DDR-Trompeten

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Moderator: Die Instrumentenbauer

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orlando_furioso
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DDR-Trompeten

Beitrag von orlando_furioso »

Hallo Leute,

es sind ziemlich viele Instrumente aus der ehem. DDR in Umlauf. Dazu zwei Fragen:

Mir hat mal jemand erzählt, dass nur die großen VEB's (z.B. "Weltklang") ihren Namen auf die Instrumente graviert haben, obgleich es immer auch die handwerklichen Instrumentenbauer v.a. im Musikantenviertel noch gab. Diese haben vorwiegend die hochwertigen Instrumente für die klassischen Musiker in den großen Orchestern und Opernhäusern gebaut. Sie durften aber nicht mit ihrem Namen werben, sondern haben an versteckter Stelle einen Buchstaben o.ä. eingraviert oder gestempelt. Letzteres kann kann man bei vielen Instrumenten ohne Namen heute noch erkennen.

Frage 1:
Ist der Sachverhalt richtig wiedergegeben?

Frage 2:
Kann man heute noch nachvollziehen, wer damals das Instrument gebaut hat?

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Wolfram
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Re: DDR-Trompeten

Beitrag von Wolfram »

Hallo!
Nein, diese Angaben sind so nicht korrekt. Die Instrumentenbaumeister durften jederzeit ihre Namen eingravieren.
Diese Instrumente wurden auch in der DDR verkauft, aber nur selten nach freier Wahl des Meisters. Die Werkstätten waren alle organisiert, denn nur so bekam man auch das Material, welches man für die Produktion benötigte... Diese Genossenschaften vermittelten dann auch den Verkauf an die Musikhochschulen und Lehrer.

Die Genossenschaften:
Die selbstständigen Handwerksmeister in der noch heute existierenden MIGMA.
Die verstaatlichten in der SINFONIA.

Natürlich konnte man auch mal einzelne Instrumente privat erwerben. Dazu waren aber die notwendigen "Mitbringsel" erforderlich. Z.Bsp. harte Währung oder andere seltene Produkte des täglichen Lebens. In meiner Heimat-Stadt wurden z.Bsp. kleine Motorräder gebaut. Wenn ich Ersatzteile für diese Fahrzeuge mitbrachte, dann bekam ich meistens das Material für meine Instrumente, welches ich benötigte. Aber mit der Zeit genügte auch der gute persönliche Kontakt...

Wenn Instrumente ohne Namen in den Umlauf kamen, dann waren das meist "Schwarzprodukte". Die wurden aber nicht nur von Meisterwerkstätten gefertigt, sondern auch von deren Mitarbeitern und sogar von Mitarbeitern aus der Firma "B&S" (in der kleinen Keller-Werkstatt, die keiner kennen durfte)!
Also auch unter diesen Instrumenten gab es große Qualitätsunterschiede.
Mein Meister hat nie ohne Namen gebaut, deshalb weiß ich nicht, ob es geheime Zeichen von Kollegen gibt.

Notwendig zur Unterscheidung waren sie aber eigentlich nicht, denn jeder Meister hatte seine ganz perönliche Art die Instrumente zu bauen und vor allem seine persönliche Stützenform... Unter den Fachleuten ist eine Zuordnung also auch ohne geheime Zeichen möglich gewesen.
Anders bei der normalen Produktion in der "B&S" dort hatte jede Werkbank (mit jeweils 4 Mitarbeitern) seinen eigenen Buchstaben. Diese wurden in die Mundstückzwinge geschlagen.

Fakt ist aber, dass die vogtländischen Instrumente zu jeder Zeit sich durch hohe handwerkliche Qualität auszeichnen. Die Instrumente gehören auch heute noch zu den Hochwertigsten unserer Zunft. Aber viele haben es versäumt Ihre Produkte zu vermarkten und geben sich mit ihrem langjährigem Kundenkreis zufrieden.
Ein Geheimtip für herausragend individuelle Instrumente sind sie aber allemal...
LG, Wolfram
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orlando_furioso
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Re: DDR-Trompeten

Beitrag von orlando_furioso »

Ahhh - siehste - vielen Dank für die Aufklärung.

