total anderen Gefühls: Was ich heute an BE mache, entspricht den Übungsanweisungen in gleichem Maße (Smiley schreibt schließlich nicht vor, wo die Zungenspitze VOR dem Zip ist und TOL ist auch nur ne ÜBUNG !). BE ist zwar ein Segen für die meisten, schützt aber Leute mit geringerer körperlicher Intuition (wie mich) auch nicht sicher vor verrückten Sackgassen, wie z.B. die Tröte übertrieben hoch zu halten: Höhe geht bei mir leichter, leider aber um den Preis der Tonkontrolle . Ich arbeite an einem Kompromiss.

Heute, also ein paar Monate nach meinem „französischen Input“ ist es mir ein wenig gelungen, die Spielweisen zu vereinen und ich habe Hoffnung, dass diese Entwicklung anhält. (Ich übe 1-2 Stunden am Tag)
FREDOUZO
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Re: Unterkiefer wandert nach vorne

Beitrag von FREDOUZO »

wow,danke für den ausführlichen Beitrag.
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alimoe82
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Re: Unterkiefer wandert nach vorne

Beitrag von alimoe82 »

Was ich noch vergessen habe..es ist DEIN Ansatz und Du mußt ihn kontrollieren. Im Tr.Forum gibt es zwar gut Tips und Anregungen, aber du solltest dein eigenes, funktionierendes System entwickeln und nicht allem nachrennen was so geschrieben und gesagt wird..(Hiermit meine ich natürlich keinen der Vorredner!!)Hier noch mal von Herrn Gansch erklärt..
http://www.youtube.com/watch?v=a9xGfQulfY8

@Son: Ich habe mich Anfang des Jahres mit BE beschäftigt und kam auch die erste Zeit gut vorwärts. Allerdings wurde der Fortschritt immer geringer, bis gar nichts mehr ging, sowohl bei BE als auch in mein normales Spielen. Sied ca. drei Wochen bin ich ohne BE unterwegs und spiele besser denn je! Hast du ne Ahnung, woran es liegen könnte!? Ich habe lediglich Whisper Notes wieder verstärkt ins Programm genommen. Aber, dass die so einschlagen!?..(soll natürlich nicht von fredouzo's Problem ablenken!)
MfG Sven

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Re: Unterkiefer wandert nach vorne

Beitrag von FREDOUZO »

Hei du lenkst doch nicht ab,
keine Sorge, ich find es cool, wenn man von einem Problem zum nächsten kommt, ich denke aus solchen Sachen kann man oft Tips und Tricks rausziehen, die einem selbst vielleicht auch helfen können. :gut:
trompeterli
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Re: Unterkiefer wandert nach vorne

Beitrag von trompeterli »

son hat geschrieben: Vor Monaten habe ich mal Unterricht bei jemand genommen, der im französichsprachigen Raum studiert hat und diesen klassischen Ton der französischen Schule hat. Trompete nach oben halten a la Haderer ist da tabu: Also erstmal Kanne runter. Mit dem Effekt, dass da garnichts mehr ging. Was ich sonst gezeigt bekam war m.E. im Kern TCE, also Zungenspitze an der Unterlippe. Allerdings ohne diese unsäglichen Zentimeterangaben für die Kieferöffnung und die „Zungenraustreckung“. Und bei den Mundwinkeln auch kein Lockerlassen sondern Anspannen (natürlich nicht: auseinander!), wohl, damit der Ansatz nicht vorm Gesicht torkelt. Oberlippe mit dem Mundstück etwas runterziehen (dabei gibt’s ne Art „Roll-In-Effekt“), Mundstück hat am Oberkiefer seinen definierten „Fixpunkt“. Unterlippe weitgehend "machen lassen".
Sehr schöner Bericht. Mich würde interessieren, was hierbei "französische Schule" ist.
Wird dort nicht über TCE gesprochen, obwohl man es so macht?
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son
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Re: Unterkiefer wandert nach vorne

Beitrag von son »

@trompeterli
"Französische Schule" habe ich oberflächlich gemeint; - wie man z.B. auch von "alter Schule" spricht. Das ist natürlich unpräzise und kann vieles heißen, aber man weiß ungefär, was gemeint ist.

Ich wollte andeuten, dass dieser Lehrer vom Klang her französisch geprägt ist. Im Sinfonieorchester wird bei sowas - wie ich mehrfach gehört habe - durchaus unterschieden.

Mein Ausdruch sollte also keine Bezeichnung für eine konkrete Spieltechnik sein. Gleichwohl interessierte es mich aber, was technisch hinter diesem Ton steckt, den so viele bewundern. Und ein paar technische Aspekte habe ich oben ja angedeutet.

@alimoe82
Da kann man viel zu sagen und ich muss noch drüber nachdenken, wie ich das am besten anpack ... Ich will was vernünftiges, hilfreiches Schreiben, ich hoffe, ich finde bald Zeit dafür.

@FREDOUZO
Dein Thema hat mich zu neuen Gedanken und Übungen angeregt! Es kann gut sein, dass ich mich hier in ein paar Wochen noch einmal melde, wie es mir weiter ergangen ist. Denn ich will dieses "Problem" auch für mich unbedingt lösen. Ich habe zwar schon ein griffiges Konzept aber es ist noch zu früh, das vorzustellen.
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Re: Unterkiefer wandert nach vorne

Beitrag von FREDOUZO »

Hi Son,

da bin ich mal gespannt, vielleicht bringt es mir ja auch was ;-)
Viel Erfolg und berichte doch über deinen Fortschritt.
Marius00
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Re: Unterkiefer wandert nach vorne

Beitrag von Marius00 »

Da ich zur Zeit genau das entgegengesetzte Problem habe nach der Umstellung von zurück gezogenem Unterkiefer auf vertikale Geradestellung des Kiefers, habe ich bei dieser Gelegenheit viele Videos von sehr bekannten Profitrompeter angesehen welche im Highnote Bereich top waren bzw. sind. Bei allen viel mir auf, das Sie entgegen der in allen Fachliteraturen dozierten vertikalen Geleichstellung der Zähne mit einer leichten Neigung von ca. 10° nach oben spielen und das auch im absoluten Highnote Bereich. Z.B. hat Horst Fischer erst über dem f'''' die Trompete in die waagerechte Position runter genommen, bis dahin hatte er auch die leichte Neigung nach oben gespielt.
Ich denke so lange Du keine physische Probleme bekommst wie Sven und das Ergebnis deines Spiels gut ist solltest Du nicht viel ändern.

MfG Marius!
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Re: Unterkiefer wandert nach vorne

Beitrag von FREDOUZO »

Hi,
es fühlt sich einfach sehr komisch an und irgendwie fehöt mir nun auch die Ausdauer, ok,momentan spiele ich auch nicht all zu viel, aber ich weiß grad selber nicht, was ich da machen soll, es ist einfach vom Gefühl her anderst und nicht positiver ;-)
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