Standards in allen 12 Tonarten

Hier geht es um Improvisieren , Stilistik , halt alles was mit Jazz bzw. Moderner Musik zu tun hat

Moderator: Die Moderatoren

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Tobias
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Standards in allen 12 Tonarten

Beitrag von Tobias »

Hallo liebe Jazzer,

ich habe schon des öfteren auf Workshops von Dozenten den Ratschlag bekommen, mal den einen oder anderen Standard wirklich in allen 12 Tonarten zu lernen. Nicht nur den head, das ginge ja noch, sondern auch die changes.
Mir ist klar, dass das schon eine Menge bringen kann, nur kostet das unglaublich viel Zeit, die man als Berufstätiger natürlich nicht hat. Da will man seine zur Verfügung stehende Übungszeit natürlich möglichst effektiv nutzen, um weiterzukommen.
Hat das wirklich mal jemand durchgezogen und hat es ihn auch entsprechend dem Aufwand weitergebracht?
Erfahrungsberichte wären sehr willkommen!

Keep swingin'

Tobias
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Puukka
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Beitrag von Puukka »

Hallo Tobias
Ich übe sehr gerne mit den Aebersold Play-a-longs "Blues in All Keys" und "Tune Up," bei der sich gängige Standards jeden Chorus um einen Halbton erhöhen.
Mit Beiden arbeite ich sehr gerne und hoffe, dass es einmal keine Tonart mehr geben wird, bei der ich mich einbremse.
Ich habe längere Zeit bei diesen CDs die leichten Tonarten übersprungen, jedoch Nachteil davon, C Dur ist meine ungeliebteste Tonart geworden, bei der mir nichts Gescheites einfällt.
Vorteil: Letztens musste sich Jemand für ein Solo in F# Dur opfern und ich hab die Herausforderung gerne angenommen.
LG Herbert
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Tobias
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Beitrag von Tobias »

Hallo Puukka,

die beiden Aebersolds kenne ich auch und habe schon mit ihnen gearbeitet. Ich übe auch in allen Tonarten zu spielen, beispielsweise übe ich Licks oder Patterns durch alle Tonarten und auch einige Bebopheads habe ich, soweit mein Range das zulässt, in allen Tonarten geübt.
Das bringt schon viel und ich bin auch in allen Tonarten zu Hause.
Aber hast du jemals einen Standard in allen 12 Tonarten geübt, ohne playalong? Ich weiss, dass manche Jazzdozenten das von ihren Schülern verlangen, aber als Amateur?

Mich würde halt interessieren, ob bei jemandem, der das durchgezogen hat, ein entscheidender Fortschritt im Improvisieren eingesetzt hat.

Ich finde es übrigens komisch, dass hier im Forum in der Jazzabteilung lange nicht soviel los ist, wie in anderen Abteilungen. Dabei finde ich es gerade hier sehr interessant, von Erfahrungen von Kollegen zu profitieren.

Keep swingin'

Tobias
kindofblue
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Beitrag von kindofblue »

Ich mach das ab und ann nen Standard in ne andere Tonart zu transponieren. Die interessanteste Beobachtung die ich dabei gemacht hab ist, daß ich in anderen Tonqarten auch andere Licksin den Finger liegen und halt beim improvisieren auch andere EInfälle kommen. Irgendwann fängss du dann an die verwendeten Licks auch zu spielen werden du in der ursprünglichen Tonart improvisierst und erweiterst damit nach und nach dein Vokabular.
Außerdem ist es für das Verständniss von Jazzstandards sinnvoll zum Beispiel mal ein paar in die gleiche Tonart zu setzen. Dabei stellt man nämlich meistens fest daß die alle gar nicht sooo unterschiedlich sind...
Desweiteren ist das transponieren eines Stücks in alle Tonarten auch behilflich dabei sich von Noten und Akkordbezeichnungen zu trennen und sich mehr auf den Sound der Intervalle nd Akkorde zu konzentrieren und somit ein intuitieveres Improvisieren zu ermöglichen.
Letztenendes gibts zu dem Thema noch eines meiner lieblings Charlie Parker Zitate:"Erst lernte ich in allen 12 Tonarten den Blues zu spielen. Anschließend lernte ich Cherokee in allen 12 Tonarten. Dann war ich fertig." Scheint also tatsächlich was zu bringern... ;)
Ob für dich das Verhältniuss zwischen Aufwand und Ertrag stimmt kann dir aber hier keiner sagen, glaub ich.
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kaffman_wind
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Band-in-a-Box

Beitrag von kaffman_wind »

Ich habe vor einer Weile ein Programm von pgmusic gekauft - Band in a Box. Bei dem Programm kann man schnell die Akkorde von den Lead-Sheets eintippen, wählt dann einen Stil aus, z.B. Smooth Jazz, kann anschliessend in jede beliebige Tonart transponieren lassen. Ich benutze es zugegebenermaßen nicht mit Trompete sondern Gitarre weil ich mit der Trp. noch nicht so weit bin.
Ich finde das eine sehr gute Übung wenn man Begleitung für Sänger machen muß und sich schnell auf eine neue Tonart einstellen muss, weil der Sänger das so braucht. Für den Fall bringt es echt was. Natürlich kann man das gleiche für Improvisation nutzen.