Kann man also im Umkehrschluß davon ausgehen, dass ein Instrument ohne Namen, aber mit einem Buchstaben in der Mundstückzwinge von B&S aus Markneukirchen stammt? Oder könnte das auch aus der damals real existierenden CSSR, aus Polen oder - wasweiss ich - Ungarn stammen (zumindest aus einem Ostblockstaat der lateinische Buchstaben verwendet...)
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Re: DDR-Trompeten

Beitrag von bazo »

Haben hier ne alte Drehventiltrompete von 'Weltklang'. Mein Papa hat die aus seiner Schulzeit... Ist das ein DDR-Instrument ?

lg
Fluck
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Re: DDR-Trompeten

Beitrag von Wolfram »

orlando_furioso hat geschrieben:... Kann man also im Umkehrschluß davon ausgehen, dass ein Instrument ohne Namen, aber mit einem Buchstaben in der Mundstückzwinge von B&S aus Markneukirchen stammt? Oder könnte das auch aus der damals real existierenden CSSR, aus Polen oder - wasweiss ich - Ungarn stammen (zumindest aus einem Ostblockstaat der lateinische Buchstaben verwendet...)
Also weitere Ostblockstaaten würde ich ausschließen. Lediglich die Tschechen waren damals halbwegs in der Lage ansprechende Instrumente zu bauen. Das Design und Material war aber doch auffallend anders.
Nein, eine ungravierte Konzerttrompete wird wohl mit größter Wahrscheinlichkeit aus dem Osten der deutschen Republik gekommen sein...
Zu den eingeschlagenen Buchstaben kann ich dir aber leider nichts konkretes sagen.

Es gibt aber einen Experten, der sich bei diesen Instrumenten bestens auskennt:
Mario Weller
Er beantwortet Fragen im Forum des Musikinstrumentenmuseums Markneukirchen.
Hier ist der Link zu diesem Forum: http://www.museum-markneukirchen.de/for ... m.php?f=13

Vielleicht kann er dir konkreter weiterhelfen...
LG, Wolfram
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Re: DDR-Trompeten

Beitrag von Wolfram »

Fluck hat geschrieben:Haben hier ne alte Drehventiltrompete von 'Weltklang'. Mein Papa hat die aus seiner Schulzeit... Ist das ein DDR-Instrument ?

lg
Fluck
Hallo Fluck!
Der Name "Weltklang" gehörte zu dem Hersteller "B&S". Unter diesem Namen wurden von 1952 - 1993 die einfacheren (Messing)-Instrumente gebaut.
Die besseren (zum Teil mit Goldmessing Anteil) Modelle hatten dann den Namen "B&S".

Die heutige Nachfolge-Firma ist "JA Musik GmbH" zu deren Gruppe unter anderem auch MELTON und "Scherzer" gehört.
http://www.ja-musik.com/seiten/index_de.php
LG, Wolfram
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Re: DDR-Trompeten

Beitrag von bazo »

Danke für die Info
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Re: DDR-Trompeten

Beitrag von moppes »

@Wolfram: Vielleicht weisst Du das ja zufaellig :)
Gab es bei den Weltklang Trompeten irgendwelche besonderen Mundstueckaufnahmen? Ich hab vor Jahren mal eine Metallic-Rote ersteigert, die eigentlich ganz gut geht, aber irgendwie einen anderen Mundstueckschaft (vermute Kornett?) besitzt.

:)
Peter
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Wolfram
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Re: DDR-Trompeten

Beitrag von Wolfram »

Hallo Peter!
Als "altgedienter Rockmusiker" nehme ich mal an, dass du den Unterschied von Kornett und Trompete kennst...
Ansonten hätte ich vermutet, das in der Verwechslung der Modelle die Ursache liegt.

