Falsche Technik? Falscher Ansatz? ;(

Wie kann ich die Atmung verbessern ? Wie wichtig ist die Atmung für das Trompetespielen ?
Hier gibt es die Antworten auf solche Fragen.

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Bixel
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Re: Falsche Technik? Falscher Ansatz? ;(

Beitrag von Bixel »

Schlaui hat geschrieben: Nach meiner unmaßgeblichen Erfahrung kann man ein Gefühl für Stütze bzw. Atmung überhaupt erst bekommen, wenn Lippenstellung und Ansatzmaske schon einigermaßen optimiert sind. Von daher ist der Lehransatz, dich auf die Stütze zu konzentrieren, wahrscheinlich nicht zielführend.
Nach meiner - ebenfalls nicht maßgeblichen - Meinung stellt sich hier die Frage von Henne und Ei.

Bild

Ich möchte an dieser Stelle schlaui (und auch hannes) widersprechen:
Der Umstand, dass in diesem Forum exzessiv über Ansatz und Zunge "verhandelt" wird, verschiebt den Fokus der Betrachtung zu Unrecht in diese Richtung.
Ohne gesunde (Aus-)Atmung kann man sich ansatzmäßig "auf den Kopf stellen" - das wird Nix!
Die Atmung ist m.E. das Ei, aus dem sich die Henne "Ansatz" entwickelt.

Anders herum: Bei optimaler Atmung besteht eine gar nicht so geringe Wahrscheinlichkeit, dass sich auf natürliche Weise (quasi als "Gegenkraft") ein ebenso optimaler Ansatz entwickelt.

Wenn als Spätfolge einer vernachlässigten Atmung ein verkorkster Ansatz zu verändern ist, muss dennoch zunächst die Atmung "repariert" werden.
Weil andernfalls wieder Grütze dabei herauskommt - nur halt eine andere Grütze.

:(
.
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Re: Falsche Technik? Falscher Ansatz? ;(

Beitrag von FlüTro »

ich plädiere für erst Ansatz und dann Atmung/Stütze.

Da kannste atmen & stützen wiede willst,
wenn kein Ansatz da ist.
Andererseits kommt man ohne Stütze und besondere Beachtung
der Atmung schon recht weit.

Also m.E. Ansatz "wichtiger" und zuerst zu bedenken
klar kann man gleich beides pflegen

Peter
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Bixel
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Re: Falsche Technik? Falscher Ansatz? ;(

Beitrag von Bixel »

FlüTro hat geschrieben:ich plädiere für erst Ansatz und dann Atmung/Stütze.
Da kannste atmen & stützen wiede willst,
wenn kein Ansatz da ist.
Andererseits kommt man ohne Stütze und besondere Beachtung
der Atmung schon recht weit.
Also m.E. Ansatz "wichtiger" und zuerst zu bedenken
klar kann man gleich beides pflegen
Peter
Im Gegensatz zu deinen beiden Vorpostern hast du bislang unerwähnt gelassen, ob dein Standpunkt von dir selbst als maßgeblich oder aber eher als unmaßgeblich eingeschätzt wird.

Kommt da noch etwas? Oder soll ich dir helfen?

:narr:
.
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Re: Falsche Technik? Falscher Ansatz? ;(

Beitrag von Trompetist »

Wenn man die Atmung verbessern will, war zumindest für mich folgende Übung sehr nützlich (steht z.B. in BE, habe ich aber auch schon einige Male von anderen Trompetern gehört).

gemütliche Viertel denken (Tempo etwa 60-80)
4 Schläge lang einatmen, und zwar so, dass man nach 3 Schlägen bereits "voll" ist und auf dem vierten Schlag überdehnt
4 Schläge die Luft halten (nicht mit dem Hals oder Mund verschließen, sondern die Atemmuskulatur bleibt angespannt)
4 Schläge ausatmen (so, dass man nach 3 Schlägen "leer" ist und auf dem vierten Schlag den letzten Rest Luft herausdrückt)
4 Schläge halten, wieder ohne Verschluss von Mund oder Hals
und wieder von vorne


Es gibt Kontroversen, ob man nur in den Bauch einatmen soll oder nach der Bauchatmung auch den Brustraum füllt. Ich persönlich habe letzteres betrieben, ohne dass es mir geschadet hätte.