Gruß

Ralf
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Tobias
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Beitrag von Tobias »

Hallo kaffmann_wind,

Band in the Box habe ich auch. Klingt zwar nicht so gut wie ein gutes playalong, das von Chefs eingespielt wurde, aber man kann dafür beliebige changes auschecken.

Band in the Box und playalongs sind meiner Meinung nach zum Kennenlernen von neuen Stücken sinnvoll.

Allerdings verleiten sie dazu, mit dem playalong im Hintergrund irgendwas "zu dudeln", ohne das Stück aber wirklich zu beherrschen.
Meiner Ansicht nach beherrscht man ein Stück erst, wenn man "trocken", d.h. ohne Begleitung über ein Stück improvisieren kann und ein Aussenstehender die Chords quasi hört und die changes der Nummer erkennen kann.

Danke für die Antwort.

Keep swingin'

Tobias
kindofblue
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Beitrag von kindofblue »

Naja...ob ein außenstehender die Changes an dem was du spielst erkennen können sollte weiss ich nicht, denn wenn die wichtigen Töne in deinen Soli z.B. Nonen oder die #11 sind kann das zwar mit der Begleitung ziemlich cool klingen, wenn du sowas aber trocken ohne Begleitung spielst dürfte es schwer fallen die Akkorde rauszuhören an die du während dem spielen grad denkst weil du halt keinen Einzigen Akkordton spielst...
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Tobias
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Beitrag von Tobias »

Ob das bei mir immer der Fall ist, wage ich zu bezweifeln, höchstens bei Nummern, die ich wirklich drauf habe.

Kennst du die Mitschnitte von Brownie, wo er Cherokee übt? Ganz alleine, aber du hörst, varausgesetzt, du kennst die Nummer, sofort, dass es Cherokee ist.

Neulich habe ich Arturo in Mainz gehört. In dem Konzert hat er eine Nummer unbegleitet angefangen, nach 2 oder 3 Formen ist dann der Drummer eingestiegen, erst viel später die Rhythmusgruppe. Trotzdem hat man schon nach einigen Takten gehört, dass es Cherokee ist.

Was man natürlich einschränkend sagen muss: Das gilt nicht für jede Stilistik. Aber bei Bebop/Hardbop ist das meiner Meinung nach so. Hör dir die Chefs, die diese Sprache spielen, an. Da hört man die Changes nur aus den Linien.

Bei moderneren Konzeptionen mit beispielsweise viel Inside/Outside ist das natürlich nicht mehr der Fall.

Tobias
kindofblue
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Beitrag von kindofblue »

@ Tobias: http://img364.imageshack.us/my.php?image=13ak.jpg

Das ist ein Ausschnitt aus einer Solotranskribtion von Charlie Parker. Vielleicht kennst du ja die passende Aufnahme dazu.
Worauf ich hinaus will: Traust du dir wirklich zu eindeutig zu sagen welche Chords wo hin gehören? Meiner Meinung nach gibts da zuweilen durchaus mehrere Möglichkeiten....
Steffen
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Beitrag von Steffen »

Guten Abend alllerseits!

Endlich mal wieder was über Jazz und Improvisation, das ist hier wirklich unterrrepräsentiert, obwohl es mit das interessanteste Thema überhaupt ist. Alles in allen 12 Tonarten, das sind schon verdammt hohe Ansprüche. Bin ja froh, wenn das Repertoire in den gängigen Tonarten keine Probleme macht. Erstrebenswert ist das aber schon, je flexibler je besser. Beim Üben sollte man sowieso alle zwölf Tonarten gleichberechtigt behandeln. Aus der Praxis kann ich sagen: "Der nächste Gig ist immer der schwerste" (frei nach Sepp Herberger), und auf den sollte man sich vorbereiten. Für mich ganz wichtig beim Thema Improvisation: "Play the Song!!!" Es sollte immer nachvollziehbar sein, um welches Stück und welche Changes es sich handelt. Dabei darf auch ab und zu das Thema anklingen. Jazzmusiker suchen sich in der Praxis dann doch wieder die Tonarten raus, die am besten passen, spielbar sind und auch klingen. Sehr zum Leidwesen der Gitarristen, die immer gerne E, A, H oder G-Dur spielen (wegen der Leersaiten). Mit Sänger oder Sängerin ist Flexibilität Pflicht, kaum jemand kann alles in allen Tonarten singen. Im Idealfall sind dann aber auch entsprechende Sheets verfügbar.

