Cryo-Behandlung

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Moderator: Die Instrumentenbauer

heckelbach
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Re: Cryo-Behandlung

Beitrag von heckelbach »

Moin!
Nun muss ich mich doch noch mal auslassen!
Bezüglich Einfluss von Spannungen auf den Klang des Instrumentes, insbesondere auf gewünschte und unerwünschte Obertöne ghe ich davon aus, dass die letzzen 25 cm des Schallstückes entscheidenden Einfluss haben! Wie Untersuchungen (Braunschweig, Wien) gezeigt haben, bilden sich auf dem Schallstück sogar stehene Wellenmuster.
Wie ttrumpet zu Recht erwähnte ist der Herstellungsprozess dort von umfangreichem Verformen/Verdichten und anschliessendem "Ausglühen" begleitet.
Beendet man diesen Prozess mit zu viel Ausglühen, dann kann man das Schallstück auch gleich wegwerfen, da es weich und damit akustisch tot ist.

Also: Spannungen bzw. Steifigkeit im Blech muss sein, damit es schwingen und damit klingen kann.

Nun die Hypothese:
Bei der Herstellung werden die Spannungen (durch Drücken und Hämmern) sehr ungleichmäßig verteilt. Das wird durch das Glühen reduziert. Durch starke Vibrationen oder starke Temperaturänderungen kann man die Spannungen auch etwas gleichmäßiger verteilen. Dies passiert vermutlich dadurch, dass der elastisch verformbare Bereich dort verlassen wird. Meint lokale Spannungsspitzen werden reduziert. Damit können dann auch Bereiche schwingen, in denen die Spannungen vorher zu hoch und das Material damit zu steif war. Das kann auch den Effekt erklären, dass neue Instrumente "eingeblasen" werden müssen bis sie gut klingen und ganz alte, da weich geworden, nicht mehr gut klingen.

So, bevor nun alle die Instrumente stressen: Wie Wolfram zu Recht erwähnte, entstehen beim Zusammenlöten des Instrumentes je nach Fähigkeit des Instrumentenmachers auch Spannungen, die dann von den Lötstellen gehalten werden müssen. Bei Beanspruchung reissen die aber vermutlich als erstes !!
Daher Vorsicht!

Liebe Grüße,
Singvögelchen
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Re: Cryo-Behandlung

Beitrag von Singvögelchen »

Höchst interessant, ich habe mal bei Micha Münkwitz meine eigene Barocktrompete gebaut. Aus dem Messing von der großen Rolle wurde in vielen kleinen Schritten ein super klingendes Schallstück geschmiedet. Immer wieder gehämmert, gewalzt auf dem Formstahl bis es knüppelhart war. Dann geglüht...wieder weich und weiter formbar. Immer wieder. Und aber am Schluss haben wir es auf maximale Härte getrimmt (ohne dass etwas gerissen wäre) und dann hat die Luftsäule drinnen und draußen perfekt geklungen. Einmal zuviel geglüht wäre das Aus gewesen, Mülltonne.
Ich kann mir gut vorstellen, wie zum Beispiel größere Zinkfraßstellen den zentrierten Klang negativ beeinträchtigen können.
Dass bestimmte Hornistinnen allerdings darauf schwören, aller 7 Jahre ein nagelneues Waldhorn eines namhaften Herstellers benötigen zu müssen (weil das Material nachlässt), halte ich für eine ausgeklügelte Werbestrategie.
30-40 Jahre bei guter Pflege sollte ein gutes Instrument locker mitmachen.
Liebe Grüße vom Singvögelchen!


"Blas schön rein, dann kommts schön raus!"
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heckelmeyer
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Re: Cryo-Behandlung

Beitrag von heckelmeyer »

Hat schon mal jemand eine Delle rein- & rausgemacht nach dieser CryoBehandlung?

Vor zig Jahren berichtete mir ein Kollege vom Versuch: Rohre nach dem Ziehen vom Dorn lösen.
Er tauchte das Paket in flüssigen Stickstoff.
Bedingt durch die versch. Ausdehnungskoeffizienten glitt das Rohr problemlos vom Dorn --> kein Verzug des Rohres
Neues Problem: MS wurde glashart und brach im BiegeFall auch so....
soli deo gloria
ExBenutzer

Re: Cryo-Behandlung

Beitrag von ExBenutzer »

Interessanter Einwand! Ich hätte bei der Cryo-Behandlung Angst, dass dadurch Spannungsrisskorrosion gefördert wird.
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