Ich habe diese Übung 2 Wochen lang etwa 2 mal 5 minuten am Tag gemacht und hatte danach nicht mehr das Gefühl, sie noch zu benötigen, da sich meine Atmung für mich ausreichend verbessert hatte.
Zum Einen gewinnt man ein größeres Lungenvolumen, zum Anderen fühlt man beim Ausatmen genau die Muskeln, die meiner Meinung nach zum Stützen verwendet werden sollten.

Wie bei allem gilt: nicht übertreiben! Weder, was die Dauer der Übung noch die Intensität angeht.
Wenn andere hier Bedenken haben, diese Übung ohne weiteres zu empfehlen, dann nur raus damit!
Ich denke, man kann damit eigentlich nichts falsch machen und profitiert zwangsläufig.

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Re: Falsche Technik? Falscher Ansatz? ;(

Beitrag von Hochwälder »

Eine junge Trompeterin (15) bat mich, nach ihrem Trompetenspiel zu schauen.
Sie bekommt seit 3 Jahren Unterricht von einem Trompeter einer privaten Musikschule.
Rein optisch sieht der Ansatz blendend aus, schmale Lippen, die leicht eingerollt sind, wenig Lippenrot zu sehen.

Ihr Ton ist verkümmert, ein forte so gut wie nicht realisierbar.
Haltung katastrophal
Töne abgehackt (tat tat)
Bindungen sehr beschwerlich
zuviel Anpressdruck
Tonumfang bis max f2 (wohlwollend)
Mundstück-Buzzing funktioniert fast nicht
Zwerchfellatmung – Fehlanzeige

Mein Gedanke ist, auf jeden Fall eine funktionierende Atmung als Grundlage zu schaffen.
Ich weiß nicht, was der Lehrer hier ranzüchten wollte, jedenfalls hat sie ihn jetzt nicht mehr.
Selbst wenn das Mädel wegen mangelndem Talent oder Übeeinsatz die Vorstellungen des Lehrers nicht verwirklichen konnte, hätte er mMn längst einschreiten müssen, aber wenn das Geld jeden Monat ohne meckern kommt, fällt das wahrscheinlich schwer. :argh:
Wer nie vom Weg abkommt, der bleibt auf der Strecke.
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Re: Falsche Technik? Falscher Ansatz? ;(

Beitrag von Sebbel »

@bixel
Was verstehst du unter falscher Atmung? Meinst du man kann mit falscher Atmung nicht genug Luftdruck aufbauen? Wenn ja, dann irrst du dich meines Erachtens. In dieser Dissertation (http://iwk.mdw.ac.at/Forschung/pdf_date ... r-Diss.pdf) sieht man das sehr deutlich. Auf Seite 40 steht dort, dass der maximale Atemdruck bei Nichttrompetern um die 15 kPa (=150mbar). Auf S. 90 kann man aber sehen, dass ein Trompeter bei einem c3 lediglich zwischen 80 und 120 mbar benötigt hat. Demnach ist eine ungeübte Atmung also nicht für eine schlechte höhe verantwortlich. Es muss also daran liegen, dass die Lippen dem benötigten Luftdruck nicht standhalten können. Und da hilft nur ein effizienterer Ansatz.