Gruß, Steffen.
supertobi
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Beitrag von supertobi »

Tobias hat geschrieben:Bei moderneren Konzeptionen mit beispielsweise viel Inside/Outside ist das natürlich nicht mehr der Fall.
Ich spiele ja grundsätzlich nur Outside :D
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Tobias
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Beitrag von Tobias »

Endlich mal wieder was über Jazz und Improvisation, das ist hier wirklich unterrrepräsentiert, obwohl es mit das interessanteste Thema überhaupt ist.
da bin ich ganz deiner Meinung! Jazz vor, noch ein Tor!
Für mich ganz wichtig beim Thema Improvisation: "Play the Song!!!" Es sollte immer nachvollziehbar sein, um welches Stück und welche Changes es sich handelt.
auch da liegen wir auf einer Linie, siehe meinen post oben
Sehr zum Leidwesen der Gitarristen, die immer gerne E, A, H oder G-Dur spielen (wegen der Leersaiten)
Ich habe am Wochenende in einer TOP Coverband ausgeholfen. Hat viel Spass gemacht, geile Band, sehr tight. Aber fast alle Nummern in klingend E. Zum Glück gibt es als Jazzer keine Tonarten, mit denen man auf Kriegsfuss steht, sonst wäre es heftig geworden.

Tobias
supertobi
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Beitrag von supertobi »

Ich hab gerade tatsächlich angefangen, Autumn Leaves in allen Tonarten zu lernen, und irgendwie bin ich dabei ins Dudeln verfallen. Plötzlich habe ich eine Phrase gespielt, die mir sehr gut gefiel, also habe ich sie schnell mal aufgeschrieben:

Bild
(Taucht die irgendwo mal auf, oder habe ich mir das jetzt wirklich ausgedacht?)

Jetzt komme ich indirekt mal auf das Outside-Spielen zurück: über welchen Akkord lässt sich dieses Pattern spielen?? Folgende scheinen mir ganz passabel dazu zu klingen (mit Band-in-a-Box ausprobiert): F#m7, A7, Am7, Csus4. Ist die Phrase wirklich so vielseitig einsetzbar, oder haben sich meine Ohren nur schon so stark an das Outside-Spielen gewöhnt, das ich nicht merke, daß es schief klingt?? ;)
JanCarlo88
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Hallo

Beitrag von JanCarlo88 »

Hallo Leute,
ich wollte dazu auch mal meine Meinung abgeben..
ich habe im Herbst ernsthaft mit Jazz-Impro angefangen.. voher keinen Schimmer davon gehabt, nur Bigbandmusik gemacht.
Ich übe im moment ein Pattern für die Bebobscale.. die Dur- und Moll-leitern. Hab mich auch mit den 4 Parentscales auseinander gesetzt.
Seit neustem hab ich ein Realbook, leider nur kein Band in a Box oder genug Aebersolds... ok, ich spiele in einer Combo.. doch im Moment sind Ferien ;)
Also, zum Thema: nein, sowas hab ich noch nicht probiert.. klingt zwar interessant aber zeitaufwendig. aber es wüde genau in die Richtung gehen, bei der ich Probleme hab.. in den Skalen vertraut zu werden.. und nicht nur takt für takt das material spielen sondern in größeren Zusammenhängen denken.
Falls ihr für dieses angesprochene Problem eine Lösung habt, bitte sagt sie :D
Bis demnächst,
Carlo
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Tobias
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Beitrag von Tobias »

@JanCarlo88
Hab mich auch mit den 4 Parentscales auseinander gesetzt
Was sind die Parentscales? Ich beschaeftige mich schon seit laengerer Zeit mit der Jazz-Harmonielehre und habe auch ziemlich viel Literatur zu diesem Thema. Aber dieser Begriff ist mir noch nie untergekommen.
.. in den Skalen vertraut zu werden..
Mein Tipp dazu: Die Skalen nicht nur mechanisch ueben, so dass die Griffe sitzen, sondern auch die Klaenge hoeren lernen. Das ist ganz wichtig! Du musst eine Vorstellung davon haben, wie z.B. eine dorische Skala klingt.
und nicht nur takt für takt das material spielen sondern in größeren Zusammenhängen denken.
Da hilft dir die Funktionsharmonik weiter. Viele Stuecke lassen sich so einteilen, dass jeweils ein tonales Zentrum vorherrscht.

Wenn du noch konkretere Fragen hast, frage! Das hilft, die etwas vor sich hin vegetierende Jazzabteilung des Forums auf Trab zu bringen :D

Tobias
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