Kannst du etwas zu dem Alter des Instrumentes sagen?
Es ist möglich, dass in den Anfangs-Jahren (50-60er) noch nach der Standard-Größe gesucht wurde und jeder Hersteller seine Vorstellung hatte.
Spätestens in den 70er-Jahren ist aber dann die normale Schaftgröße (bis heute) verwendet worden. Immerhin wollte (musste) man die Instrumente ja so bauen, dass sie auch im Ausland verkauft werden konnten!

Belegen kann ich dass aber nicht, denn das ist deutlich vor meiner aktiven Zeit gewesen...
Meine Antwort basiert deshalb mehr auf Vermutungen.
Vielleicht kannst du aber auch Fotos machen und/oder Seriennummern mitteilen?
LG, Wolfram
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well-blech
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Re: DDR-Trompeten

Beitrag von well-blech »

Weiter oben im Beitrag wurde nach der Firma B&S gefragt;
Wolfram hatte dann die entsprechenden Verweise geliefert.
Ich möchte heute eine aktuelle Pressemeldung dazu anfügen:

Malcom McNab und B&S:

Bild

well
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Re: DDR-Trompeten

Beitrag von Dobs »

Das ist eine sehr interessante Pressemeldung, aber das auf dem Foto soll Malcolm McNab sein? So stark kann der sich doch gar nicht verändert haben?

http://www.malcolmmcnab.com/
http://images.google.de/images?hl=de&cl ... a=N&tab=wi
"Musik und Bier sind Themen, die traditionell sehr eng miteinander verbunden sind." - Sch.-Hausbrandt (Herri Bier)
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well-blech
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Re: DDR-Trompeten

Beitrag von well-blech »

Danke Dobs für den Hinweis.
Da scheint ja einiges schief gelaufen zu sein - stimmt, das Foto passt eigentlich nicht so recht! Im Vornamen wurde auch noch ein "l" unterschlagen - und ich hab falsch abgeschrieben... :oops:
... eben bemerkt, als ich Malcolms Geburtstag (1943) im Keim-Trompeterbuch nachgeschlagen habe.
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buddy
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Re: DDR-Trompeten

Beitrag von buddy »

Hier ein Bild vom Cover seines 2006 veröffentlichten Solo Albums, das im Forum für etwas Diskussion sorgte:
http://www.trompetenforum.de/TF/viewtop ... =19&t=4896

http://cdbaby.com/cd/malcolmmcnab

Bild
Zuletzt geändert von buddy am Samstag 6. September 2008, 13:19, insgesamt 2-mal geändert.
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well-blech
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Re: DDR-Trompeten

Beitrag von well-blech »

Genau... das Presse-Foto ist dann ja schon etwas entstellend .... geht man so mit seinen Endorsern um?
Ich hab mal JA angemailt, bin gespannt, ob die reagieren (als gelegentlicher Challenger II 3137 ST - Spieler darf ich das ja wohl!!!!)
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Elvis
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Re: DDR-Trompeten

Beitrag von Elvis »

well-blech hat geschrieben:Genau... das Presse-Foto ist dann ja schon etwas entstellend .... geht man so mit seinen Endorsern um?
Ich hab mal JA angemailt, bin gespannt, ob die reagieren (als gelegentlicher Challenger II 3137 ST - Spieler darf ich das ja wohl!!!!)
well
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Dann frag doch auch gleich, welche Kontakte im Sommer 1935 geknüpft wurden.....?? Ich verstehe nicht, wie man so was in eine PR-Meldung schreiben kann, ohne Erklärung. Wo ist die Auflösung zu dieser Anmerkung? :roll:

Also, wenn sie bei JA-Musik jemanden für PR oder Marketing brauchen,... Gerne Kontakt per PN !! :mrgreen:
Quidquid agis prudenter agas et respice finem
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