Allerdings denke ich auch, dass eine verkrampfte Atmung zu einem verkrampften und dadurch ineffizienten Ansatz führen, womit wir wieder beim Ei und der Henne wären. Ich finde aber dass der Ansatz das Ei ist aus dem die Henne schlüpft, weil durch einen schlechten Ansatz erst die schlechte Atmung entsteht, da man permanent mit "Bremse" ausatmet um die Lippen nicht zu überfordern.
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Bixel
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Re: Falsche Technik? Falscher Ansatz? ;(

Beitrag von Bixel »

Sebbel hat geschrieben:@bixel
Was verstehst du unter falscher Atmung? Meinst du man kann mit falscher Atmung nicht genug Luftdruck aufbauen? Wenn ja, dann irrst du dich meines Erachtens. In dieser Dissertation (http://iwk.mdw.ac.at/Forschung/pdf_date ... r-Diss.pdf) sieht man das sehr deutlich. Auf Seite 40 steht dort, dass der maximale Atemdruck bei Nichttrompetern um die 15 kPa (=150mbar). Auf S. 90 kann man aber sehen, dass ein Trompeter bei einem c3 lediglich zwischen 80 und 120 mbar benötigt hat. Demnach ist eine ungeübte Atmung also nicht für eine schlechte höhe verantwortlich. Es muss also daran liegen, dass die Lippen dem benötigten Luftdruck nicht standhalten können. Und da hilft nur ein effizienterer Ansatz.
Meines Erachtens geht es nicht darum, wieviel maximaler Luftdruck aufgebaut werden kann, sondern darum, wieviel Luftdruck tatsächlich beim Spielen gewohnheitsmäßig aufgebaut wird.
Und es geht darum, wie ungehindert die Luft an der Lippenöffnung ankommt.

Mit einer ordentlichen Verstopfung auf der Toilette sitzend "drücken" Alle gleich. :o
Sebbel hat geschrieben:Ich finde aber dass der Ansatz das Ei ist aus dem die Henne schlüpft, weil durch einen schlechten Ansatz erst die schlechte Atmung entsteht, da man permanent mit "Bremse" ausatmet um die Lippen nicht zu überfordern.
Ich sehe dies umgekehrt.
Die Frage nach Henne und Ei ist aber letztendlich auch ein wenig "für die Galerie", weil bekanntlich ohnehin das Eine nicht ohne das Andere funktioniert.

Bild
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Re: Falsche Technik? Falscher Ansatz? ;(

Beitrag von Sebbel »

Bixel hat geschrieben:Meines Erachtens geht es nicht darum, wieviel maximaler Luftdruck aufgebaut werden kann, sondern darum, wieviel Luftdruck tatsächlich beim Spielen gewohnheitsmäßig aufgebaut wird.
Kannst du denn erklären, weshalb der Luftdruck der beim Spielen ja ständig variiert nicht einfach an seine Maximalgrenze gebracht werden kann?
Bixel hat geschrieben:Und es geht darum, wie ungehindert die Luft an der Lippenöffnung ankommt.
Sebbel hat geschrieben:Ich finde aber dass der Ansatz das Ei ist aus dem die Henne schlüpft, weil durch einen schlechten Ansatz erst die schlechte Atmung entsteht, da man permanent mit "Bremse" ausatmet um die Lippen nicht zu überfordern.
Man will mehr Luftdruck geben als die Lippen standhalten können, wodurch in der Atemmuskulatur zuätzliche Muskeln angespannt werden, die den Aufbau des gewünschten Luftdrucks verhindern. Dadurch entsteht, denke ich, dieser "Toiletteneffekt".
Bixel hat geschrieben:Die Frage nach Henne und Ei ist aber letztendlich auch ein wenig "für die Galerie", weil bekanntlich ohnehin das Eine nicht ohne das Andere funktioniert.
Die Frage nach Henne und Ei ist auch m.E. "für die Galerie", da sie für mich eigentlich schon geklärt ist. Es war definitiv das Ei zuerst da, weil ein Tier, das dem Huhn schon ähnlich gewesen ist ein Hühnerei ausbrüten kann (sozusagen eine Missgeburt), ein sich dem Huhn ähnliches Tier sich aber nicht im Laufe seines Lebens zum Huhn entwickeln kann. :huepf:

Ich bin anscheinend auch nicht der Einzige mit dieser Meinung: http://www.spiegel.de/wissenschaft/natu ... 33,00.html
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Re: Falsche Technik? Falscher Ansatz? ;(

Beitrag von Bixel »

Sebbel hat geschrieben:
Bixel hat geschrieben:Meines Erachtens geht es nicht darum, wieviel maximaler Luftdruck aufgebaut werden kann, sondern darum, wieviel Luftdruck tatsächlich beim Spielen gewohnheitsmäßig aufgebaut wird.
Kannst du denn erklären, weshalb der Luftdruck der beim Spielen ja ständig variiert nicht einfach an seine Maximalgrenze gebracht werden kann?
Deine Frage verstehe ich nicht.
Sebbel hat geschrieben:Dadurch entsteht, denke ich, dieser "Toiletteneffekt".
Das Pressen auf der Toilette - oder auch im Kreißsaal - beruht auf der sehr kräftigen konzentrischen Kontraktion der Rumpfmuskulatur bei gleichzeitigem Verschluss der Stimmritze (Kehlkopf).
Dadurch wird der "Gegendruck" des analen Schließmuskels (bzw. des Geburtskanals) überwunden.

Beim Trompeten geschieht im Prinzip Dasselbe außer, dass die Stimmritze weit geöffnet bleibt und ersatzweise der anale Schließmuskel und (wo vorhanden) der Geburtskanal - insgesamt also die Beckenbodenmuskulatur - muskulär verschlossen werden ("Arrrsch zukneifen!").
Das Ausmaß der Kontraktion hängt vernünftiger Weise von den jeweiligen musikalischen Erfordernissen ab: Tonhöhe und Lautstärke.

Sebbel hat geschrieben:
Bixel hat geschrieben:Die Frage nach Henne und Ei ist aber letztendlich auch ein wenig "für die Galerie", weil bekanntlich ohnehin das Eine nicht ohne das Andere funktioniert.
Die Frage nach Henne und Ei ist auch m.E. "für die Galerie", da sie für mich eigentlich schon geklärt ist. Es war definitiv das Ei zuerst da, weil ein Tier, das dem Huhn schon ähnlich gewesen ist ein Hühnerei ausbrüten kann (sozusagen eine Missgeburt), ein sich dem Huhn ähnliches Tier sich aber nicht im Laufe seines Lebens zum Huhn entwickeln kann.
Ich bin anscheinend auch nicht der Einzige mit dieser Meinung: http://www.spiegel.de/wissenschaft/natu ... 33,00.html
Ich meinte mit "weil bekanntlich ohnehin das Eine nicht ohne das Andere funktioniert" ganz konkret Atmung und Ansatz .

Den Spiegel-Artikel sollte man wohl mit gesundem Humor kosumieren - er hätte sich m.E. im Feuilleton besser gemacht.

:wink:
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Re: Falsche Technik? Falscher Ansatz? ;(

Beitrag von Sebbel »

Bixel hat geschrieben:
Sebbel hat geschrieben:
Bixel hat geschrieben:Meines Erachtens geht es nicht darum, wieviel maximaler Luftdruck aufgebaut werden kann, sondern darum, wieviel Luftdruck tatsächlich beim Spielen gewohnheitsmäßig aufgebaut wird.
Kannst du denn erklären, weshalb der Luftdruck der beim Spielen ja ständig variiert nicht einfach an seine Maximalgrenze gebracht werden kann?
Deine Frage verstehe ich nicht.
Ich meine wir atmen ja normalerweise auch nur mit wenig Luftdruck aus, müssen uns aber trotzdem nicht wochenlang Atemübungen machen, um die Kerzen auf unserer Geburtstagstorte ausüusten zu können. Also wenn jemand beim Trompetespielen den nötigen Luftdruck aufbaut, obwohl er es eigentlich könnte, dann liegt das entweder daran, dass er zu verklemmt ist und sich nicht richtig traut mal mit Schmackes hineinzupusten oder halt daran, dass sein Ansatz es nicht zulässt. Meine Frage anders formuliert wäre: Warum kann jemand, der eigentlich bis zu 150mbar Atemdruck aufbauen kann, diese 150mbar nicht auch beim Trompetespielen abrufen?
Bixel hat geschrieben:
Sebbel hat geschrieben:Dadurch entsteht, denke ich, dieser "Toiletteneffekt".
Das Pressen auf der Toilette - oder auch im Kreißsaal - beruht auf der sehr kräftigen konzentrischen Kontraktion der Rumpfmuskulatur bei gleichzeitigem Verschluss der Stimmritze (Kehlkopf).
Dadurch wird der "Gegendruck" des analen Schließmuskels (bzw. des Geburtskanals) überwunden.

Beim Trompeten geschieht im Prinzip Dasselbe außer, dass die Stimmritze weit geöffnet bleibt und ersatzweise der anale Schließmuskel und (wo vorhanden) der Geburtskanal - insgesamt also die Beckenbodenmuskulatur - muskulär verschlossen werden ("Arrrsch zukneifen!").
Das Ausmaß der Kontraktion hängt vernünftiger Weise von den jeweiligen musikalischen Erfordernissen ab: Tonhöhe und Lautstärke.
Mit Toiletteneffekt meinte ich eigentlich auch nur die Verkrampfung der Atmung, die entsteht wenn man mehr Luftdruck aufbauen will, als die Lippen standhalten können. Der Begriff war schlecht gewählt, aber jetzt weißt du ja, was ich damit meinte.
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Re: Falsche Technik? Falscher Ansatz? ;(

Beitrag von Bixel »

Sebbel hat geschrieben: Warum kann jemand, der eigentlich bis zu 150mbar Atemdruck aufbauen kann, diese 150mbar nicht auch beim Trompetespielen abrufen?
Nach meiner Beobachtung bestehen die Atemdefizite meistens nicht darin, dass jemand den gewünschten Druck nicht erzeugen kann, sondern darin, dass jemand es beim Trompeten gewohnheitsmäßig nicht tut - weil es so nicht konditioniert wurde.

Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie teuflisch bequem und cool es ist, in lässiger Chet-Baker-Manier auf einem Stuhl oder sonstwo lümmelnd schöne, entspannte Trompetentöne von sich zu geben.
Das funktioniert im mittleren Lautstärkebereich und in mittlerer und tiefer Lage sogar ganz gut (obwohl eigentlich die Atmung dabei in der Regel bereits zu kurz kommt).
Leider prägt sich eine solche "verhaltene" Spielweise ein und lässt dann schwerlich eine Steigerung zu, wenn eine solche dann einmal angebracht wäre.

Diese Spielhaltung verkennt m.E. den athletischen Aspekt des Trompetens, dessen Berücksichtigung es braucht, um auch in höheren Lagen zurecht zu kommen.
Diese Athletik betrifft m.E. zu allererst die Atmung - und erst in zweiter Linie die mimische Muskulatur.

Athletik meint hier nicht, dass stets Muskeln anzuspannen wären, sondern dass eine (mental und körperlich) stabile, "versammelte", aber nicht verkrampfte Haltung eingenommen wird, die ein über weite Strecken mühearmes Arbeiten ermöglicht, in entscheidenden Momenten aber ohne große Umstellung (der Atmung) körperliche Höchstleistungen zulässt.

Ich meine, diese Spielhaltung lässt sich bei allen großen Trompetern gut beobachten.

P.S.: Meines Wissens liegen die vom Menschen erzielbaren Ausatem-Maximaldrücke deutlich höher als 150mbar. War nicht irgendwo von über 1 bar die Rede?

:Hä:
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Re: Falsche Technik? Falscher Ansatz? ;(

Beitrag von lurchi »

Bixel hat geschrieben: P.S.: Meines Wissens liegen die vom Menschen erzielbaren Ausatem-Maximaldrücke deutlich höher als 150mbar. War nicht irgendwo von über 1 bar die Rede?

:Hä:
.
Die Rede, ja, bei Adolph Scherbaum wurden 2bar kolportiert. Aber da hat sich wohl jemand um eine Zehnerpotenz vertan. Lies dir mal die Diss von Claus Huber durch (link s.o.). Auf Seite 77 ist eine schöne Grafik zu gemessenen Mundraumdrücken vs. Frequenz. Ich hab solche Versuche an mir selbst auch mal gemacht, 200 mbar sind ein Haufen Holz. Darüber haben wir hier übrigens schonmal ausführlicher diskutiert.
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Re: Falsche Technik? Falscher Ansatz? ;(

Beitrag von Bixel »

lurchi hat geschrieben:
Bixel hat geschrieben: P.S.: Meines Wissens liegen die vom Menschen erzielbaren Ausatem-Maximaldrücke deutlich höher als 150mbar. War nicht irgendwo von über 1 bar die Rede?
Die Rede, ja, bei Adolph Scherbaum wurden 2bar kolportiert. Aber da hat sich wohl jemand um eine Zehnerpotenz vertan. Lies dir mal die Diss von Claus Huber durch (link s.o.). Auf Seite 77 ist eine schöne Grafik zu gemessenen Mundraumdrücken vs. Frequenz. Ich hab solche Versuche an mir selbst auch mal gemacht, 200 mbar sind ein Haufen Holz. Darüber haben wir hier übrigens schonmal ausführlicher diskutiert.
Danke für den Hinweis - da war ich schief gewickelt!

:) :gut:

Möglicherweise rühren die Missverständnisse (und meine diebezügliche Halbbildung) aus folgender "Unschärfe" im Alltag:
wikipedia hat geschrieben:Absolut und Atmosphär-Relativ

Im Alltagsgebrauch wird der Druck oft mit Bezug auf den atmosphärischen Druck gemessen. D. h. wenn jemand sagt, seine Autoreifen hätten einen Druck von 2,3 bar, dann haben sie tatsächlich 2,3 bar über dem atmosphärischen Druck (von ca. 1 bar), d.h. etwa 3,3 bar absolut.
Quelle

:Tock:
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Re: Falsche Technik? Falscher Ansatz? ;(

Beitrag von haynrych »

(1) man kann natürlich sehr viel luftdruck sparen, wenn der ansatz die verdichtete luft sehr exakt auf die perfekte stelle steuert. bixel erklärt weiter oben, dass sich dieser umstand mit einer höheren wahrscheinlichkeit irgendendwann einstellen könnte, wenn ausreichend luftdruck durch die atmung bereitgestellt wird (als ausgangspunkt, von dem aus die blastechnik eben allmählich effizienter werden soll).

(2) eine grosse quelle für missverständnisse bei luftdruckangaben ist die tatsache, dass oft sogar überdruck und absoluter druck verglichen werden. wir alle (die sich zwischen 0 und 900m.ü.d.m. und gleichzeitig weder unter wasser noch unter tag befinden) atmen luft (~21% sauerstoff) mit ~1BAR druck. das ist sozusagen unser standardumgebungsdruck. wieso ich (wie lurchi) 2BAR eines trompeters auch nicht glauben kann, ist der umstand, dass meine erfahrung vom tauchen gezeigt hat, wer nicht spätestens bei 1,5BAR (entspricht 5m tauchtiefe) einen druckausgleich macht, schadet seiner gesundheit, oder genauer: riskiert einen trommelfellriss. bei 1,2BAR (= 2m tauchtiefe) spürt man ein ziehen in den ohren, bei 1,3BAR machen die allermeisten freiwillig einen druckausgleich (oder tauchen wieder auf). es gäbe dann zwar noch die möglichkeit seine trommelfelle perforieren zu lassen, ist aber keine standardlösung und eher bei fliegern beliebt (super showeffekt: man kann rauch durch die ohren blasen).

fazit: wer mit 2BAR trompete spielt befindet sich entweder auf 10m tauchtiefe (z.b.: unterwasserorchester) oder müsste zumindest während des spieles einen druckausgleich machen. dazu braucht er also entweder eine dritte hand oder eine nasenklemme: weder das eine noch das andere wurde m.w. bei scherbaum je gesehen, folglich dürfte es sich um 0,2BAR überdruck oder eben 1,2BAR absolut gehandelt haben (was zu zeigen war).

(3) wenn man als regel einführen wollte, dass nur hühner das legen von hühnereiern zustande bringen (EU-konform also ein beliebiges ei nur dann als hühnerei bezeichnet werden darf, wenn es von einem huhn gelegt wurde), so wäre das tier, welches (wie immer es ausgesehen hat) das erste hühnerei gelegt haben soll, sozusagen per definition zwangsweise ein huhn, weil sonst niemals ein hühnerei gelegt hätte werden können!
KEEP CALM AND DON'T FEED THE TROLL
[diogenes]
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Re: Falsche Technik? Falscher Ansatz? ;(

Beitrag von Bixel »

haynrych hat geschrieben: (2) eine grosse quelle für missverständnisse bei luftdruckangaben ist die tatsache, dass oft sogar überdruck und absoluter druck verglichen werden. wir alle (die sich zwischen 0 und 900m.ü.d.m. und gleichzeitig weder unter wasser noch unter tag befinden) atmen luft (~21% sauerstoff) mit ~1BAR druck. das ist sozusagen unser standardumgebungsdruck. wieso ich (wie lurchi) 2BAR eines trompeters auch nicht glauben kann, ist der umstand, dass meine erfahrung vom tauchen gezeigt hat, wer nicht spätestens bei 1,5BAR (entspricht 5m tauchtiefe) einen druckausgleich macht, schadet seiner gesundheit, oder genauer: riskiert einen trommelfellriss. bei 1,2BAR (= 2m tauchtiefe) spürt man ein ziehen in den ohren, bei 1,3BAR machen die allermeisten freiwillig einen druckausgleich (oder tauchen wieder auf). es gäbe dann zwar noch die möglichkeit seine trommelfelle perforieren zu lassen, ist aber keine standardlösung und eher bei fliegern beliebt (super showeffekt: man kann rauch durch die ohren blasen).

fazit: wer mit 2BAR trompete spielt befindet sich entweder auf 10m tauchtiefe (z.b.: unterwasserorchester) oder müsste zumindest während des spieles einen druckausgleich machen. dazu braucht er also entweder eine dritte hand oder eine nasenklemme: weder das eine noch das andere wurde m.w. bei scherbaum je gesehen, folglich dürfte es sich um 0,2BAR überdruck oder eben 1,2BAR absolut gehandelt haben (was zu zeigen war).
Wiewohl Showeffekten durchaus zugeneigt, gebe ich an dieser Stelle zu bedenken, dass die Perforation der Trommelfelle eines Trompeters über wohlfeile Showeffekte hinaus von keinem rechten Nutzen wäre.

Dies liegt daran, dass die Trommelfelle und die Mittelohren des Trompeters den beim Trompeten erzeugten Luftdrücken garnicht ausgesetzt sind, da die Verbindungsgänge zwischen Rachenraum und Mittelohr (Eustachische Röhre) oberhalb des weichen Gaumens abzweigen, welcher beim Trompeten (und bei etlichen anderen Tätigkeiten) den hinteren Nasenraum und den Rachenraum hermetisch voneinander trennt.

Dies war schon einmal im Zusammenhang mit einem undichten Gaumensegel diskutiert worden.

:lehrer:
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